Ein neuer Weltrekord, den keiner hören will: Niedrigster Temperaturanstieg einer 17-Jahresreihe seit Beginn der Satelliten-Temperaturdaten

Der normale Zeitungsleser hat sicher einen Mordsschreck bekommen: Zwischen den Klima- und Umweltkonferenzen in Bonn und Rio verkündete die Presse, dass die 400 ppm CO2-Schallmauer durchbrochen wurde (siehe dazu unseren kürzlichen Blogartikel Hans von Storch ist sauer: Was hat sich die Internationale Energieagentur da nur wieder geleistet?). Runde Zahlen sind immer eine Meldung wert. Überraschend kam der Anstieg trotzdem nicht. Die CO2-Konzentration steigt nämlich jedes Jahr an. Da könnte man jeweils am 1. Januar einen neuen Rekord vermelden, wenn man wollte. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Staatsverschuldung Deutschlands. Die steigt auch ständig an und hätte dafür eine tägliche Rekordmeldung verdient.

Auf Rekordjagd hat sich nun auch das National Climatic Data Center (NCDC) der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) begeben. Und die Behörde wurde fündig. Kürzlich gab das NCDC seine Klimastatistik für Mai 2012 heraus und konnte gleich über zwei neue Bestleistungen und einen Vizerekord berichten. Betrachtet man die globalen Oberflächentemperaturen von Land und Ozean gemeinsam, so hat die Welt soeben den zweitwärmsten März seit Beginn der Aufzeichnungen 1880 erlebt. Im Kampf um die Spitze konnte sich der Mai des Jahres 2010 nur knapp gegen seinen Herausforderer behaupten. Anders sieht es aus, wenn man die Landtemperaturen separat anschaut. In dieser Disziplin wurde der Mai 2012 strahlender Sieger und kann sich nun als wärmster Mai seit Beginn der Aufzeichnungen rühmen. In den Vereinigten Staaten sieht es ähnlich aus. Auch hier wurde der wärmste Mai seit Beginn der Messungen 1895 festgestellt (siehe auch Bericht auf Climate Central und WUWT).

Wenn man sich auf die Satellitendaten konzentriert und die Bodenmessungen ausklammert, relativiert sich der Rekord jedoch wieder ein wenig. In dieser Wertung muss sich der Mai 2012 in den USA mit dem vierten Platz begnügen, sagt Klimawissenschaftler Prof. John Christy von der University of Alabama in Huntsville. Temperaturdaten von Satelliten werden als sehr viel verlässlicher angesehen als Bodenmesswerte, die durch Wärmeinsel-Effekte und andere Störfaktoren beeinflusst werden können. Allerdings gibt es die Satellitenmesswerte erst seit 1979.

Auch die Jahresstatistik für 2011 hat einen viel publizierten Spezialrekord ergeben. 2011 soll das wärmste Jahr mit kühlendem La Nina-Effekt gewesen sein, einem pazifischen Phänomen, das die globale Temperatur leicht nach unten zieht (siehe auch Bericht im Focus). Lässt man den La Nina außen vor, dann sieht es allerdings ziemlich mager aus. In diesem Fall war 2011 leider nur das elftwärmste Jahr seit 1850. Anders ausgedrückt: Offensichtlich war 2011 sogar eines der kältesten Jahre des Temperaturplateaus, auf dem wir uns seit 1998 – also seit nunmehr 14 Jahren – befinden. So könnte man es auch schreiben, wenn man es wollte.

Genug alarmistisch gegruselt und zurück zur Wissenschaft. Höchste Zeit, einmal etwas genauer auf die harten Daten zu schauen. Zu diesem Zweck kommt uns die ausgezeichnete monatliche Faktenzusammenfassung von Climate4you.com wie gerufen. (Falls Sie sich für den kostenlosen Email-Dienst anmelden wollen, finden Sie den Anmelde-Link unterhalb der 2009-2012-Tabelle auf der Climate4you-Startseite). Ein Blick auf die globale Satelliten-Temperaturserie zeigt, dass auch der Mai 2012 keineswegs aus der Reihe tanzt und vielmehr fester Bestandteil des besagten Temperaturplateaus ist (Abbildung 1). Es ist schon erstaunlich, wie hartnäckig sich dieser Erwärmungsstop hält. Keines der vom IPCC verwendeten Klimamodelle hat dieses Plateau vorhergesagt. Auch die vormals hochgepriesenen Temperaturprognosen von Hartmut Graßl und James Hansen schießen turmhoch über die Realität hinaus (siehe unsere Blogartikel Graßl’s Erwärmungsprognose von 1990 droht dramatisch zu scheitern und Was ist eigentlich aus James Hansens Temperaturvorhersage von 1988 geworden? Zeit für eine Überprüfung). Trotz dieser eklatanten Fehlprognosen sind die beiden immer noch gern gesehene Ansprechpartner bei vielen Medien. Verstehe dies wer wolle.

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Mittelalterliche Wärmeperiode und Kleine Eiszeit in Höhlentropfsteinen des Sauerlandes

Tropfsteine stellen ein ausgezeichnetes Klimaarchiv dar. Lage für Lage wird der Kalk übereinander getürmt und speichert dabei wichtige Informationen über das jeweils herrschende Klima. Ein deutsches Forscherteam um Manfred Mudelsee hat nun die methodenbedingte Unschärfe dieser Rekonstruktionstechnik näher unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse veröffentlichte die Gruppe Ende Mai 2012 im Fachmagazin Climate of the Past Discussions. Insbesondere ging es dabei um Messungenauigkeiten der Sauerstoff-Isotopen, die Interpretation der isotopen-chemischen Veränderungen als Klimaparameter wie Temperatur und Niederschlag sowie die Altersdatierung über die Uran-Thorium- und Radiokarbon-Methode.

