In unserem Buch „Die kalte Sonne“ hatten wir 2012 dargestellt, dass Ozeanzyklen wie die PDO, AMO oder NAO einen entscheidenden und in bestimmten Grenzen vorhersehbaren Einfluss auf die Temperaturentwicklung auf der Erde haben. Damals ernteten wir für diese Idee (die im übrigen gar nicht von uns war), heftige Kritik aus den Kreisen der Klimaforscher. Eine Olympiade später scheint das Modell jedoch endlich in den Köpfen der Wissenschaftler angekommen zu sein. Eine Gruppe um Thomas Delworth publizierte am 20. Juni 2016 in Nature Geoscience eine Arbeit, in der sie den systematischen Einfluss der NAO auf das vergangene aber auch zukünftige Klima detailliert beschreiben.
Es ist erfrischend zu sehen, wie hier der ernsthafte Versuch unternommen wird, den anthropogenen vom natürlichen Einfluss auf das Klima der vergangenen Jahrzehnte zu unterscheiden und zu quantifizieren. Der aufstrebende Ast der Nordatlantischen Oszillation (NAO) in den 1980er und 90er Jahren (Abbildung 1) hat dabei laut Studie zur Erwärmung der nördlichen Hemisphäre signifikant beigetragen. Zudem schreiben die Forscher den Rückgang des arktischen Meereises sowie die gesteigerte atlantische Hurrikantätigkeit der damals ansteigenden NAO zu.
Abbildung 1: NAO-Verlauf während der vergangenen 150 Jahre. Quelle: Wikipedia. Von Delorme – Eigenes Werk – Datei Quelle : Hurrell, James & National Center for Atmospheric Research Staff Hurrell North Atlantic Oscillation (NAO) Index (station-based) / Hosted data / „DJFM North Atlantic Oscillation Index (Station-Based) „, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47611997
Da nun der systematische NAO-Einfluss auf das Klima der Vergangenheit erkannt wurde, kann man die Ozeanzyklen endlich auch in die Klimamodelle einbauen. Noch 2011 hatte uns ein bekannter Hamburger Klimamodellierer im Zuge der Recherche zum Buch erklärt, das wäre doch alles nur nutzloses Rauschen. So kann man sich irren. Im neuen Paper sehen Delworth und Kollegen nun plötzlich eine wichtige Rolle der Ozeanzyklen bei der Klimavorhersage. In ihrem Paper schreiben sie:
In addition, decadal predictions made with two of the models used in this study, as well as other models, suggest a weakening of the AMOC over the next decade (Supplementary Fig. 8). […] In isolation, a weakening AMOC would tend to moderate the rate of loss of Arctic sea ice and warming over the NH extratropics through reduced poleward oceanic heat transport.
Auf gut deutsch: Im kommenden Jahrzehnt rechnen die Forscher mit einer Abschwächung des atlantischen AMOC-Ozeanzyklus (Abbildung 2), was zu einer „gedämpften Erwärmung“ auf der Nordhalbkugel führen wird. Eigentlich meinen die Autoren „Abkühlung“, was jedoch politisch schwer vertretbar gewesen wäre. So bezieht sich die „gedämpfte Erwärmung“ wohl eher auf die resultierende Temperatur, die ein Gemisch aus Ozeanzyklen, CO2 und Sonnenaktivität ist. Da sich auch die Sonnenaktvität in den kommenden Jahrzehnten abschwächt und das CO2 vermutlich eine sehr viel geringere Erwärmungswirkung besitzt als lange angenommen, wird es spannend werden.
Abbildung 2: Vorhersage der AMOC laut Delworth et al. 2016.
Im Folgenden der Abstract der neuen Studie:
The North Atlantic Oscillation as a driver of rapid climate change in the Northern Hemisphere
Pronounced climate changes have occurred since the 1970s, including rapid loss of Arctic sea ice1, large-scale warming2 and increased tropical storm activity3 in the Atlantic. Anthropogenic radiative forcing is likely to have played a major role in these changes4, but the relative influence of anthropogenic forcing and natural variability is not well established. The above changes have also occurred during a period in which the North Atlantic Oscillation has shown marked multidecadal variations5. Here we investigate the role of the North Atlantic Oscillation in these rapid changes through its influence on the Atlantic meridional overturning circulation and ocean heat transport. We use climate models to show that observed multidecadal variations of the North Atlantic Oscillation can induce multidecadal variations in the Atlantic meridional overturning circulation and poleward ocean heat transport in the Atlantic, extending to the Arctic. Our results suggest that these variations have contributed to the rapid loss of Arctic sea ice, Northern Hemisphere warming, and changing Atlantic tropical storm activity, especially in the late 1990s and early 2000s. These multidecadal variations are superimposed on long-term anthropogenic forcing trends that are the dominant factor in long-term Arctic sea ice loss and hemispheric warming.