Es ist noch gar nicht lange her, da musste der menschengemachte Klimawandel für jede noch so kleine und große Wetterkapriole gerade stehen. Zog ein Sturm übers Land – war es die Klimakatastrophe. Fiel ein Sommer mal etwas heißer aus und die Erdbeeren verdorrten – war es die Klimakatastrophe. Trat ein Fluss über die Ufer – war es natürlich die Klimakatastrophe. Noch im 4. Klimazustandsbericht des Weltklimarats von 2007 wimmelte es nur so von Extremwetter-Horrorszenarien. Bereits heute wäre der natürliche Schwankungsbereich überschritten, hieß es. Wie sich später herausstellte wurde im Übereifer dabei wohl in einigen Fällen bewusst „graue“ Literatur gegenüber der begutachteten, offiziellen Literatur bevorzugt.
Ein paar Jahre später sieht es dann doch wieder etwas anders aus, und das sorgfältig konstruierte Katastrophen-Kartenhaus beginnt zu bröckeln. Tja, ganz so schlimm ist es dann doch nicht, heißt es nun plötzlich. Etliche Extremwetterkategorien sind mittlerweile aus der Argumentation herausgefallen, und man konzentriert sich mittlerweile auf einige wenige verbliebene Bösewichte, die man umso mehr hegt und pflegt.
Im März 2012 erschien der erste Extremwetterbericht des Weltklimarats. Nach üblichem Muster war die Zusammenfassung bereits Ende 2011 einige Wochen vor der Klimakonferenz in Durban herausgegeben worden. Schwer zu sagen, ob der Haupttext damals überhaupt schon fertig war, auf dem die Zusammenfassung doch eigentlich basieren sollte. Ein fragwürdiges Verfahren. Auch die Medien verspürten damals Unbehagen. Klaus-Eckhard Puls hat die kritischen Pressestimmen von damals in einem Artikel auf EIKE feinsäuberlich zusammengefasst. So brachte etwa Spiegel Online im November 2011 den Beitrag ‚Report zum Extremwetter – Uno versagt bei Aufklärung über Klimawandel‘ und ärgerte sich:
„Die Präsentation des neuen Klimaberichtes jedoch zeigt, daß es gleichgültig zu sein scheint, was Wissenschaftler in jahrelanger harter Arbeit herausfinden – die Botschaft ist immer die gleiche: Alles wird schlimmer.“
Als jetzt der 592-Seiten starke Bericht im März 2012 endlich herauskam, konnte man dort die üblichen Warnungen vor stärkeren Tropenstürmen, Sturmfluten an der Küste, Überflutungen im Inland durch Starkregen, Dürren und Hitzewellen wiederfinden. Gerne griff die Presse die schöne Schockergeschichte auf und berichtete ausgiebig (siehe z.B. Artikel in der Zeit, proplanta.de, NZZ, Handelsblatt, Blick). Allerdings sucht man nach einem wichtigen Punkt vergeblich. In der Rubrik Frequently Asked Questions des Berichts wird nämlich ausgeführt:
„FAQ 3.1 Wird das Klima extremer werden? […] Keine der Methoden ist bislang ausreichend weit entwickelt, als dass wir diese Frage mit Sicherheit beantworten könnten.“
Welch Überraschung. Erst werden die ganzen schönen Katastrophenszenarien aufgebaut, und dann will niemand die Verantwortung für die Prognosen übernehmen. Von den Politikern hingegen wird erwartet, dass sie ganz schnell und ganz tief in die Tasche greifen, um die vermeintlich schuldige Wirtschaftslandschaft komplett umzukrempeln (siehe Kapitel 8 in „Die kalte Sonne„). Vermutlich meinte Die Zeit u.a. auch dieses Statement als sie die Antworten des Berichts als „differenziert“ und „extrem vorsichtig“ formuliert bezeichnete, so „dass sich jeder Katastrophismus-Vorwurf erübrigen dürfte.“
Da scheint Die Zeit ihre Rechnung aber ohne Thomas Stocker von der Universität Bern gemacht zu haben. Stocker ist Co-Editor des Extremwetterberichts und Vorsitzender der Arbeitsgruppe “Wissenschaftliche Grundlagen” des Weltklimarats IPCC. Vom Konstanzer Südkurier wurde Stocker gefragt, wie sich das Extremwetter in Mitteleuropa wohl zukünftig entwickeln würde. Stocker:
„Wir erwarten, dass sich die Anzahl der Hitzetage, aufgrund des Klimawandels in den mittleren Breiten der Erde, um bis Faktor zehn erhöhen wird.“
Haben wir richtig gehört? Zehnmal mehr Hitzetage als heute? Das wäre wirklich eine wahrhaftige Katastrophe. Der Südkurier kann es offenbar auch nicht recht glauben und rechnet Stocker vor, dass auf diese Weise aus 15 Hitzetagen schnell 150 werden könnten. Ob er das wohl so gemeint hätte. Stocker weicht keinen Zentimeter von seiner Katastrophenlinie ab und entgegnet trocken:
„Ja. Diese Ausweitung der Hitzeperiode wird den Menschen natürlich zu schaffen machen.“
Mit dieser schönen Angstkulisse im Hintergrund, fordert er sogleich die Regierungen „zu schnellem Handeln“ auf. Geradezu unverantwortlich, wenn man dieser Aufforderung nicht schleunigst folgen würde, könnte man denken.
