Richard Tol: „Radikale Grüne“

Von Richard Tol
(leicht gekürzte Version von Tols Blog-Artikel „Radical greens“, übersetzt von Frank Bosse)

Früher war es einfach: die Kirche lehrte wie die Welt funktioniert und wie man sich verhält. Das Positive und das Normative waren vereint. Die Aufklärung setzte dem ein Ende. Seitdem folgen wir Beweisen und nicht Dogmen.  Früher konnte ein intelligenter Mensch der gesamten Wissenschaft folgen. Das ist vorbei, Experten beherrschen nur kleine Teilfelder.

Wir haben unser Audiosystem ersetzt durch Bluetooth. Als meine Tochter fragte, wie es funktionierte, war die beste Erklärung die ich anbieten konnte:  „Es ist Magie“. Für die meisten von uns ist es egal, dass wir nicht wissen, wie unser Smartphone arbeitet. Wir wissen, was es tun soll. Wir wissen auch, wenn es nicht funktioniert. Wir wissen, wie man Online-Rezensionen zu lesen hat. Wir vertrauen auf Experten und wir wissen, wie man Zuverlässige von Scharlatanen unterscheidet.

Nicht so in der Umweltpolitik. Experten machen Vorhersagen für die Zukunft, die nicht zu überprüfen sind. Die öffentliche Politikberatung ist angefüllt von Selbstzerstörungsprophezeihungen. Schlimme Sachen werden passieren, wenn wir unser Leben nicht ändern. Oft handeln wir entsprechend, unfähig zu prüfen, ob die Vorhersage korrekt ist. Wir vertrauen auf die Experten, nehmen ihr Wort als Evangelium.

Die Kirche herrschte noch lange nach der Aufklärung darüber, was richtig oder falsch war, verlor jedoch schließlich an Boden. Andere machten sich auf, dieses Vakuum zu füllen. Da wäre zum Beispiel die Umweltbewegung. Natürlich gibt es Umweltprobleme die gelöst werden müssen. Einige Organisationen gehen jedoch einen Schritt weiter. Angeboten wird Beratung, wie man sein Leben gestalten soll, um zu einer Gemeinschaft zu gehören mit dem Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen. Sogar die Lehre eines drohenden „jüngsten Gerichts“ bei dem wir für unsere Sünden büßen, ist dabei:   Der Klimawandel.

In der Rolle der Priester: Klimawissenschaftler, darauf vertrauend dass ihr kleines Wissensfeld auch auf andere Gebiete anzuwenden sei.  Die meisten Wissenschaftler mögen es nicht, andere genießen das jedoch sehr. Das Konzept der „Grenzen des Planeten“ scheint entwickelt worden zu sein, um Umwelt-Wissenschaftler zu absoluten Schiedsrichtern in der Politik zu machen. So wie der Papst es einmal in Europa war und der Wächterrat im Iran.

Religion bringt auch immer Abtrünnige, Ungläubige und Radikale hervor. Polarisation ist schädlich für die Politik. In Europa haben die „Alarmierten“ die Oberhand. Die Klimapolitik wird kaum hinterfragt und Interessengruppen gieren nach Subventionen und Abgaben. Wer hinterfragt, wird auf eine Stufe mit  Holocaustleugnern gestellt. Die „Konsenspolizei“ patroulliert in den Medien, um jeden zu isolieren und lächerlich zu machen, der es wagt, Fragen zu stellen. Jede Bewegung hat ihre Spinner. „Klimakrieger“ stehen schon lange außerhalb der Gesellschaft. Wir scheinen aber eine neue Ebene der Radikalisierung zu erreichen.

Die Buddhas in Bamiyan wurden von den Taliban 2001 gesprengt. 2014 beschädigten Greenpeace- Aktivisten die Naca-Linien.  Greenpeace verletzte schon oft das Gesetz, stets mit dem moralischen Anspruch, die Umwelt zu schützen. Es stellte sich als moralische Instanz über das  Gesetz. Im Januar 2015 forderte ein Greenpeace-Aktivist wiederholt die Enthauptung eines Mitgliedes des britischen Oberhauses. Mittlerweile gibt es Teile der Umweltbewegung, die jedes Maß und Ziel verloren haben in ihrer tiefen Sorge um den Zustand unseres Planeten.

Genau wie Boko Haram Muslime in der Welt nicht beliebter macht, so verderben die grünen Radikalen die Umweltbewegung. Während jedoch muslimische Führer sich sofort von Gewalttaten distanzieren, passiert das nicht bei den Verantwortlichen der Umweltbewegungen. Der Umweltschutz hat einen weiten Weg seit den 70ern des vorigen Jahrhunderts zurückgelegt, z.B. mit sinnvollen Aktionen gegen Luftverschmutzung und das Anliegen der Pflege und Erhalt der Umwelt. Das alles  gefährden die grünen Radikalen.

 

Richard Tol ist ein niederländischer Volkswirtschaftler und forscht am Economic and Social Research Institute in Dublin, Irland. Zdem hält er eine Professur an der Vrije Universiteit Amsterdam und war an der Universität Hamburg und dem Hamburger Zentrum für Marine und Atmosphärenwissenschaften tätig. Er arbeitete außerdem an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburg.