Neue Hinweise auf den UV-Solarverstärker: Verknüpfung von Stratosphäre und Ozeanen über arktische Winde südlich von Grönland

Eine Vielzahl von Studien konnte die enorme Klimawirkung von Sonnenaktivitätsschwankungen für die vergangenen 10.000 Jahre eindrucksvoll belegen (siehe Kapitel 3 in unserem Buch „Die kalte Sonne“ und hier). Immer wenn die Sonne aufdrehte, wurde es wärmer. Und wenn die Sonne dann abflaute, kühlte es wieder ab. Dies ist in der Fachwelt unbestritten. Kurioserweise können jedoch die aktuellen Klimamodelle des Weltklimarats diese Klimawirkung der Sonne nicht reproduzieren. Der Grund hierfür ist schnell gefunden: In den Formeln der theoretischen Computermodelle wird der Sonne nur eine verschwindend geringe klimatische Kraft zugestanden. Da muss man sich auch nicht wundern, wenn die Sonne dann in den IPCC-Vorhersagen praktisch keine Rolle spielt. Dabei scheint es die Modellierer nicht im Geringsten zu stören, dass der Plausibilitäts-Check im Abgleich mit der historischen Klimaentwicklung hartnäckig scheitert.

Ganz offensichtlich fehlt etwas Wichtiges in den Modellen. Was könnte es sein? Gesucht wird nach einer Art physikalischem Solarverstärker, der die geringen solaren Aktivitätsänderungen in ein spürbares klimatisches Signal umwandelt. In der aktuellen Wissenschaft werden hierzu derzeit mehrere Kandidaten diskutiert. Ein besonders heiß gehandelter Mechanismus verknüpft die Stratosphäre in einigen Zehner Kilometern Höhe mit den Strömungen der Weltmeere („UV-Verstärker“, Die kalte Sonne, Seiten 229-231).

Ausgenutzt wird hierbei, dass die Sonne in der Stratosphäre viel stärkere direkte Veränderungen hervorruft als in den tieferen Stockwerken der Atmosphäre, der Troposphäre. Innerhalb eines 11-Jahres-Sonnezyklus ändert sich die Temperatur der Stratosphäre um bis zu 2°C (Abbildung 1).

Wie funktionierts? Der UV-Anteil schwankt innerhalb des 11-Jahres-Sonnenzyklus um eine Größenordnung mehr als die Gesamtstrahlung, nämlich um einige Prozentpunkte gegenüber nur 0,1 Prozent Veränderung bei Betrachtung der solaren Gesamtstrahlung. Die während solarer Aktivitätsmaxima erhöhte UV-Strahlung facht nun in 50 bis 15 Kilometern Höhe die Ozonbildung an. Durch den zusätzlichen UV-Energieeintrag wird eine größere Anzahl von Sauerstoffmolekülen (O2) zu Ozon (O3) umgewandelt. Eine höhere Ozonkonzentration fängt wiederum mehr UV-Strahlen ab und wandelt deren Energie in Wärme um, was zur Aufheizung der Ozonschicht beziehungsweise der Stratosphäre führt. Satellitenmessungen der letzten Jahre haben entsprechende Änderungen des Ozongehalts und der Temperatur in der Stratosphäre sowie zum Teil sogar in der darüber gelegenen Ionosphäre bereits dokumentiert (Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Temperatur der Stratosphäre schwankt im Takt des 11-Jahres-Sonnenzyklus (Almasi & Bond 2009).

Eine Forschergruppe um Thomas Reichler von der University of Utah in Salt Lake City hat nun näher untersucht, inwieweit das Geschehen in der Stratosphäre mit dem Klimageschehen am Erdboden verbunden ist. Mit dabei waren auch zwei Forscher vom Hamburger Max Planck Institute für Meteorologie. Erste Hinweise auf eine derartige Kopplung hierauf hatten bereits frühere Gruppen geliefert, darunter Teams um Joanna Haigh vom Imperial College London sowie ein Team um Katja Matthes vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Mitte August 2012 veröffentlichte jetzt die Reichler-Gruppe ihre Studienergebnisse im Fachmagazin Nature Geoscience. In der Zusammenfassung schreiben die Forscher:

Die Stratosphäre ist mit dem Wetter- und Klimageschehen der Troposphäre verbunden. Insbesondere wirken sich extreme Veränderungen in der stratosphärischen Zirkulation stark auf die Troposphäre aus. […] In dieser Arbeit untersuchen wir Ozeandaten der vergangenen 30 Jahre und stellen fest, dass Stratosphäre und atlantische thermohaline Zirkulation durch Ereignisse geprägt waren, die sich im zeitlichen Ablauf sehr ähnelten. Mithilfe von Klimamodellen können wir zeigen, dass diese Ähnlichkeit dadurch begründet ist, dass stratosphärische Veränderungen und die Ausbildung entsprechender Anomalien den nordatlantischen Ozean stark beeinflussen. Unsere Untersuchungen haben einen zuvor unbekannten Mechanismus für klimatische Schwankungen im Jahrzehnte-Maßstab identifiziert. Weiterhin konnten wir zeigen, dass eine Simulation der verschiedenen unteren Schichten der Atmosphäre sowie der Ozeane notwendig ist, um realistische Klimaprognosen erstellen zu können.

De Forscher schlagen einen Mechanismus vor, bei dem sich starke stratosphärische Winde (sogenannte Polarwirbel) in der Arktis bis auf Meereshöhe durchpausen. Die Verknüpfung mit dem Ozean geschieht über ein Gebiet südlich von Grönland, wo kalte Wassermassen absinken und die großen Ozeantiefenströmungen antreiben. Je nach Stärke und Richtung der kräftigen Winde verändert sich dann auch die Ozeantiefenwasserbildung, was signifikante klimatische Auswirkungen hat. Eine detaillierte Beschreibung des Prozesses gibt es auf Science Daily.                

 
Mit Dank an Christian Heuer.
Siehe auch Beitrag in Spektrum der Wissenschaft.
Abbildungsquelle oben rechts: Niko Lang (original image), Ladyt (vector version) / Lizenz: CC BY-SA-3.0.