Schaut man sich eine solche Hitzetag-Kurve einmal genauer an (siehe Beispiel in Abbildung 1), so ist in der Tat eine gewisse Kopplung der Hitze an die Temperaturentwicklung zu erkennen, was ja im Grunde auch intuitiv zu erwarten wäre. Voraussetzung für eine gute Hitzetag-Vorhersage ist jedoch eine verlässliche Temperaturprognose. Und gerade hier hapert es. Die von Stocker zitierte „Verzehnfachung“ der Hitzetage basiert alleinig auf der massiv überzogenen Erwärmungsprognose des Weltklimarats. Dabei wird das gleiche fragwürdige Klimamodell verwendet, das auch den Temperaturstopp der letzten 12 Jahre nicht vorhersagen konnte und natürliche Klimafaktoren wie die Sonne und Ozeanzyklen drastisch unterschätzt.
Abbildung 1: Anzahl der jährlichen Hitzetage in Zürich für die vergangenen 50 Jahre. Abbildungsquelle: metheo.
Im Bericht ist zu lesen, dass extreme Temperaturen und Hitzewellen seit 1950 zugenommen hätten (z.B. Focus, NZZ). Schön, das mag ja sein. Aber ist dies nicht irgendwie auch zu erwarten während des Höhepunktes der Modernen Wärmeperiode? Leider gab es vor 1000 Jahren während der Mittelalterlichen Wärmeperiode noch kein ausgedehntes Wetterstationsnetz wie heute. Nicht auszuschließen, dass es damals ähnliche Hitzewellen gegeben hat, die erst durch die darauf folgende Abkühlung der Kleinen Eiszeit abgeebbt sind.
Auch Stockers Kollege im Herausgeber-Gremium des IPCC-Extremwetterberichts, Chris Field, scheint die FAQs seines eigenen Berichts und den „extrem vorsichtigen“ Zeit-Artikel nicht richtig zu kennen. Im Focus wird Field zitiert:
„Die Hauptnachricht des Reports ist, dass wir genug wissen, um gute Entscheidungen über das Risikomanagement von klimaabhängigen Katastrophen zu treffen“
Ein Hauptkritikpunkt in der Vergangenheit am IPCC war, dass Aussagen zu sehr auf monetären Schadenssummen aufgebaut haben. Im Extremwetterbericht versuchte man diesmal den Kritikern gleich von vorneherein den Wind aus den Segeln zu nehmen (siehe auch Washington Times hierzu):
„Dass in den vergangenen Jahrzehnten die Opferzahlen und Schadenssummen gestiegen sind, lasse sich mit der steigenden Zahl potenziell Betroffener und mit den wachsenden ökonomischen Werten erklären. Ein Faktor dafür ist, dass ausgerechnet unsichere Orte die Menschen anziehen, etwa Flussdeltas, wo Sturm, Flut oder Hochwasser sich besonders verheerend auswirken.“
Ein beliebtes Extremwetter-Thema sind schon immer die tropischen Wirbelstürme gewesen. Hier differenziert der IPCC seit Neuestem etwas stärker. Während die Stärke der Tropenstürme weiter ansteigen soll, würde die Anzahl der Stürme gleichbleiben oder sogar sinken. Kleiner Plausibilitäts-Check: Wie begründet der Weltklimarat eigentlich die zukünftig ansteigende Intensität der Wirbelstürme? Dies geschieht offenbar rein physikalisch. Wärmeres Wasser produziert mehr Wärme, aus denen sich die Wirbelstürme ernähren. Wenn dies so wäre, dann hätte die Wirbelsturm-Energie in den letzten Jahrzehnten eigentlich zunehmen müssen. Hat sie aber nicht. Ein Blick in die begutachtete, neuere Literatur bringt Klarheit. Ryan Maue von der Florida State University veröffentlichte 2011 in den renommierten Geophysical Research Letters eine Untersuchung zur Entwicklung der Wirbelsturm-Energie der vergangenen 40 Jahre. Einen einheitlichen Anstieg der Energie konnte er nicht feststellen. Ganz im Gegenteil: In den letzten 15 Jahren ist die Wirbelsturm-Energiemenge sogar deutlich gefallen (Abbildung 2) (siehe auch Beitrag in der Washington Times). Die IPCC-Wirbelsturmprognose ist daher höchst fragwürdig.
