Früher war nicht alles besser: Neues aus der südamerikanischen Dürreforschung

Immer wenn es besonders viel oder wenig regnet, ist der öffentliche Aufschrei groß: Der menschengemachte Klimawandel zerstört unsere Lebensgrundlage! Dabei lohnt es sich durchaus, in die Vergangenheit zu schauen, denn dort können wir eine enorme natürliche Niederschlagsvariabilität beobachten, die viele heute verdrängt haben. Um den Sinn für solche Feucht-Trocken-Zyklen bzw. -Schwankungen zu schärfen, berichten wir hier in unregelmäßiger Weise über neue Fachliteratur zu diesem Thema. Heute geht es nach Südamerika. Beginnen wollen wir in der Karibik. Von Antigua im Bereich der Kleinen Antillen beschrieben Berland et al. 2013 die Regen-Historie für den Zeitraum 1770-1890. Das überraschende Fazit: Regenreiche Jahre wechselten mit regenarmen, lange vor der industriellen Phase. Hier die Kurzfassung:

This paper presents the first extensive reconstruction of precipitation variability in the Lesser Antilles using historical documentary sources. Over 13 250 items of documentation pertaining to Antigua from the period 1769–1890 were consulted, including missionary, plantation and governmental papers as well as contemporary scholarly publications. Based on the predominant meteorological conditions observed throughout the island, each „rain-year“ (December–November) was assigned one of five classifications (very wet, wet, „normal“, dry and very dry). Local weather references relating to seven plantations in central-eastern Antigua were grouped according to dry (December–April) and wet seasons (May–November), each of which were also categorised in the aforementioned manner. Results comprise individual island-wide and central-eastern Antiguan chronologies of relative precipitation levels, spanning the rain-years 1769–70 to 1889–90 and 1769–70 to 1853–54 respectively. The former is compared with available instrumental data for the years 1870–1890. Significant dry phases are identified in the rain-years 1775–80, 1788–91, 1820–22, 1834–37, 1844–45, 1859–60, 1862–64, 1870–74 and 1881–82, while wet episodes were 1771–74, 1833–34, 1837–38, 1841–44, 1845–46 and 1878–81. Evidence for major wet and dry spells is presented and findings are evaluated within wider historical and palaeoclimatic contexts.

Im Januar 2013 berichtete CBS über Dürren im Amazonasgebiet, die seit 2005 dort gehäuft aufgetreten waren und interpretierte sie als Folge des Klimawandels:

Severe Droughts in Amazon linked to climate change, study says.

War es wirklich der Mensch, der die Dürren selber verursacht hat? Im Februar 2014 kam die teilweise Auflösung in Form eines Papers von Regina Rodrigues und Kollegen. Fazit: Die Dürre 2011/2012 geht auf das Konto von La Nina. Hier die Kurzfassung der Arbeit:

Why did the 2011–2012 La Niña cause a severe drought in the Brazilian Northeast?
The Brazilian Northeast (NE) is strongly affected by El Niño–Southern Oscillation (ENSO). During La Niña events, the precipitation over the NE is generally above average. However, during the last La Niña event in 2011–2012, the NE went through its worst drought in the last 30 years. In this study, observations and numerical simulations are used to determine what made the 2011–2012 event different from other events. We find that eastern Pacific (canonical) La Niña events cause a cooling of the tropical North Atlantic and warming of the tropical South Atlantic that lead to a southward migration of the Intertropical Convergence Zone, which in turn brings rain to the NE. On the other hand, La Niña events with the cooling concentrated in the central Pacific cause the opposite meridional sea surface temperature (SST) gradient in the tropical Atlantic, leading to droughts over the NE. The 2011–2012 event was of the latter type. This study also shows that it is possible to predict the sign of the NE rainfall anomaly during ENSO events using a simple SST index.

Weiter nach Peru. Latina Press schrieb Ende 2013:

Klimawandel bringt Wasserquellen in Peru zum versiegen
Der weltweite Klimawandel beginnt die Wasserversorgung in Arequipa, der Hauptstadt der gleichnamigen Region Arequipa im Süden des südamerikanischen Anden-Staates Peru, zu beeinflussen. Laut Jorge Sánchez Salinas, Koordinator der Fachgruppe über Klimaänderungen in der Region, ist eine Grundwasserquelle am Fuße des Berges Pichu Pichu bereits vollständig ausgetrocknet.

