Da die Temperaturen in den letzten anderthalb Jahrzehnten nicht mehr angestiegen sind, haben sich einige Kommentatoren nun auf das Extremwetter verlagert, das angeblich in letzter Zeit viel häufiger geworden sein soll (siehe z.B. „Extremer Extremwetter-Artikel im Berliner Tagesspiegel: Zeit für einen Faktencheck„). Diese Steilvorlage ließen sich die Versicherungskonzerne selbstverständlich nicht nehmen und freuten sich, mit der gesteigerten Klimaangst in der Bevölkerung gute Geschäfte mit allerlei Extremwetterversicherungen zu machen (siehe „Spiegel Online zweifelt an Katastrophenszenarien der Münchener Rückversicherung„). Wissenschaftlich belegbar sind die extremen Entwicklungen jedoch nicht und entsprechen daher meist eher einer gefühlten gesteigerten Bedrohung, vermutlich auch durch die intensive Katastrophenbeschallung durch die Medien.
Extremwetter muss immer im langjährigen Kontext gesehen werden. Da reichen einige Jahre nicht aus. Man sollte schon gleich mehrere hunderte von Jahren betrachten. Erst im Kontext solcher Studien kann das Extremwetter korrekt eingeordnet werden.
Im Dezember 2011 erschien zu diesem Thema in den Quaternary Science Reviews die Studie einer schweizerisch-tschechisch-deutschen Forscherguppe um Ulf Büntgen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Das Team untersuchte Baumringe aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz und der Tschechischen Republik, deren Alter zum Teil mehr als 1000 Jahre zurückreichte. Aus der Dicke der einzelnen Lagen konnten Niederschlags-bedingte Extremsituationen rekonstruiert werden. Die Autoren kommen in ihrer Studie zu einem deutlichen Ergbebnis (Fettsetzung ergänzt):
Häufigkeit und Schwere von den aus der Tannen-Baumringbreite abgeleiteten Wetterextremen waren im regionalen bis kontinentalen Maßstab gleichmäßig über das vergangene Jahrtausend verteilt. Haupteinflussgröße war vermutlich die Niederschlagsmenge im Zeitraum April bis Juni. […] Die ziemlich gleichförmige Verteilung der hydroklimatischen Extreme über die Mittelalterliche Wärmeperiode, Kleine Eiszeit und die Moderne Wärmeperiode hinweg stellt die gängige Ansicht in Frage, dass Häufigkeit und Schwere von solchen Ereignissen eng an den klimatischen Zustand gekoppelt wären. Die vorliegende gemeinschaftliche Baumringstudie ermöglicht eine Einordnung der extremklimatischen Ereignisse der industriellen Phase in den Kontext der natürlichen [vorindustriellen] Variabilität. Die Studie stellt weiterhin eine wichtige Kallibrierungsmöglichkeit für Klimamodellsimulationen über lange Zeiträume dar.
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