Extremregen war in den Französischen Alpen während der Kleinen Eiszeit häufiger als heute

Ewa 60 km nordwestlich von Monaco liegt auf über 2200 m Höhe in den Französischen Alpen der Allos-See. Mit einer Ausdehnung von 1000 mal 700 Metern ist der Lac d’Allos der größte Bergsee Europas. Die umgebenden Berge überragen den See um mehrere 100m, darunter der 3052m hohe Mont Pelat.

Eine dreizehnköpfige französische Forschergruppe um Bruno Wilhelm von der Université de Savoie nahm kürzlich umfangreiche Untersuchungen an dem See vor, deren Ergebnisse sie im Juli 2012 im Fachmagazin Quaternary Research veröffentlichten. Die Wissenschaftler erstellten eine genaue Tiefenkarte des Sees, durchleuchteten ihn mit seismischen Schallwellen und erbohrten drei Sedimentkerne aus dem Seeboden. Die Kerne erschlossen ein geologisches Schichtenarchiv, aus dem die klimatischen Ereignisse der letzten anderthalb Jahrtausende rekonstruiert werden konnten. Hierzu führten Wilhem und seine Kollegen Studien zu Korngröße, geochemischem Inhalt, Fossilführung und eine Altersdatierung durch.

Anhand historischer Berichte, konnten die Forscher zeigen, dass grobe Lagen im Seesediment jeweils Folge extremer Regenfälle waren. Der Starkregen ließ die Bäche jedes Mal stark anschwellen, und die Strömung wurde dann so stark, dass gröbere Schuttmassen mitgerissen wurden, die ansonsten von den Bächen kaum transportiert werden konnten. Das grobe Schuttmaterial ergoß sich dann in den See. Auf diese Weise lassen sich heute wie in einem steinernen Geschichtsbuch die extremen Regenfälle der Vergangenheit rekonstruieren.

Das Ergebnis der Studie ist überraschend: Extremwetter mit starken Regenfällen häufte sich in der Region während der Kleinen Eiszeit von 1300-1890 n. Chr. In den warmen Phasen – der Mittelalterlichen Wärmperiode sowie der heutigen Modernen Wärmeperiode – machte sich der Extremregen eher rar (Abbildung 1). Die Autoren schreiben in der Zusammenfassung ihrer Arbeit:

We interpret the Allos record in terms of repeated intense precipitation events over the last millennium, with a low flood frequency during the Medieval Warm Period and more frequent and more intense events during the Little Ice Age. This interpretation is consistent with the pattern of increasingly humid conditions in the northwestern Mediterranean region. This long-term trend is superimposed on high frequency oscillations that correlate with solar activity and autumnal North Atlantic Oscillation (NAO).

Offensichtlich widerspicht der Befund den voreiligen Warnungen von IPCC-nahen Forschern sowie Versicherungsvertretern, die eine Häufung von schlimmen Extremregenfällen als Folge der Klimaerwärmung hatten kommen sehen. Im Jahr 2011 warnte das Umweltbundesamt (UBA) vor einer deutlichen Zunahme extremer Niederschläge in Deutschland. Von wissenschaftlichen Studien und solider Recherche hält man in der Behörde offensichtlich nicht allzu viel. Die Ergebnisse aus den französischen Alpen fügen sich nämlich gut in weitere aktuelle wissenschaftliche Resultate ein, die Extremregenfälle in Europa ebenfalls eher in kalten Zeiten ansiedeln (siehe z.B. unsere Blogartikel „Überraschung: Globale Niederschläge sind in den letzten 70 Jahren weniger extrem geworden„, „Flüsse im Alpenvorland halten sich nicht an die IPCC-Vorgaben: Mehr Überflutungen in Kälteperioden als in Wärmeperioden“ und „Mehr Überschwemmungen? Vermutlich eher nicht„).

Etliche Arbeiten haben in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll belegt, dass sich die Regenmengen am Mittelmeer stets im Takt von charakteristischen Zyklen im Millenniumstakt änderten. Die Zyklen laufen dabei weitgehend synchron zur Sonnenaktivität ab. Berücksichtigt werden muss dabei, dass das Mittelmeer kein klimatisch homogener Raum ist, sondern dass es aufgrund von zyklischen Verschiebungen von Regengürteln in verschiedenen Regionen sogar gegenläufige Niederschlags-Entwicklungen gibt (siehe unseren Blogbeitrag „Solare Millenniumszyklen kontrollierten Feucht- und Dürrephasen der Römerzeit im Mittelmeer„). Bereits vor einigen Tagen haben wir über eine weitere, neue Studie zu diesem Thema berichtet (siehe „Solarer 900-Jahresklimazyklus im westlichen Mittelmeer nachgewiesen„).

Schließlich erwähnen die Autoren der französischen Studie noch natürliche Schwankungen im kürzeren Maßstab von wenigen Jahrhunderten und Jahrzehnten, die sie mit Ozeanzyklen wie der Nordatlantischen Oszillation (NAO) und Sonnenaktivitätszyklen erklären. Es sind Studien wie diese, die den längerfristigen Kontext unseres heutigen Klimageschehens bilden. Klimainterpretationen und Prognosen ohne die Berücksichtigung des vergangenen Geschehens werden der Komplexität der Materie nicht gerecht und werden dadurch automatisch wissenschaftlich angreifbar.

 

Abbildung 1: Starkregen / Überflutungs-Historie des Lac d’Allos für die letzten 1400 Jahre (Quelle: Poster Präsentation des gleichen Projekts)

 

Foto oben rechts: Original uploader was Helac at fr.wikipedia / Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution 1.0 Generic license.
Siehe auch unseren Blogartikel "Einseitiges Klima im Umweltbundesamt: Was steckt dahinter?" und "Abenteuerliches Kinderbuch vom Umweltbundesamt eignet sich nicht als Gute-Nacht-Geschichte"
Mit Dank an NIPCC und The Hockey Schtick für den Hinweis.