Und da ist sich Herr Salinas ganz sicher. Denn nur wenn es der Klimawandel war, gibt es Hilfsgelder. Hätte sich der Herr Koordinator ein bisschen für die Wissenschaft interessiert, so wäre ihm aufgefallen, dass der Regen in Peru schon immer durch starke natürliche Schwankungen gekennzeichnet war. Apaéstegui et al. (2014) rekonstruierten die Regenhistorie Perus für die vergangenen 1600 Jahre und fanden eine enorme Variabilität, die u.a. von atlantischen und pazifischen Ozeanzyklen getaktet wird. Auch eine längerfristige Komponente trat auf. Während der Mittelalterlichen Wärmeperiode war der regenreiche Monsun besonders schwach, eine Situation die der heutigen Modernen Wärmeperiode offenbar entspricht. Während der Kleinen Eiszeit war der Monsun hingegen stark und regenreich. Hier die Kurzfassung der Arbeit:

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Neue Studie im Journal of Climate: Temperaturen sind im letzten Jahrhundert in den USA weniger extrem geworden

Im Journal of Climate erschien kürzlich ein Artikel von Leet et al. (2014), in dem unerwartete Ergebnisse aufhorchen lassen. Die mittlere Temperatur ist in den USA im letzten Jahrhundert spürbar angestiegen. Aber gilt dies auch für die Höchst- und Tiefsttemperaturen? Ist die Schere der Extremwerte ebenfalls aufgegangen, wie einige IPCC-Freunde uns in der Vergangenheit weismachen … weiter lesen

Kleine Dürregeschichte der USA der vergangenen 10.000 Jahre: Schon die Indianer mussten immer wieder unter Trockenheit leiden

Dürren kommen und Dürren gehen. Ein steter Wechsel von trockenen und feuchten Bedingungen. Dies gilt auch für die USA. In den letzten beiden Blog-Beiträgen haben wir in die Dürrgeschichte Nordamerikas für die vergangenen 100 und 1000 Jahre geschaut. Heute geht es noch weiter in der Zeit zurück. Wie sah es in den letzten 10.000 Jahren aus?

Zunächst ist hier die Studie von Kirsten Menking und Kollegen von 2012, die in Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology erschien, die anhand von Pollen und anderen organischen Resten in Seesedimenten die Dürregeschichte der letzten 10.000 Jahre im Bundesstaat New York untersuchte. Das Forscherteam fand drei Feucht-Trocken-Zyklen, wobei in der Zeit von 5700-4100 Jahre vor heute eine lange Dürreperiode herrschte. Hier die Kurzfassung des Papers:

Sediment cores from Lakes Minnewaska and Mohonk in the Shawangunk Mountains of southeastern New York were analyzed for pollen, plant macrofossils, macroscopic charcoal, organic carbon content, carbon isotopic composition, carbon/nitrogen ratio, and lithologic changes to determine the vegetation and landscape history of the greater Catskill Mountain region since deglaciation. Pollen stratigraphy generally matches the New England pollen zones identified by Deevey (1939) and Davis (1969), with boreal genera (Picea, Abies) present during the late Pleistocene yielding to a mixed Pinus, Quercus and Tsuga forest in the early Holocene. Lake Minnewaska sediments record the Younger Dryas and possibly the 8.2 cal kyr BP climatic events in pollen and sediment chemistry along with an ~ 1400 cal yr interval of wet conditions (increasing Tsuga and declining Quercus) centered about 6400 cal yr BP. Both Minnewaska and Mohonk reveal a protracted drought interval in the middle Holocene, ~ 57004100 cal yr BP, during which Pinus rigida colonized the watershed, lake levels fell, and frequent fires led to enhanced hillslope erosion. Together, the records show at least three wet–dry cycles throughout the Holocene and both similarities and differences to climate records in New England and central New York. Drought intervals raise concerns for water resources in the New York City metropolitan area and may reflect a combination of enhanced La Niña, negative phase NAO, and positive phase PNA climatic patterns and/or northward shifts of storm tracks.

Bereits vor einiger Zeit hatte Henri Grissino-Mayer von der University of Tennessee die Dürreentwicklung in New Mexico für die letzten 2000 Jahre untersucht. Auch diese Studie fand eine bedeutende Zyklik in den Niederschlägen, wobei in vorindustrieller Zeit immer wieder Dürren auftraten, die jene aus dem 20. Jahrhundert in ihrer Intensität in den Schatten stellen. Zuletzt kam es während der Kleinen Eiszeit in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einer solchen Mega-Dürre. Lesen Sie, was die NOAA zu dieser Studie schreibt:

The 1950s drought was the most severe drought 20th century drought in this region, but when viewed in the context of the past three centuries, it appears to be a fairly typical drought. However, when the 1950s drought is compared to droughts for the entire reconstruction, back to 136 BC (bottom graph), it is clear that the 1950s drought is minor relative to many past droughts. A number of the severe droughts of the past spanned several decades, the most recent occurring in the second half of the 16th century.

Tian et al. 2006 schauten sich die letzten 3000 Jahre im Zentralbereich des nordamerikanischen Kontinents in Minnesota an. Die Studie erschien in den Geophysical Research Letters. Interessanterweise traten in den vergangenen 3000 Jahren immer wieder schwere Dürren auf die in ihrer Intensität und Dauer jene des 20. Jahrhunderts bei weitem übertrafen. Das Auftreten der Dürren wurde nach Interpretation der Autoren durch den Ozeanzyklus der Pazifisch Dekadischen Oszillation (PDO) sowie Sonnenaktivitätsschwankungen gesteuert. Hier die Kurzfassung des Papers:

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