Nur noch wenige Monate trennen uns vom Maximum des 24. Sonnenzyklus, welches für Frühling 2013 vorhergesagt ist. Etwa alle elf Jahre wird solch ein Höhepunkt erreicht, doch diesmal wird es eher wenig zu feiern geben. Unsere Sonne schwächelt.
Aufgrund des bisherigen Verlaufs und anderer Parameter können bereits Prognosen über die zu erwartende Sonnenfleckenzahl des aufziehenden Maximums getroffen werden. Am bekanntesten sind die Prognosen der NASA, die im Monatstakt erscheinen. Die neueste Vorhersage stammt vom 2. Juli 2012 und nimmt absolute Tiefstwerte an. Noch im März 2008 hatte die Behörde ein geglättetes Sonnenflecken-Maximum von 130 bis 140 prognostiziert, reduzierte es im Januar auf 100 bis 110, korrigierte dies im Mai 2009 auf 80 bis 90 und endete jetzt im Juli 2012 mit einer Prognose von 60 (Abbildung 1). Das ist sehr wenig, nur noch etwa halb so stark wie im vorangegangenen Sonnnenzyklus. Es ist gleichzeitig absoluter Minusrekord für die letzten 100 Jahre: Noch nie war die Sonne in dieser Zeit schwächer als im aktuellen Elfjahreszyklus.
Abbildung 1: Sonnenfleckenprognose der NASA aus dem Juli 2012 für den weiteren Verlauf des 24. Sonnenzyklus. Quelle. Marshall Space Flight Center.
David Archibald hat den aktuellen Sonnenzyklus kürzlich in einem WUWT-Artikel in den Kontext der letzten Jahrzehnte gestellt. Das Ergebnis: Die Sonne ist eindeutig in eine Art Winterschlaf-Modus verfallen. Das Sonnenmagnetfeld ist im letzten Minimum des Sonnenzyklus auf einen Tiefstwert gefallen, der in den letzten 80 Jahren niemals erreicht wurde (Abbildung 2). Aber es kommt noch schlimmer: Das jetzt im Frühling 2013 anstehende Maximum des Sonnenzyklus wird voraussichtlich Werte erreichen, die sonst in den Minima des Sonnenzyklus gemessen wurden (Abbildung 2). Wie auf einer Treppe marschiert die Sonne derzeit mit jedem Zyklus eine Etage tiefer.
Abbildung 2: Entwicklung des Sonnenmagnetfelds während der letzten 80 Jahre (approximiert über den sogenannten Ap-Index). Die braune Linie stellt eine schematische Prognose dar. Abbildungsquelle (leicht verändert): WUWT.
Die kosmische Strahlung ist ein Spiegelbild der Sonnenaktivität. Ein starkes Sonnenmagnetfeld hält die kosmische Strahlung von der Erde ab, ein schwaches Feld lässt die kosmischen Teilchen vermehrt bis zur Erde passieren. Der Vergleich des aktuellen 24. Sonnenzyklus mit den Zyklen der vergangenen 50 Jahre ist aufschlussreich (Abbildung 3): Das Sonnenminimum des Zyklus um 2009 ragt als einsame, steile Klippe aus der kosmischen Strahlungskurve empor. Das Sonnenmagnetfeld war so schwach, dass kosmische Teilchen in großen Mengen auf die Erde durchmarschieren konnten. Interessant ist nun das heraufziehende Maximum des Sonnenzyklus. Die kosmische Strahlung reagiert darauf kaum und bleibt auf einem hohen Niveau, mit Werten die weit über denjenigen der vorangegangenen Sonnenmaxima liegen (Abbildung 3).
Abbildung 3: Entwicklung der kosmischen Strahlung während der letzten 50 Jahre (Oulu Neutronenmonitor). Die kosmische Strahlung wird von der Sonnenaktivität gesteuert und verläuft entgegengesetzt zu ihr. Die braune Linie stellt eine schematische Prognose dar. Abbildungsquelle (leicht verändert): WUWT.
Aus den Kurven wird klar, dass die Aktivität der Sonne mittlerweile einen ganz neuen Charakter eingenommen hat. Ein Regime-Wechsel hat stattgefunden. Noch vor ein paar Jahren spielte die Sonne in der Bundesliga, nun ist sie abgestiegen und kickt nur noch auf Drittliganiveau.
Wann genau ist wohl der Abstieg eingeläutet worden? Anthony Watts, der Webmaster des führenden klimaskeptischen Blogs „Watts Up With That“ (WUWT) hat sich die Kurve des Sonnenmagnetfeldes in Form des Ap-Indexes einmal genauer angeschaut. In einem WUWT-Beitrag von 2008 konnte er zeigen, dass der magnetische Index im Oktober 2005 im freien Fall abstürzte (Abbildung 4). Als wäre ein Schalter auf der Sonne umgelegt worden, fiel das Sonnenmagnetfeld ins bodenlose und wird seinen Weg zurück nach oben so schnell auch nicht mehr finden.