Für ihre Studie analysierten die Forscher Schwankungen der Sauerstoff-Isotopen in drei Tropfsteinen aus zwei Karst-Höhlen im Sauerland, der Bunker Höhle und der Atta Höhle. Die in den Tropfsteinen gespeicherten Informationen decken die vergangenen 9.000 Jahre ab. Zum Vorschein kamen charakteristische Zyklen im Jahrhundert- bis Jahrtausend-Maßstab.

Über die Klimazyklen in der Bunker Höhle berichteten wir bereits in einem separaten Blogartikel (siehe Klimatanz in der Bunkerhöhle während der letzten 10.000 Jahre im Takte der Sonne). Die hier nachgewiesenen klimatischen Schwankungen verliefen interessanterweise parallel zu den Temperaturänderungen im Nordatlantik. Letztere wurden von einem Team um Gerard Bond vor mehr als zehn Jahren dokumentiert, wobei auffiel, dass sich die Klimawechsel synchron zu Änderungen der Sonnenaktivität ereigneten.

Mudelsee und seine Kollegen verglichen die Isotopenkurven der drei Tropfsteine und fanden die wichtigsten klimatischen Schwankungen in allen untersuchten Exemplaren in ähnlicher Weise wieder. Dies belegten sie mit statistischen Methoden. Während es Unterschiede im quantitativen Verlauf der Kurven gab, stimmten die Trends weitgehend überein. Dies weist auf die Beteiligung von lokalen Einflüssen hin, wohingegen das allgemeine Grundsignal durch einen überregionalen Faktor bestimmt wurde. Die Tropfstein-Methode konnte sowohl in der zeitlichen Auflösung als auch in der Reproduktion von Trends positiv punkten.

Im untersuchten Tropfstein-Klimaarchiv fanden die Forscher auch die Mittelalterliche Wärmeperiode sowie die Kleine Eiszeit wieder. Der Zeitpunkt der Mittelalterlichen Wärmeperiode variierte dabei jedoch zwischen den unterschiedlichen Tropfsteinen und Höhlen. Auch in Punkto Höhe des Wärmeplateaus gab es auffällige Unterschiede. In einem Tropfstein war die Mittelalterliche Wärmeperiode wärmer, in einem anderen kälter und in einem dritten auf einem ähnlichen Niveau wie heute. Auch dies weist auf den zusätzlichen Einfluss lokaler Klimafaktoren hin. 

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Zehntausend Jahre Klimaachterbahn im Nordatlantik: Südlich von Island schwankten die Temperaturen stets um ein Grad

Eine der Hauptfragen in den heutigen Klimawissenschaften ist die Unterscheidung von natürlichen und menschengemachten Temperaturschwankungen. Seit dem Höhepunkt der Kleinen Eiszeit vor 300 Jahren ist die globale Durchschnittstemperatur um etwa ein Grad angestiegen. Wieviel geht hiervon auf das Konto des Menschen? Hat es in der vorindustriellen Vergangenheit eigentlich bereits Temperaturschwankungen in vergleichbarer Größenordnung gegeben?

Im Jahr 2009 veröffentlichte eine britische Forschergruppe von der University of Cambridge um David Thornalley in der Zeitschrift Nature eine interessante geologische Studie zur atlantischen Klimaentwicklung aus einem Meeresgebiet südlich von Island. Die Wissenschaftler rekonstruierten dabei die Wassertemperaturen und andere Ozeanparameter für die vergangenen 10.000 Jahre. In diesem Gebiet treffen warme, salzhaltige Strömungen aus dem Süden kommend ein, die sich auf ihrem Weg abkühlen, absinken und dann als kalte Tiefenströmung wieder Richtung Süden zurückfließen. Dieses ozeanische Wasserförderband wird auch als „Atlantic meridional overturning circulation“, kurz AMOC bezeichnet. Die AMOC muss als eine Art Wärmepumpe verstanden werden, die Wärme aus den äquatornahen Gebieten in die polar Region transportiert und dabei einen Austausch zwischen Oberflächen- und Tiefen-Wässern herstellt.

Die Forschergruppe untersuchte in ihrer Studie einen Bohrkern, der aus fast 2 km Wassertiefe aus dem Meeresboden gewonnen wurde und die Klimageschichte der Nacheiszeit für diese Region archiviert. Die geschichtliche Entwicklung von Temperaturen und Salzgehalten rekonstruierten die Forscher anhand von Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung von kalkigen Gehäusen fossiler Einzeller. Zu diesem Zweck bestimmten die Wissenschaftler Magnesium-Kalzium-Verhältnisse und die Sauerstoff-Isotopen-Zusammensetzung an den Schalen von zwei planktonischen Foraminiferen-Arten. Dabei wählten die Briten Foraminiferen aus, die in unterschiedlichen Wassertiefen lebten, so dass sie neben Meeresoberflächen-nahen Werte auch die Entwicklung in einer tieferen Wasserschicht bestimmen konnten. Das Alter der geologischen Schichten wurde auf Basis der Radiokarbonmethode ermittelt.

Thornalley und seine Kollegen stellten fest, dass die Temperaturen und Salzgehalte während der vergangenen 10.000 Jahre in charakteristischer Art und Weise im Millenniumstakt schwankten. In ähnlicher Weise variierte die Schichtung der oberen Wassersäule. Offensichtlich unterlag die atlantische Wasserwalze zyklischen Änderungen mit wechselnd starkem Zufluss von warmem Süd-Wasser. Die vor Island rekonstruierten Temperaturen variierten dabei um etwa ein Grad Celsius. Dieser natürliche Änderungsbetrag entspricht größenordnungsmäßig in etwa den Schwankungen die wir seit der Kleinen Eiszeit bis heute erlebt haben. 

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