Im Juni 2012 informierte die Hilfsorganisation ‚Diakonie Katastrophenhilfe‘ im Presseportal.de über eine humanitäre Katastrophe im Sahel:
WESTSAHEL: FLUCHT, DÜRRE UND INSEKTENPLAGE
KAMPAGNE 2012 BEGINNT AM WELTFLÜCHTLINGSTAG: LAGE SPITZT SICH ZU
Aus Anlass des Weltflüchtlingstags erinnert die Diakonie Katastrophenhilfe daran, dass im Sahel wegen Gewalt und schwerer Dürre hunderttausende Menschen auf der Flucht sind. Allein in Mali sind über 320.000 Menschen vor Kämpfen zwischen Armee, Tuareg-Rebellen und islamistischen Gruppen geflohen, 170.000 davon in Nachbarländer. Der Weltflüchtlingstag ist auch Auftakt der zweimonatigen Kampagne 2012 des evangelischen Hilfswerks zu Flucht und Vertreibung. Motto ist: „Die größte Katastrophe ist das Vergessen“. Im Blick auf die Rio+20-Konferenz betont Martin Kessler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, dass Flucht im Sahel auch in Verbindung mit dem Klimawandel zu sehen ist. Aufgrund einer verheerenden Dürre im westlichen Sahel sind zurzeit rund 18 Millionen Menschen vom Hunger bedroht, 1,1 Millionen Kinder sind bereits schwer unterernährt. Im Niger sind schon erste Hunger-Flüchtlinge beobachtet worden. Die Lage spitzt sich zu. Die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt mit dem Hilfswerk der evangelischen Kirchen in Burkina Faso und im Verbund des weltweiten kirchlichen Hilfsnetzwerks ACT Alliance Flüchtlinge aus Mali sowie die lokale Bevölkerung im Norden des Landes. „Im Westsahel herrscht eine Hungerkrise, deshalb müssen wir jetzt helfen, um Schlimmeres zu verhindern“, so Simon Herten, Büroleiter der Diakonie Katastrophenhilfe im Tschad.
In der Tat eine prekäre Lage für die Bevölkerung. Eine der Hauptursachen des Chaos wird im Beitrag genannt: Bewaffnete Konflikte machen den Menschen das Leben in der Sahelregion zur Qual. Europa hat jahrhundertelang unter dem Kriegsproblem gelitten, nun ist seit 70 Jahren endlich Stabilität eingekehrt. Wie könnten wir den Sahelstaaten helfen, zum Frieden zurückzukehren? Schwierig. Es handelt sich um souveräne Staaten. Es geht um Macht, Rivalitäten, Stammesstolz und natürlich viel Geld. Da will man sich nicht gerne hineinreden lassen.
Anhänger der Klimakatastrophentheorie hatten zwischenzeitlich versucht, die afrikanischen Kriege im Sahel und Ostafrika als Folge des Klimawandels zu verkaufen. So legte im Januar 2014 Stefan Mutz eine Bachelorarbeit mit dem Titel „Krieg und Frieden im Angesicht des Klimawandels: Eine Analyse der vom anthropogenen Klimawandel ausgehenden Konfliktrisiken“ vor. Erfahrene Forscherteams hatten die Frage jedoch bereits eingehend untersucht und erteilen dem Konzept eine Absage. Eine norwegische Forschergruppe um Tor Benjaminsen vom Life Sciences & Peace Research Institute Oslo hatte im Januar 2012 Journal of Peace Research die Studie „Does climate change drive land-use conflicts in the Sahel?” veröffentlicht. Die Wissenschaftler fanden, dass das Klima keine große Rolle in der Entwicklung der Sahel-Konflikte spielt. Vielmehr sind die Hauptgründe im Streit zwischen Landwirten und Viehhaltern, fehlender politischer Führung sowie Selbstbereicherung zu suchen. Im Folgenden ein Auszug aus der Kurzfassung:
A comparison of the conflict data with statistics on contemporaneous climatic conditions gives little substance to claims that climate variability is an important driver of these conflicts. Second, we carried out a qualitative analysis of one of the many land-use conflicts in the region. Again, we find that factors other than those directly related to environmental conditions and resource scarcity dominate as plausible explanations of the violent conflict. We argue that three structural factors are the main drivers behind these conflicts: agricultural encroachment that obstructed the mobility of herders and livestock, opportunistic behavior of rural actors as a consequence of an increasing political vacuum, and corruption and rent seeking among government officials.