Abbildung 2: Entwicklung der tropischen Wirbelsturmenergie während der letzten 40 Jahre. Ein Trend zur Intensivierung ist nicht zu erkennen. Abbildung aktualisiert nach Maue (2011).
Auch bei anderen Extremwetter-Phänomenen kann der angebliche Verschlimmerungstrend nicht so ohne weiteres festgestellt werden. Trends über wenige Jahrzehnte, also zum Beispiel das Satellitenzeitalter, sind oft viel zu kurz, als dass die natürliche Schwankungsbreite und mögliche natürliche Steuerungsfaktoren identifiziert werden könnten. So waren Dürrezyklen in der Vergangenheit oft an solar-gesteuerte Klimazyklen im 1000er-Jahresmaßstab gekoppelt (siehe z.B. unsere Blog-Beiträge „Dürre Beweislage für mehr Dürren“ und „Sonnenaktivität führte die Oberaufsicht über den Regen in Maine“ und „Sonnenaktivität steuerte den südamerikanischen Monsunregen während der letzten 1500 Jahre“). Ähnliches gilt für Überschwemmungskatastrophen, wo zusätzlich auch Ozeanzyklen eine prominente Rolle spielen (siehe unseren kürzlichen Blogartikel „Mehr Überschwemmungen? Vermutlich eher nicht“). Zudem scheint die mitteleuropäische Sturmtätigkeit gar nicht an die Temperatur gekoppelt zu ein, wie ein signifikantes Sturm-Maximum im späten 19. bis frühen 20. Jahrhundert zeigt, das Europa einige Dekaden lang ordentlich durchpustete (siehe S. 202-208 in „Die kalte Sonne“). Überzeugende Häufigkeitskurven der verschiedenen Klimaextreme mit geeigneter Zeitabdeckung sind im gesamten Extremwetterbericht des IPCC absolute Mangelware. Hieran wäre schnell deutlich geworden, wie die kurzen Trends der letzten Dekaden und 150 Jahre einzuordnen sind.
Letztendlich basieren viele der Extremwetterwarnungen auf theoretischen Modellen, deren allgemeine Gültigkeit nicht mit letzter Sicherheit gewährleistet werden kann. Zu allem Überfluss wird in die wackeligen Extremwetter-Modelle dann auch noch die drastisch überzogene Temperaturprognose des IPCC-Berichts von 2007 eingespeist, so dass gänzlich unrealistische Ergebnisse aus den Modellierungen herauskommen.
Die hier vorgebrachten Bedenken sind nicht neu und wurden bereits in der Fachliteratur geäußert. Wieso entschied sich der IPCC gegen diese Interpretationsmöglichkeiten? War das Qualitätssicherungskonzept effektiv genug? Zu diesem Thema wurde vor kurzem die Zürcher ETH-Assistenzprofessorin Sonia Seneviratne von der Universitätszeitung ETH Life befragt. Seneviratne war als koordinierende Leitautorin an einem der neun Kapitel des IPCC-Extremwetter-Berichts beteiligt.
ETH Life: Sie und die mitwirkenden Autoren haben dafür rund 1100 Publikationen über Extremereignisse zusammengetragen. Wie sind Sie vorgegangen?
Seneviratne: Wir haben nicht bei Null angefangen. Es gab zuvor Berichte vom IPCC, die Aspekte dieses Themas behandelt hatten.
Es stellt sich die Frage, ob es nicht vielleicht sogar besser gewesen wäre, wenn man bewusst bei Null begonnen hätte, denn gerade die vorangegangenen Berichte des IPCC erwiesen sich im Extremwetterbereich als fehlerhaft. Ein kompletter, ergebnisoffener Neuanfang wäre sicherlich hilfreich gewesen. Schauen wir mal weiter:
ETH Life: Ist die Qualitätssicherung neu beim IPCC, und Reaktion auf Fehler die im AR4 gefunden wurden?