Abbildung 4: Entwicklung des Sonnenmagnetfelds von 1991-2008 (über den Ap-Index angenähert). Abbildungsquelle: Anthony Watts, WUWT 2008.
Man kann nun die Magnetfeldkurve mathematisch etwas bearbeiten, um Änderungen klarer herauszuarbeiten. Und genau dies hat nun Prof. Sam Outcalt von der University of Michigan unter Verwendung der sogenannten „Hurst Rescaling-Methode“ getan (Abbildung 5). Und – oh Wunder – wieder tritt der Oktober 2005 prominent in Erscheinung, als das Sonnenmagnetfeld seinen steilen Weg nach unten begann (siehe Beitrag von Anthony Watts auf WUWT 2012).
Abbildung 5: Entwicklung des Sonnenmagnetfelds von 1991-2012 (Ap-Index, zappelige, untere Kurve). Ebenso dargestellt ist die mathematische „Hurst Rescaling“-Kurve (oben, ruhigerer, weit-geschwungener Verlauf), die Änderungstrends verdeutlichen soll. Abbildungsquelle: Prof. Outcalt in WUWT 2012.
Was können wir von der Sonne in den kommenden Jahrzehnten erwarten? Die Mehrheit der Solarphysiker sagt für die kommenden Jahrzehnte eine signifikante Flaute in der Sonnenaktivität voraus. Hierfür gibt es eine ganze Reihe von belastbaren Anzeichen. So hatte sich zum Beispiel der Beginn des aktuellen 24. Sonnenzyklus stark verzögert (siehe S. 299-302 in unserem Buch „Die kalte Sonne“).
Mitte Juni 2012 erschien hierzu im Journal of Space Weather and Space Climate auch eine neue Arbeit von Cornelis De Jager vom Royal Netherlands Institute for Sea Research und Silvia Duhau vom Departamento de Física, Facultad de Ingenieria, Universidad de Buenos Aires.
Die Forscher analysierten die Entwicklung der Sonnenaktivität und interpretierten sie im Zusammenhang mit dem Sonnendynamo. Ihr Ergebnis: Nach dem “Grand Maximum” der Sonnenaktivität im 20. Jahrhundert ist nun mit einem Abstieg zu rechnen, der jedoch nicht das tiefe Aktivitäts-Niveau aus dem 17. Jahrhundert erreichen wird. Statt Maunder Minimum ist eher mit einem etwas moderateren Dalton-Minimum zu rechnen wie es zuletzt 1810 geherrscht hat (mit „D“ markiert in Abbildung 6). Siehe auch Beitrag auf notrickszone.com.
Abbildung 6: Sonnenaktivität der vergangenen 400 Jahre, klassifiziert in drei Aktivitätsgruppe die mit blau, grün und rot markiert sind. Nach dem “Grand Maximum” der Sonnenaktivität im 20. Jahrhundert ist nun mit einem Abstieg zu rechnen, der jedoch nicht das tiefe Aktivitäts-Niveau aus dem 17. Jahrhundert erreichen wird. Abbildungsquelle: De Jager & Duhau (2012).
Warum sollte uns all dies interessieren? Die uns vorliegenden geologischen Daten zeigen eindeutig, dass die Sonnenaktivität in der Vergangenheit einer der wichtigsten Klimakontrollfaktoren war. Immer wenn die Sonne schwächelte, fielen auch die Temperaturen. Gibt es einen vernünftigen Grund dafür, dass die Natur diesmal für uns eine Ausnahme machen sollte? Eine Übersicht zum solaren Kühleffekt erschien Ende Mai 2012 auf Forbes von Peter Ferrara. Und auch „Die kalte Sonne“ (siehe S. 2) durfte in dem Artikel natürlich nicht fehlen…
Siehe auch unsere früheren Beiträge zur drohenden neuen Solarflaute:
- Schon wieder: Sonne kurz vor dem Maximum des 11-Jahres-Zyklus fast fleckenklos (25.6.2012)
- Die kalte Sonne: Immer noch zu wenig Sonnenflecken ! (5.6.2012)
- Nationales Astronomisches Observatorium von Japan sagt Abkühlung voraus (30.4.2012)
- Verliert die Sonne jetzt auch noch ihre Flecken, kurz vor dem Maximum des solaren 11-Jahres-Zyklus? (8.4.2012)
- Was bringt die kommende Solarflaute? Das Hadley Centre lässt sich ein Hintertürchen offen (11.3.2012)
- NASA’s neue Sonnenflecken-Vorhersage: Der schwächste Zyklus seit 100 Jahren ! (25.2.2012)