Eine frühere Untersuchung hatte bereits das Konzept von Klimakriegen in Ostafrika verworfen (siehe unseren Blogartikel „Aktuelle Studie der University of Colorado bringt Klarheit: Keine Klimakriege in Ostafrika“). Neben den kriegerischen Querelen kam 2011/2012 jedoch in der Tat noch eine schlimme Dürre dazu, was die Situation besonders kompliziert machte. Der Deutsche Wetterdienst schrieb hierzu im Oktober 2012:
[2012] gab es mehrfach Berichte über extreme Trockenheit und damit verbundener Nahrungsmittelknappheit in der Sahelzone und angrenzenden Gebieten, wobei insbesondere die Staaten Burkina Faso, Mali, Niger und Tschad genannt wurden. Diese Nahrungsmittelknappheit war zunächst auf die unterdurchschnittlichen Niederschläge des letzten Jahres [2011] zurückzuführen. Doch auch in der ersten Jahreshälfte 2012 gab es regional Niederschlagsdefizite, was die angespannte Lage noch verschärfte.
Starkniederschläge im Anschluss an diese Dürreperiode führten nachfolgend zu Überschwemmungen, die wiederum einen Teil der Kulturen vernichteten. Im August 2012 trat beispielsweise der Fluss Niger über die Ufer. Dabei kamen allein im Staat Niger mehrere Dutzend Menschen ums Leben, über hunderttausend wurden obdachlos. […]In Westafrika, der Region die hier im Fokus steht, werden die Niederschläge teils durch den sommerlichen Südwestmonsun, vielfach aber auch durch Gewitter, u.a. an Squall Lines, ausgelöst. In den Wintermonaten, wenn der ‚Harmattan‘, ein trockener Passatwind aus nord-östlichen Richtungen, weht, bleibt es dagegen weitgehend niederschlagsfrei. […] Das Jahr 2011 fiel im Vergleich zum Mittel der Jahre 1961-1990 in Niamey und Bobo-Dioulasso deutlich zu trocken aus. Niamey verzeichnete ein Niederschlagsdefizit von 35 %, Bobo-Dioulasso von 26 %.
Erst Ende 2012 entspannte sich die Lage wieder, als der Regen zurückkehrte. Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Kessler, stellt die Dürre 2011/2012 als Folge des Klimawandels dar. Damit steht er allerdings ziemlich alleine da. Vielleicht war Kessler auf einen fragwürdigen Beitrag der Tagesschau vom 15. Februar 2012 hereingefallen, einer Nachrichtenredaktion, die immer wieder durch klimaalarmistische Aktivisten-Meldungen unangenehm auffällt:
Die Menschen in der Sahel-Zone sind auch ein Opfer des Klimawandels, es ist bereits die dritte Dürre innerhalb eines Jahrzehnts. Und viele Menschen, so das Welternährungsprogramm, haben sich von der letzten Trockenperiode im Jahr 2010 noch nicht erholt.
Dabei ist seit längerem bekannt, dass die schlimmsten Dürren im Sahel in den 1970er Jahren wüteten und sich die Lage in den darauf folgenden Jahrzehnten wieder weitgehend normalisierte. Interessanterweise gab es in den 1970er Jahren ernstzunehmende Stimmen, die die Saheldürren mit einer bevorstehenden neuen Eiszeit in Verbindung brachten. Andere wiederum warfen den Menschen im Sahel vor, sie hätten durch falsche Nutzung des Landes die Dürre selbst verschuldet. Der Wiki Bildungsserver Klimawandel erinnert an die wissenschaftshistorischen Irrwege und erläutert in der Folge die wahren Zusammenhänge:
Hatte man ursprünglich angenommen, dass die anthropogenen Veränderungen der Landnutzung der Auslöser der Dürre in den 1970er Jahren waren, so haben Modell-Untersuchungen der jüngsten Zeit gezeigt, dass die primäre Ursache in den klimatischen Randbedingungen lag. Die Vegetationsdecke spielte nur in Rückkopplungen mit dem Klima eine wichtigere Rolle. Über die Mechanismen im Einzelnen bestehen noch Unklarheiten, weshalb die Projektionen im Hinblick auf eine globalen Erwärmung im 21. Jahrhundert z.T. unterschiedlich ausfallen. Entscheidend scheinen die Meeresoberflächentemperaturen der umgebenden Ozeanbecken zu sein, einschließlich einer Fernwirkung des Pazifik. Dabei spielen sowohl die Temperaturgegensätze zwischen Meeres- und Landtemperaturen wie die zwischen den Meeresoberflächentemperaturen auf der Nord- und auf der Südhalbkugel eine Rolle.