Seneviratne: Nein, die Qualitätsansprüche bestanden schon immer. Aber wir sind dadurch natürlich sensibilisiert und schauen noch genauer, damit keine Fehler entstehen.
ETH Life: Wie sind sie mit gegenläufigen Studien umgegangen?
Seneviratne: Wir haben Gegensätze geschildert und eine objektive Synthese dazu erarbeitet.
Objektiv natürlich nur aus Sicht der zuvor sorgsam ausgewählten Leitautoren. Querdenker wird man wohl auf diesem Posten vergeblich suchen. So wird aufgrund von groupthink aus „objektiv“ schnell „subjektiv“…
PIK-Extremwetterstudie
Zur medialen Untermauerung des IPCC-Extremwetterberichts erschien hierzu in zeitlicher Nähe im IPCC-lastigen Fachblatt Nature Climate Change ein Aufsatz von Dim Coumou und Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). In einer begleitenden Pressemitteilung schrieb das PIK Ende März 2012:
„Das vergangene Jahrzehnt war eines nie dagewesener Wetterextreme.“
Im Prinzip braucht man die Meldung gar nicht weiterzulesen, denn bereits der erste Satz ist aus wissenschaftlicher Sicht höchst fragwürdig. Das Institut verwendet hier bewusst den Ausdruck „nie dagewesen“ (auf englisch: „unprecedented“). Unweigerlich muss der Leser hier annehmen, es gehe um die gesamte Erdgeschichte, also die letzten viereinhalb Milliarden Jahre. Auf diese Weise soll die angebliche Einzigartigkeit der letzten Dekade und die Handlungsdringlichkeit unterstrichen werden. Die Presse greift den Gedanken bereitwillig auf (z.B. ORF, BR). In der gleichen Pressemitteilung betont Hauptautor Dim Coumou, die Häufung von Wetterrekorden sei „nicht mehr normal“.
In Wirklichkeit haben die Autoren lediglich Daten für die letzten hundert Jahre herangezogen, zum Teil gehen sie auch in die Kleine Eiszeit zurück. Vor der Mittelalterlichen Wärmeperiode, die klimatisch mit der heutigen Modernen Wärmeperiode vergleichbar ist, scheuen sie bewusst zurück. Hier würde nämlich schnell deutlich werden, dass die angeblichen Rekorde und Superlative lediglich eine Wiederholung des immer gleichen natürlichen, ganz normalen Musters darstellen.
Die PIK-Forscher zählen in ihrer Publikation und ihrer Pressemeldung lange Listen mit Wetterextremen auf und hoffen damit bei den Lesern zu punkten. Was der Leser meist nicht weiß: Ähnlich schaudrige Aufzählungen ließen sich für jedes einzelne Jahr der letzten 100 Jahre machen (z.B. EM-DAT Datenbank). Aber der Trick funktioniert. Das in pink gehaltene Webportal Frauenzimmer (powered by VOX) berichtet ängstlich über die furchteinflößenden Prognosen der weisen Männer aus Potsdam (weitere Berichte in „Der grüne Presseservice“ agrar-presseportal.de, Die Welt, Hamburger Abendblatt, ovz-online.de, RTL, Potsdamer Neueste Nachrichten, Spiegel Online, t-online, Focus).
In der Vergangenheit sind bei großen Wetterkatastrophen die IPCC-Vertreter stets reflexartig aus Ihren Bürostühlen aufgesprungen und erzählten mit besorgten Gesichtern jedem offenen Mikrofon, dass wir gerade eine weitere Episode der lawinenartig abgehenden Klimakatastrophe miterleben würden. Leider erschienen in vielen Fällen dann einige Monate später wissenschaftliche Arbeiten, die die Ereignisse realistischer einstuften und sie als Teil der normalen Wettervariabilität identifizieren konnten. Aus diesem Grund haben die beiden PIK-Autoren nun ihre Strategie etwas verfeinert, um nicht in jedem Einzelfall die anthropogene Ursache der Wetteranomalie beweisen zu müssen. Dim Counou sagt hierzu in der PIK-Pressemitteilung:
„Im Einzelfall lässt sich die Erderwärmung als Ursache meist nicht dingfest machen – in der Summe aber wird der Zusammenhang mit dem Klimawandel deutlich.“ Dies hat seine Untersuchung von Daten und Studien ergeben. „Das Ganze ist keine Frage von Ja oder Nein, sondern eine Frage von Wahrscheinlichkeiten“, erklärt Coumou. Die Häufung von Wetterrekorden, sagt er, ist nicht mehr normal. „Es ist wie ein Spiel mit gezinkten Würfeln“, so Coumou. „Eine Sechs kann es auch so ab und zu mal geben, und man weiß nie, wann das passiert. Aber jetzt gibt es viel öfter die Sechs. Weil wir den Würfel verändert haben.“ Die vergangene Woche illustriert dies: In Nordamerika wurden allein zwischen dem 13. und 19. März an mehr als eintausend Orten historische Wärmerekorde übertroffen.
