Es tut sich etwas in der Klimaberichterstattung. In der Ausgabe 6/2014 von Bild der Wissenschaft erschien ein lesenswerter Artikel von Nils Ehrenberg, der den Klimaalarmismus kritisch unter die Lupe nimmt. Zu Beginn des Textes darf Jochem Marotzke noch behaupten, alles wäre in klimaalarmistischer Ordnung. Im zweiten Teil erläutert jedoch dann Hans von Storch, wie es zum Extremismus in den Klimawissenschaften kommen konnte. Hier einige Auszüge:
ALARMISTEN STEHEN IM REGEN
Die Zeiten der Horrorszenarien sind vorbei. Immer mehr Klimaforscher setzen auf eine nüchterne Betrachtung – und auf Konzepte, wie die Menschheit mit wärmeren Zeiten fertig werden kann.
von Nils Ehrenberg
[…] Nach Ansicht von [Kommunikationswissenschaftler] Mike Schäfer [von der Universität Zürich] hat sich auch die Art der Berichterstattung deutlich verändert. So finden zwar Klimaskeptiker und Klimaleugner in Deutschland nach wie vor kaum ein Forum in der Presse. Deutlich häufiger als noch vor einigen Jahren wählen Journalisten jedoch sogenannte Klimarealisten als Gesprächspartner – also Wissenschaftler, die sich eher zurückhaltend und vorsichtig zum Thema äußern und vor Alarmismus warnen. „Lange wurde das Thema Klimawandel vor allem von Wissenschaftsjournalisten bearbeitet, die oft selbst eine gewisse Forscherkarriere hinter sich haben“, erklärt Mike S. Schäfer. Durch ihre Nähe zum Forschungsbetrieb und seinen Akteuren fühlten sich viele dieser Journalisten eher als Wissensvermittler denn als kritische „Aufpasser“. Doch nun kämen immer stärker Journalisten aus anderen Ressorts hinzu, die sich vor allem mit den gesellschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels befassen. „Die Folge ist, dass die Berichterstattung über die Klimawissenschaft deutlich kritischer wird.“
Ein kritischer Wissenschaftler ist der Direktor des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht bei Hamburg, Hans von Storch. Zu einseitig, so sein Vorwurf, hätten einige Forscher die katastrophalen Folgen des Klimawandels in den Vordergrund gerückt, Horrorszenarien gezeichnet und dabei viele wissenschaftlichen Unsicherheiten in Sachen Klimawandel außer Acht gelassen. Der Meteorologe machte sich damit zur Zielscheibe für teils heftige Kritik aus den eigenen Reihen.
Wissenschaftler als Weltenretter
Von Storchs Position zur Rolle der Medien ist klar: „Viele haben in der Vergangenheit eine regelrechte Hofberichterstattung betrieben. Forscher gelten da per se als gut: Sie kämpfen an der Seite der Umweltschutzorganisationen für die Rettung der Welt und dürfen deshalb nicht kritisiert werden.“
Hans von Storch spricht sich für eine Gleichbehandlung von Personen des öffentlichen Lebens aus: „Bischöfe kaufen sich teure Badewannen, Schauspieler haben Affären, Politiker gucken fragwürdige Filme.“ Sie alle würden dafür von der Presse zu Recht hart angefasst. „Peer Steinbrück musste sich wegen seiner Vortragshonorare öffentlich rechtfertigen. Aber fragt jemand bei Klimawissenschaftlern nach, ob sie in fragwürdige wirtschaftliche oder politische Interessen verstrickt sind? Nein.“ Dabei meine er nicht „die dumme Behauptung, Skeptiker seien samt und sonders von der Kohle- und Ölindustrie gekauft“.
Doch den größten Fehler sieht er bei der Politik. Diese, meint von Storch, habe schließlich die Linie „alternativloser Klimaschutz“ vorgegeben. „Fatal ist, dass man auf Regierungsebene versucht hat, die politische Debatte abzukürzen, indem man auf die Wissenschaft verwiesen hat.“ Einige Forscher hätten sich dazu verleiten lassen, hier und da für die „gute Sache“ die wissenschaftliche Objektivität flexibel zu handhaben und eine Sicherheit bei den katastrophalen Folgen des Klimawandels vorzugeben, die es vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gar nicht gibt.
„In der Folge gerieten – mit politischer Rückendeckung – verstärkt Experten mit alarmistischen Tendenzen ins Rampenlicht, die im Stil einer Politikberatung den nötigen wissenschaftlichen Unterbau lieferten. Wer Kritik daran äußerte, war ein Ketzer und stand alleine da“, sagt Hans von Storch. „Letztlich hat die Politik von der Wissenschaft etwas verlangt, was diese gar nicht leisten kann.“ Sie sollte den Kampf zwischen Skeptikern und Alarmisten austragen. Es galt: schwarz oder weiß. Die Gegenpole: Der Klimawandel sei mörderisch wirksam und bedrohe unser aller Leben. Oder er sei erstunken und erlogen und behindere den Fortschritt. „Dazwischen gab es nichts“, betont von Storch.
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Mit Dank an Günther Hauck