Niederschläge und Wasserführung des Blauen Nils in Äthiopien und Sudan eng an pazifischen Ozeanzyklus gekoppelt: Hydrologische Extreme in den letzten 60 Jahren ohne Langzeittrend

Im März 2012 erschien im Fachmagazin Water Resources Research eine Studie zur Entwicklung extremer Hoch- und Niedrigwässer im Einzugsbereich des Blauen Nils. Der Blaue Nil ist neben dem Weißen Nil einer der beiden Hauptstränge im Flusssystem des Nils. Er verläuft durch Äthiopien und den Sudan. Meron Taye und Pattrick Willems von der Katholieke Universiteit Leuven … weiter lesen

Wer hat Schuld an den Saheldürren?

Im Juni 2012 informierte die Hilfsorganisation ‚Diakonie Katastrophenhilfe‘ im Presseportal.de über eine humanitäre Katastrophe im Sahel:

WESTSAHEL: FLUCHT, DÜRRE UND INSEKTENPLAGE
KAMPAGNE 2012 BEGINNT AM WELTFLÜCHTLINGSTAG: LAGE SPITZT SICH ZU

Aus Anlass des Weltflüchtlingstags erinnert die Diakonie Katastrophenhilfe daran, dass im Sahel wegen Gewalt und schwerer Dürre hunderttausende Menschen auf der Flucht sind. Allein in Mali sind über 320.000 Menschen vor Kämpfen zwischen Armee, Tuareg-Rebellen und islamistischen Gruppen geflohen, 170.000 davon in Nachbarländer. Der Weltflüchtlingstag ist auch Auftakt der zweimonatigen Kampagne 2012 des evangelischen Hilfswerks zu Flucht und Vertreibung. Motto ist: „Die größte Katastrophe ist das Vergessen“. Im Blick auf die Rio+20-Konferenz betont Martin Kessler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, dass Flucht im Sahel auch in Verbindung mit dem Klimawandel zu sehen ist. Aufgrund einer verheerenden Dürre im westlichen Sahel sind zurzeit rund 18 Millionen Menschen vom Hunger bedroht, 1,1 Millionen Kinder sind bereits schwer unterernährt. Im Niger sind schon erste Hunger-Flüchtlinge beobachtet worden. Die Lage spitzt sich zu. Die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt mit dem Hilfswerk der evangelischen Kirchen in Burkina Faso und im Verbund des weltweiten kirchlichen Hilfsnetzwerks ACT Alliance Flüchtlinge aus Mali sowie die lokale Bevölkerung im Norden des Landes. „Im Westsahel herrscht eine Hungerkrise, deshalb müssen wir jetzt helfen, um Schlimmeres zu verhindern“, so Simon Herten, Büroleiter der Diakonie Katastrophenhilfe im Tschad.

In der Tat eine prekäre Lage für die Bevölkerung. Eine der Hauptursachen des Chaos wird im Beitrag genannt: Bewaffnete Konflikte machen den Menschen das Leben in der Sahelregion zur Qual. Europa hat jahrhundertelang unter dem Kriegsproblem gelitten, nun ist seit 70 Jahren endlich Stabilität eingekehrt. Wie könnten wir den Sahelstaaten helfen, zum Frieden zurückzukehren? Schwierig. Es handelt sich um souveräne Staaten. Es geht um Macht, Rivalitäten, Stammesstolz und natürlich viel Geld. Da will man sich nicht gerne hineinreden lassen.

