Sonne übt starken Einfluss auf die Nordatlantische Oszillation (NAO) aus: Neue Studie im Journal of Geophysical Research

Die Nordatlantische Oszillation (NAO) ist ein bedeutender Ozeanzyklus der den Luftdruck-Unterschied zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch darstellt und das Klimageschehen im Nordatlantik und Mitteleuropa signifikant prägt. Neben kurzfristigen Schwankungen im Bereich von 2 bis 5 Jahren besitzt die NAO noch überlagerte Oszillationen im Rhythmus von 12 bis 15 Jahren (Dekaden-Oszillation) und etwa 70 Jahren. Die NAO stieg zwischen 1970 und 1990 stark an und hat wohl – neben anderen Faktoren – einen gewissen Beitrag zur Klimaerwärmung des späten 20. Jahrhunderts geliefert. 

Seit 1990 befindet sich die NAO im Abschwung und könnte mit ein Grund für die stagnierenden globalen Temperaturen seit 2000 sein. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif und sein Team prognostizierten 2008 aufgrund des Abfallens eines NAO-verwandten Zyklus, dass die globalen Temperaturen bis 2015 nicht weiter ansteigen würden. Etliche Studien konnten zeigen, dass die NAO von der Sonnenaktivität in komplexer Weise beeinflusst wird (Zitate siehe S. 311-312 in „Die kalte Sonne“). Kürzlich berichteten wir über eine neue Arbeit aus Finnland, in der für die vergangenen 260 Jahre eine Korrelation der NAO mit der Sonnenaktivität dokumentiert werden konnte („Neue finnische Studie belegt Kopplung zwischen Sonne und NAO sowie NAO und Temperatur“). 

Im April 2012 erschien nun im Journal of Geophysical Research eine Studie einer US-amerikanischen Forschergruppe um Harry van Loon von NorthWest Research Associates in Boulder, Colorado. Die Wissenschaftler analysierten die Entwicklung der NAO sowie der Sonnenaktivität für die vergangenen 130 Jahre. 

Die Sonnenaktivität dieses Zeitraums ist durch den Gleissberg-Zyklus charakterisiert, der im Mittel eine Dauer von 87 Jahre besitzt, mit einer typischen Schwankungsbreite von 60-120 Jahren. Die letzten Gleissberg Maxima liegen um 1850-1870 und 1940-2000, das letzte Minimum liegt um 1880-1930 (Abbildung 1). Van Loon und seine Kollegen fanden nun etwas recht Überraschendes: Zu Zeiten der Gleissberg-Maxima verliefen die Kurven von Sonnenaktivität und NAO weitgehend parallel. Während der Gleissberg-Minima hingegen kehrte sich das Verhältnis um und die Sonnenaktivität und NAO verliefen entgegengesetzt. 

Die beschriebenen Zusammenhänge konnten mithilfe statistischer Methoden als signifikant bestätigt werden. Offensichtlich spielte die Sonnenaktivität im nordatlantischen Raum in den letzten zwei Jahrhunderten eine wichtige Rolle für das Klimageschehen. 

Einen physikalischen Mechanismus für das Phänomen konnten die Autoren zwar noch nicht benennen, stellen jedoch fest, dass der Temperaturgradient zwischen Äquator und Pol während der Gleissberg-Minima stärker war als während der Gleissberg-Maxima. Die Wissenschaftler aus Boulder schließen nicht aus, dass sich während der schwachen Sonnenaktivität der Gleissberg-Minima das NAO-Signal des Ozeanzyklus deutlich zeigt, wohingegen während der starken Sonnenaktivität der Gleissberg-Maxima die Sonne das NAO-Signal kontrolliert und quasi überstrahlt. 

Van Loon und Kollegen weisen darauf hin, dass das beobachtete Muster von Sonne und NAO sowohl im älteren als auch im jüngeren, kürzlichen Gleissberg-Maximum angetroffen wurde. Während im ersten Gleissberg-Maximum anthropogenes CO2 noch kaum eine Rolle gespielt hat, hatte die CO2-Konzentration im kürzlichen Gleissberg-Maximum bereits deutlich zugenommen. Trotzdem konnte sich das Sonnensignal offensichtlich durchpausen. Die Autoren warnen daher davor, die Klimawirkung der Sonne in den letzten Jahrzehnten zu unterschätzen, wie es in den letzten Klimaberichten des IPCC geschehen ist. Während der letzten 150 Jahre sind nicht nur CO2 und Temperatur angestiegen, sondern auch die Aktivität der Sonne, so dass beide der zuletzt genannten Faktoren einen signifikanten Einfluss auf das Klima ausgeübt haben können. 

 

Abbildung 1: Vergleich der Sonnenflecken (rote Kurve) mit der Nordatlantischen Oszillation, NAO (blaue Kurve). Die Sonnenaktivität ist durch den Gleissberg-Zyklus charakterisiert, mit Maxima 1850-1870 und 1940-2000 bzw. einem Minimum 1880-1930. Während der Gleissberg-Maxima verlaufen Trends von Sonne und NAO parallel, während der Gleissberg-Minima verlaufen sie entgegengesetzt. Sonnenflecken sind als gleitendes 11-Jahresmittel dargestellt um den 11-Jahres-Schwabe-Sonnenzyklus herauszufiltern. Abbildung aus Van Loon et al. (2012).