In unserer kleinen Dürrekunde geht es heute nach Mitteleuropa und Skandinavien.
Das Frühjahr 2012 war in Europa trockener als sonst. Steckt der Klimawandel dahinter? Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ging der Sache nach und kam in einer Spezialstudie zur Niederschlagsentwicklung der letzten 100 Jahre zu einem klaren Ergebnis (Zitat von S. 11):
Die Zeitreihen der Gebietsmittel der Niederschlagssummen in den einzelnen Jahreszeiten (in Abb. 9 für Winter und Frühjahr dargestellt) zeigen für keines der [untersuchten europäischen] Gebiete einen markanten Trend, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Jahr-zu-Jahr-Variabilität. Jahreszeiten von unter- und übernormalem Niederschlag wechseln in der Regel häufig ab.
Auch in Portugal machte die Dürre den Menschen zu schaffen. Wie ist die dortige Trockenphase von 2012 einzuordnen? Der DWD erläutert (auf S. 20):
Langzeittrends von Dürreereignissen in Portugal wurden z.B. kürzlich von Martins et al. (2012) anhand von verschiedenen Dürreindizes für den Zeitraum ab 1941 untersucht. Dabei ergaben sich keinerlei Anzeichen für eine Veränderung der Dürrehäufigkeit. Dies steht im Einklang mit den o.g. weitgehend fehlenden jahreszeitlichen Trends des Niederschlages auf der Iberischen Halbinsel.
Offensichtlich steckt also nicht der Klimawandel hinter der europäischen Dürre 2012. Was könnte aber dann die Ursache sein? Der DWD hat die Daten analysiert und klärt auf (S. 27):
Die hauptsächliche meteorologische Ursache der Dürre [2012] wie auch der vorherigen im Frühjahr und im Herbst 2011 war ein ausgedehnter und verstärkter Hochdruckeinfluss in diesen Gebieten. Nach Sichtung der entsprechenden Daten und auch nach einigen neueren Untersuchungen in der Literatur besteht ein dringender Verdacht, dass in allen diesen Fällen ein über 2 Jahre anhaltender La Niña-Einfluss bzw. zwei direkt aufeinanderfolgende La Niña-Ereignisse die Hauptursache dafür waren, in Verbindung mit einer positiven Nordatlantik-Oszillation.
Mit Dank an notrickszone. Siehe auch Bericht auf EIKE.
Schauen wir jetzt in der Tschechischen Republik vorbei. Brázdil et al. untersuchten in einer 2013 im Fachmagazin Climate of the Past erschienenen Studie die Dürrehäufigkeit in diesem Land für die letzten Jahrhunderte. Jahrhundert-Dürren traten in den Jahren 1834, 1842, 1868, 1947 und 2003 auf. Dabei fallen die ersten drei Ereignisse in die Kleine Eiszeit. Längerfristige Dürreperioden gab es 1863-1874 und 2004-2012. Offensichtlich sind Dürren kein ausschließlich modernes Phänomen in der Tschechischen Republik.
Weiter geht’s mit Großbritannien. Nach dem nassen Rekordwinter 2013/2014 („UK weather: Winter wettest ever, says Met Office“) und dem außergewöhnlich feuchten Frühling und Sommer 2012 („wettest April in 100 years“) kann man im Fall der Britischen Inseln nicht gerade von einem gefährlichen Wassermangel sprechen. Wie sieht die Situation im längerfristigen Kontext aus? Rinne et al. haben anhand von Sauerstoffisotopenmessungen an Baumringen die Niederschlagsentwicklung Südenglands für die vergangenen 400 Jahre rekonstruiert. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team im Januar 2013 in den Quaternary Science Reviews. Die Forscher fanden starke natürliche Schwankungen der Niederschläge im Jahrzehnt- und Jahrhundertmaßstab. Die trockensten Phasen stellten sie im frühen und mittleren 17. Jahrhundert sowie im späten 20. Jahrhundert fest. Auszug aus der Kurzfassung:
We present an annually resolved reconstruction of precipitation based upon oxygen isotope variations in tree ring cellulose covering the most recent ∼400 years for England. The May–August precipitation series, which was formed by combining reconstructed values based on oxygen isotope composition (δ18O) in tree ring cellulose of pedunculate oak (Quercus robur) (1613–1893) and instrumental data (1894–2003), indicates significant decadal and centennial precipitation variability culminating in dry conditions in the early-middle 17th century and the late 20th century.
Einen Monat zuvor, im Dezember 2012 war bereits im Journal of Hydrology eine Arbeit von Hannaford und Buys erschienen, die die Abflussraten britischer Flüsse für die vergangenen 40 Jahre untersuchte. Überzeugende Langzeittrends fanden die Forscher nicht. Die Wissenschaftler weisen zudem daraufhin, dass die reale Entwicklung von den Klimamodellen nicht nachvollzogen werden kann. Auch ist die reale Entwicklung sehr viel komplexer als die simplistischen theoretischen Modellierungen. Auszug aus der Kurzfassung:
In summer, there is no compelling evidence for a decrease in overall runoff or low flows, which is contrary to trajectories of most future projections. Overall, the results do not suggest immediate concern for current water resource management on the basis of observed trends alone; however, the differences between observations and model projections suggest these findings should not be viewed complacently, and greater reconciliation between data- and model-based assessments should be sought as a basis for informing water management decisions. The spatial heterogeneity of observed trends (in the lowlands of southeast England especially) suggests caution is needed in extrapolating from small catchments to large regions; understanding this heterogeneity is a major topic for future research.
Mit Dank an den NIPCC.
Schließlich noch einen Sprung nach Skandinavien. Ein Team um Gunhild Rosqvist untersuchte anhand von Isotopen in Seenablagerungen die Niederschlagsgeschichte für die vergangenen 1000 Jahre. Überraschung: Die trockensten Jahre des letzten Jahrtausends ereigneten sich zwischen 1600 und 1750, mitten in der Kleinen Eiszeit. Seitdem ist es tendenziell wieder feuchter geworden. Die Arbeit erschien im April 2013 in den Quaternary Science Reviews.
Schaut man sich die starke natürliche Variabilität der Dürren in Europa für die vergangenen Jahrhunderte an, und berücksichtigt die leider noch immer schlechte Vorhersageleistung der Klimamodelle bei den Dürreprognosen, so wundert man sich doch sehr, wenn fragwürdige Studien mit theoretischen Dürreapokalypsen Europa in klimaalarmistische Panik zu versetzen suchen.