Ein unerwarteter Rekord: Noch nie mussten die Vereinigten Staaten während der letzten 100 Jahre so lange auf einen starken Hurrikan warten !

In den USA wird man langsam unruhig. Noch vor wenigen Jahren hatte der IPCC vorhergesagt, dass die Hurrikane durch die Klimaerwärmung immer häufiger und auch stärker werden würden. Aber die Realität hat offenbar andere Pläne: Seit nunmehr fast 2500 Tagen hat das Land jetzt keinen Monster-Hurrikan mehr erlebt. Das ist absoluter Rekord seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Noch nie musste man in dieser Zeit länger auf einen starken Hurrikan der Kategorie 3-5 warten (Abbildung 1). Dies berichtete kürzlich Roger Pielke, Jr., Professor für Umweltstudien an der University of Colorado in Boulder. 

Der letzte größere Hurrikan ereignete sich im Oktober 2005 und hörte auf den Namen Wilma. Die schlimme Wilma hatte sich damals Südwest Florida als Opfer ausgesucht. Mit einer maximalen mittleren Windgeschwindigkeit von 295 km/h und Windböen bis 340 km/h wurde Wilma am 19. Oktober 2005 in die höchste Kategorie 5 eingestuft. Man erinnert sich: Nur wenige Monate zuvor, im August desselben Jahres war Hurrikan Katrina in New Orleans eingefallen. 

 

Abbildung 1: Seit 1900 erreichten 78 starke Hurrikane die US-amerikanische Küste (durchnummeriert von 1-78 auf der x-Achse). Aufgetragen ist jeweils die Anzahl der Tage bis zum jeweils folgenden Hurrikan. Quelle: Roger Pielke, Jr. (Stand: 16.5.2012).

 

Der Hurrikanexperte Ryan Maue vom National Research Council im kalifornischen Monterey erläuterte in einem kürzlichen Konferenzbeitrag den Kontext dieser Entwicklung. Laut Maue hat die tropische Wirbelsturmaktivität seit 2007 im weltweiten Durchschnitt dramatisch abgenommen. Dies gilt sowohl für die Häufigkeit des Auftretens als auch für die mit den Hurrikanen verbundenen Energiemengen. Ebenso gibt es keinen erkennbaren Steigerungstrend für die vergangenen Jahrzehnte (siehe auch unser Blogbeitrag „Hurrikanen scheint die Erwärmung egal zu sein: Keine Zunahme der tropischen Wirbelstürme in den letzten Jahrzehnten“). 

Im Jahr 2011 erreichten weltweit nur 10 Wirbelstürme die Küste, was den vorletzten Platz in der Hurrikan-Aktivitätsstatistik der letzten 40 Jahre bedeutet. Maue warnt auch davor, zu kurze Trends für lineare Zukunftsprojektionen zu verwenden. Die Vergangenheit zeigt, dass Hurrikane vielmehr einer natürlichen Variabilität und Ozeanzyklik im Maßstab von bis zu mehreren Jahrzehnten unterliegen. Aufgrund dieses Zusammenhangs und der vermuteten weiteren Entwicklung der beteiligten Ozeanzyklen ist laut Maue auch nicht auszuschließen, dass die Hurrikanflaute entgegen den IPCC-Prognosen auch in den kommenden zehn Jahren anhält. 

Auf jeden Fall ist das Auftreten eines starken Hurrikans in den USA seit längerem überfällig und wäre 2012 oder in den Folgejahren keine Überraschung. Die Auswirkungen wären jedoch heute erheblich schlimmer als noch vor sieben Jahren als Wilma zuschlug. Zum Beispiel wuchs zwischen 2000 und 2010 die Bevölkerung von Florida um 17 Prozent, was seit 2005 etwa eine Millionen Menschen zusätzlich bedeutete. Der Anstieg der Gesamt- Vermögenswerte bietet Hurrikanen zusätzliche Angriffsfläche und wird zusätzliche Versicherungsschäden beim nächsten großen Hurrikanangriff in diesem Bundesstaat verursachen. 

Soweit zu den Fakten. Nun wissen wir aber auch, dass der Mensch sehr erfinderisch ist, wenn es darum geht, unbequeme Wahrheiten in sein Weltbild einzupassen. Schauen wir also noch kurz auf die psychologische Seite der Hurrikandebatte. 

Anstatt sich über die ausgebliebenen starken Hurrikane zu freuen und die apokalyptischen IPCC-Prognosen ernsthaft zu hinterfragen, konzentrieren sich einige Kommentatoren jetzt vor allem auf den bevorstehenden großen Hurrikan-Schlag. Wann genau er kommt, kann man natürlich nicht sagen. Aber diesen Diskutanten scheint es vor allem wichtig zu sein, rechtzeitig und nachhaltig Angst zu schüren. 

Und noch ein weiterer Aspekt ist interessant. Als Katrina 2005 zuschlug und große Teile von New Orleans zerstörte, orakelten Al Gore & Co sogleich, dass die Welt aufgrund des Klimawandels jetzt viel öfter von solch gigantischen Hurrikanen heimgesucht werden würde. Wie man sich irren kann… 

Was sagen diese Zeitgenossen eigentlich jetzt dazu, nach der langen, unerwarteten Groß-Hurrikan-Flaute? Das hat doch alles nichts zu bedeuten, heisst es jetzt plötzlich. Kerry Emanuel, Professor für Meteorologie am Massachusetts Institute of Technology sagte zum Beispiel der Presse, dass das Ausbleiben von starken Hurrikanen in den USA wohl nur Zufall wäre. „Sieben Jahre sind einfach viel zu kurz, um die Auswirkungen der Klimaerwärmung in der US-Hurrikanstatistik sichtbar werden zu lassen.“ Eine interessante Sichtweise. 

 

Siehe auch Beiträge auf WUWT, C3 Headlines und Junkscience.
Lesenswert auch der Artikel "Was macht eigentlich...der Hurrikan?" von Ulli Kulke auf Donner + Doria.
Video-Tipp: Vortrag von Stan Goldenberg vom Hurricane Centre in Florida: