Vor sechseinhalb Jahren (im Februar 2012) haben wir unser Buch ‚Die kalte Sonne‚ veröffentlicht. Zeit für eine fachliche Zwischenbilanz. Es mag einige überraschen zu hören, dass sich der größte Teil der Hauptthesen im Buch mittlerweile als vollkommen richtig herausgestellt hat:
1) KLIMAWIRKUNG DER SONNE: Im Buch wird eine Vielzahl von gut dokumentierten Fallstudien aufgearbeitet, die eine deutliche Klimawirkung der Sonne auf Temperatur und Niederschläge beschreiben. Dies steht im krassen Gegensatz zum IPCC-Ansatz in den Klimamodellen, der einen fast vernachlässigbar geringen Einfluss der Sonne auf das Klima in seinen Berechnungen zugrundelegt. Ganz offensichtlich klaffen hier die rekonstruierte Klimageschichte und theoretische Klimamodellwelt krass auseinander. Seit Erscheinen des Buches ist eine große Anzahl weiterer begutachteter Fachpublikationen erschienen, die eine starke solare Beeinflussung des Klimas feststellten. Übersichten auf Google Scholar, Scopus, Maarten Blaauw. Die im Buch identifizierte Diskrepanz besteht weiterhin und gefährdet die Akzeptanz der Klimamodellierungsergebnisse.
2) OZEANZYKLEN: Im Buch wird der systematische Einfluss der 60-jährigen atlantischen und pazifischen Ozeanzyklen (AMO, NAO, PDO) auf das Klima beschrieben und in den Kontext der globalen Temperaturentwicklung der letzten 150 Jahre gesetzt. Während führende Modellierer sie zur Zeit der Buchveröffentlichung noch als unwichtiges Rauschen abtaten, haben die Ozeanzyklen in den letzten Jahren einen regelrechten Durchbruch in der Fachwelt erlebt. Die kühlenden und wärmenden Halbphasen der Ozeanzyklen sind nun anerkannte Klimafaktoren und werden jetzt sogar in vielen Mittelfristprognosen berücksichtigt (siehe z.B. Tung & Zhou 2013, Gervais 2016, Seidov et al. 2017). Die gebremste Erwärmung der letzten anderthalb Jahrzehnte ist Teil dieser Zyklik.
3) MITTELALTERLICHE WÄRMEPERIODE: Vor 1000 Jahren ereignete sich in vielen Teilen der Erde eine natürliche Wärmephase, die mit einer erhöhten Sonnenaktivität zusammenfiel. Klimamodelle können die Warmphase nicht reproduzieren, was nicht verwundert, denn der einzige aktive Wärmetreiber in den Modellen – das CO2 – war weitgehend konstant in den letzten 10.000 Jahren der vorindustriellen Zeit. Um verlässliche Zukunftsprognosen abzugeben, müssen Modelle jedoch zwingend die bekannte Vergangenheit abbilden können, ansonsten ist auch die Qualität ihrer Klimaprognosen fraglich. Der IPCC hat den im Buch bemängelten schwerwiegenden Modellierungsfehlschlag mittlerweile in seinem neuesten Klimazustandsbericht eingeräumt, wenn auch versteckt auf Seite 414 in Kapitel 5.3.5 (Arbeitsgruppe 1). Eine Erwähnung des schweren Mangels in der Zusammenfassung für Politiker unterblieb jedoch, so dass die Erkenntnis der großen Öffentlichkeit verborgen blieb. Die mangelnde Transparenz seitens des IPCC im Umgang mit unbequemen Resultaten verwundert ein ums andere Mal.
4) AEROSOL-JOKER: Im Buch wird die fragwürdige „Joker-Rolle“ der Schwefeldioxid-Schwebstoffe (SO2) in den Klimamodellen kritisiert. Als vor einigen Jahren bekannt wurde, dass der Ruß viel stärker wärmt als vormals angenommen, wurde die plötzlich überschüssige Wärme in den Modellen einfach über das kühlende SO2 aufgefangen. Allein diese Maßnahme erlaubte es den Modellierern, die angesetzte starke Erwärmungswirkung des CO2 beizubehalten. Im anderen Fall hätten die in den letzten 150 Jahren beobachteten Erwärmungsraten die simulierten Raten weit unterschritten und die CO2-Klimasensitivität hätte entsprechend erniedrigt werden müssen. In den vergangenen Jahren hat sich nun jedoch gezeigt, dass die Kühlwirkung der SO2-Aerosole signifikant überschätzt wurde, was in etlichen Fachpublikationen aus dem Bereich der Aerosolforscher deutlich belegt wurde (z.B. Stevens 2015, Malavelle et al. 2017). Der schnell aus dem Ärmel gezauberte Aerosol-Joker ist damit hinfällig, wie im Buch bereits befürchtet.
5) CO2-KLIMASENSITIVITÄT: Hinsichtlich der CO2-Klimasensitivität werden Im Buch Szenarien am unteren Rand der IPCC-Spanne von 1,5-4,5°C pro CO2-Verdopplung diskutiert. Vormals hatte der IPCC einen besten Schätzwert von 3,0°C abgegeben. Eine ganze Reihe von Fachpublikationen bestätigt nun, dass der IPCC die CO2-Klimasensitivität vermutlich lange Jahre lang stark überschätzt hatte. Die Hamburger Stevens-Gruppe errechnet jetzt eine reduzierte Klimasensitivität von nur noch 2,21°C pro CO2-Verdopplung. Andere Arbeiten aus der jüngsten Zeit gehen von ähnlich niedrigen Werten aus, darunter Masters (2014) mit 2,2°C, von der Heydt et al. 2014 mit 2,26°C; Loehle 2014 mit 1,99°C, Skeie et al. 2014 mit 1,8°C, Lewis & Curry 2015 mit 1,64°C und Spencer & Braswell 2014 mit 1,3°C.
6) ENERGIEWENDE: Im Buch wird davor gewarnt, die deutsche Energiewende zu überstürzen, da dies zu einem enormen Kostenrisiko führen würde. Sechs Jahre nach Veröffentlichung dieser Kritik ist nun genau dies eingetreten und gefährdet ernsthaft die Zukunft der schlecht geplanten Energiewende. Viele Medien und Experten teilen jetzt die Sorge (z.B. Daniel Wetzel in der Welt: Kurzschluss bei der Energiewende; Justus Haucap in der FAZ: Deutschlands teurer Energie-Irrweg).
7) BIOTREIBSTOFFE: Im Buch wurde davor gewarnt, dass die Umweltbilanz von Biostreibstoffen weniger gut ausfällt als lange behauptet. In den letzten Jahren wurde dies nun bestätigt und es wurde die traurige Gewissheit erlangt, dass Biostreibstoffe nahezu kein CO2 einsparen und zudem zur Umweltzerstörung beitragen (z.B. Sterman et al. 2018, Gnansounou 2018).
Für eine weitere Prognose aus dem Buch „Die kalte Sonne“ ist es für ein Fazit noch zu früh. Lüning und Vahrenholt rechnen im Buch für die kommenden Jahre mit einer leichten globalen Abkühlung, da sowohl Sonnenaktivität und Ozeanzyklen in eine kühlende Phase eintreten. Da die derzeit erlahmende Sonne aufgrund der trägen Ozeane erst mit mehrjähriger Verzögerung klimatische Wirkung zeigt und vieljährige Mittelwerte zu betrachten sind, wird diese Prognose erst in einigen Jahren überprüfbar.
Zwischenzeitlich nutzten Klimaaktivistenkreise den kurzzfristigen Anstieg der globalen Temperaturen im Rahmen des El Nino 2015/16 und interpretierten dies als angebliches Indiz für das Scheitern der Prognose. Mittlerweile (Stand 2018) sind die Temperaturen jedoch wieder auf das allgemeine Temperaturplateau zurückgefallen, dass seit 2000 herrscht. Die auf Wikipedia verbreitete Graphik wurde indessen auf dem Höhepunkt des El Nino 2016 eingefroren, so dass die enorme nachfolgende Abkühlung dem Wikipdia-Leser verborgen bleibt. Aufforderungen zur Aktualisierung der Graphik blieben ergebnislos, ebenso wie die Aufforderung zur Korrektur und Ergänzung vieler anderer Details im Wikipedia-Artikel zu Sebastian Lüning. Wie in vielen politisch sensiblen Bereichen sind leider auch die Seiten zum Klimawandel auf Wikipedia fest in Aktivistenhand. Die reale globale Temperaturentwicklung laut RSS-Satellitendaten sieht um einiges wenger dramatisch aus als in der Wikipedia-Graphik suggeriert.
Abbildung: Globale Temperaturentwicklung (Anomalien in °C) laut UAH Satellitendaten (via WoodforTrees).