Es waren offenbar die Ozeanzyklen, die das Regengeschehen im Sahel maßgeblich mitgeprägt haben und immer noch prägen. Schauen wir uns hierzu zunächst die Niederschlagskurve der letzten 60 Jahre an:
Abbildung 1: Niederschläge im Juni-Oktober in der Sahelzone 1920-2010. Gezeigt ist die Abweichung vom Mittel der Jahre 1950-2010 in mm pro Monat. Quelle: Wiki Bildungsserver.
Kommt Ihnen der Kurvenverlauf auch irgendwie bekannt vor? Richtig, der Zyklus verläuft weitgehend parallel zur Atlantisch Multidekadischen Oszillation (AMO):
Abbildung 2: Ozeanzyklus der Atlantisch Multidekadischen Oszillation (AMO) für die vergangenen 150 Jahre. Quelle: Wikipedia.
Im Großen und Ganzen passt dies auch für die längerfristige Sahel-Niederschlagsstatistik seit 1900:
Abbildung 3: Sahel-Niederschläge der letzten 110 Jahre. Quelle: University of Washington.
Der Zusammenhang zwischen Saheldürren und der AMO fällt nicht nur optisch ins Auge, sondern wurde mittlerweile auch im Rahmen von Forschungsstudien belegt. Im Jahr 2006 veröffentlichten die beiden NOAA-Forscher Rong Zhang und Thomas Delworth in den Geophysical Research Letters eine Arbeit mit dem Titel „Impact of Atlantic multidecadal oscillations on India/Sahel rainfall and Atlantic hurricanes”, in der sie den Zusammenhang belegten.
Auch längerfristig im Maßstab von Jahrtausenden sind in der Saheldürren-Statistik ausgeprägte Zyklen zu erkennen, die durch Sonnenaktivitätsschwankungen oder andere natürliche Prozesse angetrieben werden (siehe unseren Blogartikel „Alle tausend Jahre eine neue Saheldürre – lange vor dem industriellen CO2“).
Im Gegensatz zur Behauptung, das Dürreproblem hätte ich im Sahel in letzter Zeit verschlimmert, stehen die harten Fakten. Forscher fanden nämlich, dass in den letzten Jahrzehnten sowohl der Sahel als auch die Sahara grüner und vegetationsreicher geworden sind (siehe Berichte von der Universität Köln sowie der GWPF).
Interessanterweise könnte sich die Vegetation im Sahel durch die Zunahme des CO2-Gehalts der Atmosphäre bis zum Ende des Jahrhunderts sogar noch weiter verstärken, wie Steven Higgins und Simon Scheiter von der Goethe Universität Frankfurt am Main bzw. der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in einer Studie herausfanden. In einer im August 2012 im Fachmagazin Nature veröffentlichten Arbeit fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass sich im Sahel in den kommenden 80 Jahren Bäume weiter ausbreiten werden und die Graslandschaften allmählich verdrängen. Scinexx meldete hierzu im Juni 2012 (siehe auch Artikel im Standard):
Weite Teile der afrikanischen Savanne könnten bis 2100 zu Wäldern werden. Dies geht aus einer Studie deutscher Forscher hervor. Nach dieser führt die Düngung durch den steigenden Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre in ganz Afrika zu einer dichteren Bewaldung, wenn ein bestimmter CO2-Wert überschritten wird. Da sich diese Schwelle jedoch von Gegend zu Gegend unterscheide, verlaufe der Wandel auf regionaler Ebene nicht synchron, so die Forscher in „Nature“.