Anhänger der Klimakatastrophentheorie hatten zwischenzeitlich versucht, die afrikanischen Kriege im Sahel und Ostafrika als Folge des Klimawandels zu verkaufen. So legte im Januar 2014 Stefan Mutz eine Bachelorarbeit mit dem Titel „Krieg und Frieden im Angesicht des Klimawandels: Eine Analyse der vom anthropogenen Klimawandel ausgehenden Konfliktrisiken“ vor. Erfahrene Forscherteams hatten die Frage jedoch bereits eingehend untersucht und erteilen dem Konzept eine Absage. Eine norwegische Forschergruppe um Tor Benjaminsen vom Life Sciences & Peace Research Institute Oslo hatte im Januar 2012 Journal of Peace Research die Studie „Does climate change drive land-use conflicts in the Sahel?” veröffentlicht. Die Wissenschaftler fanden, dass das Klima keine große Rolle in der Entwicklung der Sahel-Konflikte spielt. Vielmehr sind die Hauptgründe im Streit zwischen Landwirten und Viehhaltern, fehlender politischer Führung sowie Selbstbereicherung zu suchen. Im Folgenden ein Auszug aus der Kurzfassung:

A comparison of the conflict data with statistics on contemporaneous climatic conditions gives little substance to claims that climate variability is an important driver of these conflicts. Second, we carried out a qualitative analysis of one of the many land-use conflicts in the region. Again, we find that factors other than those directly related to environmental conditions and resource scarcity dominate as plausible explanations of the violent conflict. We argue that three structural factors are the main drivers behind these conflicts: agricultural encroachment that obstructed the mobility of herders and livestock, opportunistic behavior of rural actors as a consequence of an increasing political vacuum, and corruption and rent seeking among government officials.

Eine frühere Untersuchung hatte bereits das Konzept von Klimakriegen in Ostafrika verworfen (siehe unseren Blogartikel „Aktuelle Studie der University of Colorado bringt Klarheit: Keine Klimakriege in Ostafrika“). Neben den kriegerischen Querelen kam 2011/2012 jedoch in der Tat noch eine schlimme Dürre dazu, was die Situation besonders kompliziert machte. Der Deutsche Wetterdienst schrieb hierzu im Oktober 2012:

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Neue Studie der Universität Potsdam und des Senckenberginstituts: Sonne verursachte in Kenia während der letzten 15.000 Jahre starke Schwankungen in den Niederschlägen

Trinkwasser ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen, insbesondere in Ländern der wärmeren Klimazonen. Wenn hier einmal für ein paar Jahre die Niederschläge unterdurchschnittlich ausfallen, macht sich dies gleich in der Wasserversorgung negativ bemerkbar. Der Schuldige ist dann oft schnell gefunden: Es muss wohl der Mensch mit seinem exzessiven CO2-Ausstoß gewesen sein, der den Regen verscheucht hat. Oft übersehen wird bei dieser simplistischen Argumentation, dass die Niederschläge einer großen natürlichen Variabilität unterliegen. Dies kann mit paläoklimatologischen Methoden zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Interpretation aktueller Schwankungen hat daher zwingend im längerfristigen historisch-geologischen Kontext zu erfolgen. Dies ist mühsam, vermeidet aber schwere Pannen wie sie dem Deutschlandfunk kürzlich unterlaufen sind (siehe unseren Blogbeitrag „Deutschlandfunk mit Recherchedefizit: Zweitgrößter See Malawis trocknete schon immer zyklisch aus„).

In der Februar 2014-Ausgabe der Fachzeitschrift Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology erscheint jetzt eine weitere Arbeit zu den natürlichen Schwankungen der Niederschläge im ostafrikanischen Riftvalley. Eine Forschergruppe bestehend aus Annett Junginger, Lydia Olaka und Martin Trauth von der Universität Potsdam sowie Sybille Roller vom  Senckenberg Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Frankfurt erforschte die Entwicklung des Wasserspiegels eines ehemaligen Sees im kenianischen Suguta-Tal, der 5000 Jahre vor heute austrocknete. Anhand von Sedimentuntersuchungen, Hinweisen auf die ehemalige Küstenlinie sowie Modellierungen rekonstruierten Junginger und Kollegen die schwankende Wasserfüllung des Sees für den Zeitraum von 15.000 Jahren vor heute bis zum endgültigen Austrocknen.