Wärmerekorde als Beweis der Klimakatastrophe. Achso. Und wie steht es dann eigentlich mit den vielen Kälterekorden der vergangenen Winter? (Siehe „Die kalte Sonne“ S. 96-98). Die sind natürlich ebenfalls Beweis für die Klimakatastrophe, erklärte uns jedenfalls im Januar 2012 das IPCC-dominierte Alfred-Wegener-Institut. Eine ganz ausgezeichnete Beweisführung!
Apropos gezinkte Würfel. Sind bei dieser besonderen Art der Extremwetteranalyse nicht vielmehr gezinkte Karten im Spiel? Bei Statistiken mit Daten weniger Jahrzehnte können beobachtete Häufungen nicht zuverlässig als natürliche Muster erkannt werden und auf diese Weise die Entwicklung fälschlicherweise als vom Menschen verursacht fehlinterpretiert werden.
In der medialen Vermarktung ihrer Studie zitieren die beiden PIK-Autoren den schillernden Jim Hansen, der bereits 1988 in einer Anhörung vor dem US-Kongress forderte, dass „es Zeit dafür ist, mit so viel Herumgeschwafel aufzuhören und zu sagen, dass die Hinweise sehr stark sind, dass der Klimawandel da ist“. Hansens extreme Denkweise wurde kürzlich von Dirk Maxeiner in einem Artikel für die Basler Zeitung in Erinnerung gerufen. Maxeiner: „Für den bekannten amerikanischen Klimaforscher James Hansen stellt sich mit Blick auf kalbende Gletscher die Frage: ‘Können diese krachenden Eismassen als eine Kristallnacht dienen, die uns aufweckt?’ Angesichts eines mit Kohle beladenen Güterzuges fühlte [Hansen] sich zu der Bemerkung veranlasst: ‘Wenn wir es nicht schaffen den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern, dann sind dies Todeszüge – nicht weniger grausam als die Waggons, die ins Krematorium fuhren.’ Auch hatte Hansen im Jahr 1986 noch eine Erwärmung um 3-4°C bis 2010-2020 vorhergesagt, deren offensichtliches Ausbleiben er uns doch bitte etwas genauer erklären sollte. Außerdem warnte Hansen vor einem kurz bevorstehenden Versinken von New York in den Meeresfluten, was sich ebenfalls als krasser Fehlschlag herausstellte. Eine schöne Übersicht über Hansens fragwürdige Prognose-Vergangenheit gibt es übrigens auf hauntingthelibrary.
Die Potsdamer lieben Hansen trotzdem und sehen Hansen bestätigt:
„Wir schließen, dass jetzt – mehr als 20 Jahre später – die Hinweise stark sind, dass menschengemachte beispiellose Hitze- und Regenextreme Realität sind – und großes menschliches Leid verursachen.“
Die Augsburger Zeitung berichtet ebenfalls über die PIK-Studie, ergänzte ihren Text jedoch mit einem Zusatz, der es – vermutlich ungewollt – auf den Punkt bringt:
„Die weltweiten Wetterextreme der vergangenen Jahre sind kein Zufall“.
Damit liegt die Zeitung goldrichtig. Denn mit Zufall hat das Ganze wirklich herzlich wenig zu tun. Sieht man einmal von der anthropogenen Erklärungsmöglichkeit für einen Moment ab, bilden selbstverständlich auch die natürlichen Klimamuster, geprägt durch Sonnenaktivitäts- und Ozeanzyklen, einen effektiven Steuerungsrahmen für die Entwicklung von Extremwetter. Um diesen besser zu verstehen, sind detaillierte Analysen der Extremwetterentwicklung der letzten hunderten und tausenden von Jahren mithilfe von historischen, archäologischen und geologischen Methoden notwendig. Die Vergangenheit ist der Schlüssel zur Zukunft.
Videotip: „Wetterfrosch“ Michael Sachweh vom Bayerischen Rundfunk wird im Interview gefragt, ob das Wetter in letzter Zeit launenhaufter geworden ist. Klare Antwort: Nein.
Abbildungsquelle Foto: Wikipedia/Deutsches Bundesarchiv. Mit Dank an Rainer Hoffmann für den Videotip.