Was kostet die Dekarbonisierung der Welt?

Von Uli Weber

Es ist immer wieder schön zu hören, dass es hier in Deutschland so viele Menschen gibt, die für eine gute Sache auch gerne ein paar Cent mehr bezahlen. Zwischen 2000 und 2012 hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) inklusive aller Stromsteuern etwa 300 Milliarden Euro eingespielt, und im gleichen Zeitraum hat sich der CO2-Ausstoß der deutschen Energiewirtschaft um etwa 5 Millionen Tonnen CO2 erhöht. Das gut gemeinte EEG hat den CO2-Aussoß aus unserer Stromerzeugung also keineswegs vermindert, denn gut gemeint ist nun mal das Gegenteil von gut.

Bevor wir jetzt also den Führern dieser Welt bedingungslos in die Dekarbonisierung unserer Zivilisation folgen, sollten wir vielleicht doch noch einmal über die Planungskompetenz der Politik im Allgemeinen und die Gültigkeit von Regierungsversprechen im Besonderen nachdenken. Im Jahre 2004 hatte beispielsweise der damals amtierende Umweltminister verkündet,

„Es bleibt dabei, dass die Förderung erneuerbarer Energien einen durchschnittlichen Haushalt nur rund 1 Euro im Monat kostet – so viel wie eine Kugel Eis.“

Schauen Sie ruhig einmal auf Ihre aktuelle Stromrechnung: Ihr EEG-Ablass  plus Steuern beträgt inzwischen dreiviertel Ihrer Stromrechnung, und nur noch 25 Prozent dieser Rechnung bezahlen Sie tatsächlich noch für Ihren Strom. Man könnte auch sagen, das EEG habe inzwischen einen planwirtschaftlichen Kipp-Punkt überschritten und mit seinen Zwangsabgaben zu einer Vervierfachung der Stromkosten in den Privathaushalten geführt. Laut Bundesnetzagentur hat diese ominöse Kugel Eis etwa 350.000 Haushalte in Deutschland überrollt – ihnen wurde im Jahre 2014 zeitweise der Strom abgestellt. Die „Kurzstudie zur historischen Entwicklung der EEG-Umlage“ von Fraunhofer ISE zeichnet diese Entwicklung für den Zeitraum von 2000 bis 2014 sehr eindrucksvoll nach (Abbildung 1).

Abb. 1 (U. Weber, Daten nach Fraunhofer ISE)

 

Dort wird auch deutlich, dass es mit der EEG-Novellierung vom 01.01.2010 zu einer weiteren Kostenexplosion für die Stromkunden gekommen ist, weil seither EEG-Strom nur noch am Spotmarkt der Strombörse verkauft werden darf. Als Folge dieser Novellierung sind die Erlöse für überschüssigen EEG-Strom zusammengebrochen, natürlich ebenfalls zu Lasten der Verbraucher, bei denen dieser Margenverlust zu einer weiteren Erhöhung der EEG-Umlage geführt hat (Abbildung 2).

Abb. 2 (U. Weber, Daten nach  Fraunhofer ISE)

Immerhin können unsere Politiker/innen seither auf niedrige Strompreise als Erfolg des EEG verweisen und gleichzeitig mit ausgestreckten Fingern auf die bösen Stromversorger zeigen, die diese Mondpreise nicht an die Verbraucher weitergeben können. So wurden durch die EEG-Novellierung und unsere eigenen EEG-Zwangsabgaben die vormals wirtschaftlich stabilen Stromkonzerne in die Knie gezwungen. Es bleibt offen, welche Bundeslobbyisten die EEG-Novellierung 2010 zu wessen Nutzen eingefädelt haben mögen, zum Nutzen von Verbrauchern und grundlastfähigen Stromerzeugern jedenfalls nicht. Außerdem wird seit dem Jahre 2003 eine ständig steigende Zahl von Unternehmen von der EEG-Abgabe befreit.