Die Wissenschaftler fanden abrupte Änderungen im Wasserspiegel um bis zu 90 Meter innerhalb von nur 100 Jahren, die offenbar durch Schwankungen der Sonnenaktivität verursacht worden sind. Sie solaren Änderungen haben möglicherweise zu einer Verschiebung der atmosphärischen Systeme und/oder der allgemeinen Luftfeuchtigkeit geführt.

Im Folgenden die Kurzfassung der Arbeit:

The water-level record from the 300 m deep paleo-lake Suguta (Northern Kenya Rift) during the African Humid Period (AHP, 15–5 ka BP) helps to explain decadal to centennial intensity variations in the West African Monsoon (WAM) and the Indian Summer Monsoon (ISM). This water-level record was derived from three different sources: (1) grain size variations in radiocarbon dated and reservoir corrected lacustrine sediments, (2) the altitudes and ages of paleo-shorelines within the basin, and (3) the results of hydro-balance modeling, providing important insights into the character of water level variations (abrupt or gradual) in the amplifier paleo-Lake Suguta. The results of these comprehensive analyses suggest that the AHP highstand in the Suguta Valley was the direct consequence of a northeastwards shift in the Congo Air Boundary (CAB), which was in turn caused by an enhanced atmospheric pressure gradient between East Africa and India during a northern hemisphere insolation maximum. Rapidly decreasing water levels of up to 90 m over less than a hundred years are best explained by changes in solar irradiation either reducing the East African–Indian atmospheric pressure gradient and preventing the CAB from reaching the study area, or reducing the overall humidity in the atmosphere, or a combination of both these effects. In contrast, although not well documented in our record we hypothesize a gradual end of the AHP despite an abrupt change in the source of precipitation when a decreasing pressure gradient between Asia and Africa prevented the CAB from reaching the Suguta Valley. The abruptness was probably buffered by a contemporaneous change in precession producing an insolation maximum at the equator during October. Whether or not this is the case, the water-level record from the Suguta Valley demonstrates the importance of both orbitally-controlled insolation variations and short-term changes in solar irradiation as factors affecting the significant water level variations in East African rift lakes.

Leider hat weder die Universität Potsdam, noch das Senckenberg Forschungsinstitut eine Pressemitteilung zu diesen bemerkenswerten Ergebnissen herausgegeben. Dabei sollte sich die deutsche Presse sehr für die Studie interessieren. Noch 2009 hatte Bild behauptet, Dürren der letzten Jahre in Kenia würden ganz sicher auf das Konto des menschengemachten Klimawandels gehen:

Ernten verdorren, Flussläufe und Seen trocknen aus – und Tier und Mensch leiden. Sollte es nicht bald regnen, so warnt die Umweltschutzorganisation African Conservation Fund, könnten allein in Kenia bis zu drei Millionen Nutztiere verenden. Schlimme Hungersnöte für die Menschen wären die Folge. Im Frühjahr hatte es in Kenia zwar geregnet, aber das war nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein. „Drei Regenzeiten in Folge sind ausgeblieben“, klagt Daniel Woodly von der kenianischen Naturschutzbehörde KWS. Eine Folge des Klimawandels, wie Umweltschützer schon lange warnen.

Auch der Klimaretter stieß 2010 in das gleiche Horn:

Der Klimawandel zeigt sich im Nordwesten Kenias in Form langer Dürreperioden und sintflutartigen Regenfällen. Lebensmittel sind rar und auch die Tiere können nicht ernährt werden. Besonders gefährdet sind Schwangere und Kinder. Um das zu ändern, wird vereinzelt versucht, mit Traditionen zu brechen.

Eine signifikante Beeinflussung des Klimas in Kenia wurde auch bereits 2008 im Rahmen einer Doktorarbeit von Jared Ochieng‘ Hera Ndeda gefunden. Auszug aus der Kurzfassung:

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