Von Horst Malberg
Univ. Prof. (A.D.) für Meteorologie und Klimatologie
Die über den Klimawandel und seine primäre Ursache aussagekräftigsten Klima-/ Temperaturreihen finden sich in West- und Mitteleuropa. Dabei reichen die Beobachtungsdaten der Central England Temperatures (CET) bis ins 17. Jahrhundert, die der Mitteleuropareihe (Klimamittel aus Berlin, Basel, Prag, Wien) bis 1701 zurück. Bei der nachfolgenden Analyse ab 1671 wurden für die drei Dekaden 1671-1700 die Mitteleuropatemperaturen aus den CET-Daten abgeleitet (Reduktionsfaktor –0,5°C).
In den Beiträgen zur Berliner Wetterkarte (BWK) SO 29/09 bzw. SO 37/09 war der Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Klimawandel in Mittel- bzw. Westeuropa getrennt untersucht worden. Im ersten Fall konnte dadurch die Auswirkung des integralen solaren Effekts auf einen primär kontinental geprägten, im zweiten auf einen ozeanischen Klimabereich erfasst werden. In Analogie zur Betrachtung des globalen Klimawandels, d.h. des Mittels aus primär ozeanischer Südhemisphäre und stark kontinental geprägter Nordhemisphäre, wird bei der vorliegenden Analyse eine Europa-Temperaturreihe als Mittel aus Central-England-Reihe und Mitteleuropareihe gebildet. Auf diese Weise wird eine repräsentative empirische Aussage über die integralen (direkten und indirekten) Auswirkungen solarer Aktivitätsänderungen auf den Klimawandel seit der Kleinen Eiszeit möglich.
Sonnenaktivität und Temperaturverhalten
In Abb. 1 ist die mittlere Sonnenfleckenzahl je Sonnenfleckenzyklus als Maß für die solare Aktivität wiedergegeben. Deutlich sind sowohl die kurzzeitlichen Fluktuationen als auch die klimarelevanten langzeitlichen Änderungen der Sonnenaktivität zu erkennen. Dem solaren Aktivitätsminimum im 17. Jahrhundert, dem Maunder-Minimum, folgte eine Zunahme der Sonnenaktivität im 18. Jahrhundert: der „ruhigen“ Sonne folgte eine zunehmend „aktive“ Sonne. Am Ende des 18. Jahrhunderts begann erneut eine Phase geringer Sonnenaktivität, das sog. Dalton-Minimum. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte erneut eine anhaltende Phase zunehmender Sonnenaktivität ein. Diese hielt bis zum Ende des 20.Jahrhunderts an. Seither nimmt die Sonnenaktivität wieder deutlich ab. In Abb.2 sind für denselben 330-jährigen Zeitraum die dekadischen Mitteltemperaturen in Europa dargestellt. Auch diese weisen eine hohe Fluktuation auf. Die Ursache dafür sind die vielfältigen
kurzfristigen Einflüssen von Ozean (v.a. El Niño/La Niña), Biosphäre, Sonnenaktivität und Vulkanismus auf die Atmosphäre.
Der langfristige Klimaverlauf wird durch die Ausgleichskurve beschrieben. Dem Temperaturminimum der Kleinen Eiszeit im 17. Jahrhundert folgte ein Temperaturanstieg im 18. Jahrhundert. Am Ende des 18. Jahrhunderts setzte eine rapide Abkühlung ein. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts folgte erneut eine Erwärmung. Diese erreichte 1998 ihren Höhepunkt. Seither stagniert die Temperatur global bzw. weist einen Abkühlungstrend auf. Im Gegensatz zu der globalen Klimareihe seit 1850, die allein die letzte Erwärmung erfasst, also nur eine einzige Phase des Klimawandels der letzten Jahrhunderte, lässt die Europareihe eine Untersuchung des Klimawandels seit der Kleinen Eiszeit zu.
Empirische Klimaanalyse
Wie schon der optische Vergleich von Abb.1 und Abb.2 belegt, weisen die langzeitlichen Kurvenverläufe der solaren Aktivität und der Europa-Temperatur seit 1671 unverkennbar ein synchrones Verhalten auf. Als „Klima“ definiert die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) das Integral über alle Wetter-/Witterungsereignisse, erfasst durch die Mittelwerte, in einem mindestens 30-jährigen Zeitraum. Entsprechend dieser Definition spiegeln daher nicht kurzfristige Sprünge von Jahr zu Jahr oder Dekade zu Dekade, sondern allein die Langfristverläufe den (wahren) Klimawandel wider. In der gegenwärtigen Klimadebatte wird aber ständig gegen die WMO-Definition verstoßen. Wenn es in die Ideologie passt, werden einzelne Wetter-/Witterungsereignisse (Hurrikan „Sandy“, Überschwemmungen) oder einzelne Jahre/Jahreszeiten als Beleg für die anthropogene Erwärmungshypothese angeführt. Äußerungen dieser Art sind unseriös und zeugen von wenig meteorologischem Sachverstand. Entsprechend der WMO-Klimadefinition wurde die Datenanalyse für Klimaperioden von 3 Sonnenfleckenzyklen (im Mittel 33 Jahre) durchgeführt. Da der solare Klimaantrieb kontinuierlich auf unser Klimasystem wirkt, werden der Auswertung gleitende Klimaperioden von 3 Sonnenfleckenzyklen zugrunde gelegt.
weiter lesenKlimawandel seit der Kleinen Eiszeit: Die Wirkung der Sonne wurde unterschätzt