Diese „Industrieprivilegien“, deren anteiliges Netzentgelt zusätzlich auf die verbleibenden Verbraucher umgelegt wird, umfassen bereits knapp ein Fünftel des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Insgesamt hat sich mit diesen beiden Maßnahmen die EEG-Umlage seit 2004 mehr als verzehnfacht. Wenn Ihnen also irgendwann einmal irgendjemand die Dekarbonisierung der Welt für den Gegenwert einer monatlichen Kugel Eis versprechen sollte, dann wissen Sie jetzt Bescheid… Auch aus den Einnahmen unseres Bundesfinanzministers sind die Zwangsabgaben für elektrischen Strom nicht mehr wegzudenken, denn sie generieren praktisch ganz von selbst zusätzliche Steuereinnahmen:

  • 19% Mehrwertsteuer auf die EEG-Abgabe
  • Die Stromsteuer von 2,05 ct/kWh plus 19% Mehrwertsteuer
  • Und, weil diese Zwangsabzüge vom Nettogehalt abgehen, hat der Finanzminister dafür vorher bereits den persönlichen Steuersatz aus der Lohn- und Einkommensteuer kassiert
    (in Abb.3 wurde mit einem mittleren Steuersatz von 25% gerechnet)

Abb.3 (U. Weber)

 

Dieser jährliche Staatsanteil an der Klimakatastrophenverhinderung (Abbildung 3) beträgt inzwischen etwa 20 Milliarden Euro; man könnte also auch sagen, die Klimakatastrophe sei inzwischen staatstragend geworden. Und weil die EEG-Klimaspende ja für einen guten Zweck verwendet wird, spielt es für die breite Öffentlichkeit offenbar auch keine Rolle, dass große Teile davon völlig CO2-unwirksam versickern oder zeitweise an der Strombörse sogar zu negativen Strompreisen führen – natürlich wiederum auf Kosten der nicht privilegierten Stromverbraucher.

Konkrete Planungen für Stromspeicher finden sich in der Strategie des Bundes für die Energiewende dagegen gar nicht, obwohl man damit den EEG-Strom endlich grundlastfähig machen würde und so den Bau zusätzlicher Nord-Süd Stromtrassen vermeiden könnte. Die panische Vorsorge zur Rettung der Welt vor der vermeintlichen Klimakatastrophe gestattet halt keinen Aufschub und schon gar kein Innehalten zum Nachdenken.

Neulich hatte sich übrigens einer der päpstlichen Ablassprediger öffentlich Gedanken über die Selbstverbrennung gemacht, denn jede Selbstverbrennung verstärkt natürlich auch die Klimakatastrophe. Wenigstens dagegen hilft glücklicherweise unser EEG, denn immerhin verhindert es die Selbstverbrennung der EEG-Zwangsabgaben durch deren vormalige Eigentümer und vermeidet damit einen zusätzlichen CO2-Ausstoß. Man könnte sogar sagen, dass das EEG eine umso bessere Klimabilanz entwickeln wird, je weniger Geld die Stromkunden nach Abzug ihrer EEG-Zwangsabgaben noch zur eigenen Verfügung haben. Es steht zu vermuten, dass diese umgekehrte Proportionalität ein Charakteristikum für die globale Dekarbonisierung werden wird.

Schließlich müssen ja künftig mit dieser Kugel Eis auch noch unser Beitrag zum internationalen Klimafonds, die Kosten für den weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie, die Kosten für den Bau von Höchstspannungs-Erdleitungen von Nord- nach Süddeutschland und die Standby-Kosten für konventionelle Reservekraftwerke bezahlt werden. Das Herausrechnen dieser Reservekraftwerke aus der Energieerzeugung dürfte dann auch endlich zu der heiß ersehnten CO2-Minderung durch das EEG führen – jedenfalls bei all denen, deren Glaube stark genug ist, um das Hirn ebenfalls auf Reserve zu schalten…