Vor einigen Tagen unterbrach das führende klimaskeptische Blog Watts Up With That? (WUWT) seine sonst so emsige Tätigkeit. Wo im Normalbetrieb jeden Tag eine ganze Hand voll neuer Blogartikel erschienen, herrschte plötzlich lähmende Inaktivität. Der Betreiber der Webseite, der Meteorologe Anthony Watts, kündigte eine wichtige Pressemitteilung für den Abend des 29. Juli europäischer Zeit an. Die Gerüchteküche brodelte und die Vermutungen gingen in die verschiedensten Richtungen. Hoffentlich handelte es sich nicht um Anthony’s Gesundheit. Waren es vielleicht juristische Vorgänge im Hintergrund, die WUWT zum Stop zwangen? Nein, keines von beidem, beruhigte Anthony die Blogosphäre vorab. Aber man müsse noch Geduld haben.
Der angekündigte Veröffentlichungszeitpunkt rückte näher und die versprochene Meldung erschien pünktlich. Und Anthony enttäuschte nicht. In der Tat handelte es sich um die Bekanntmachung einer wichtigen neuen Publikation, bei der es um die Bestimmung des Erwärmungstrends der letzten 30 Jahre geht. Das Problem hatten wir bereits vor einigen Tagen hier im Blog vorgestellt (siehe unser Blogartikel „Die wunderbare Welt der Temperaturdaten-Korrekturen: Und plötzlich hatte sich der Trend ins Gegenteil verkehrt…“). Es geht um die Frage, inwieweit die offiziellen Daten-„Korrekturen“ eigentlich gerechtfertigt sind. Wir hatten berichtet, dass die Daten-Änderungen seltsamerweise stets zu einer signifikanten Beschleunigung des Erwärmungstrends gegenüber den Rohdaten führte, obwohl Phänomene wie etwa der städtische Wärmeinseleffekt eher gegenteiligen Korrekturbedarf vermuten lassen sollten.
Als Autoren des neuen Papers sind neben Anthony Watts auch Stephen McIntyre und John Christy mit von der Partie. McIntyre ist durch seine beeindruckende Fehleranalyse des berühmt-berüchtigten Hockey Stick Diagramms bekannt. Christy ist angesehener Experte für Satelliten-Temperaturdaten von der University of Alabama in Huntsville. Das Manuskript soll in Kürze bei einem Fachmagazin zur Publikation eingereicht werden. Die Praxis, Manuskripte bereits vor Einreichung öffentlich bekannt zu machen geht auf Richard Muller vom Berkeley Earth Surface Temperature (BEST) Projekt zurück, der im June 2011 in einem Interview mit dem Scientific American gesagt hatte:
„Ich weiß, dass das Paper noch nicht zum Druck akzeptiert wurde. Aber in meinem Umfeld unter dem Nobelpreisträger Luis Alvarez war es gängige Praxis, Manuskripte bereits vor ihrer Publikation und sogar vor ihrer Einreichung möglichst weit zu streuen. Hierdurch erreichten wir eine sehr viel umfangreichere und weiter verteilte fachliche Überprüfung als durch die wenigen Fachgutachter der Fachzeitschrift.“
Das Ergebnis der neuen Studie ist erschreckend: Anstatt die durch den städtischen Wärminseleffekt überhöhten Temperaturen herunter zu korrigieren, haben die offiziellen US-Temperaturverwaltungsstellen offenbar die Daten von qualitativ verlässlicheren Stationen nach oben verändert, was kaum gerechtfertigt erscheint. Wenn sich das Ergebnis bestätigen sollte, wäre dies ein dicker Hund. Die Erwärmung der letzten Jahre wäre in den USA dann sehr viel weniger schnell von statten gegangen als immer angenommen. Da ähnliche Fehler auch im globalen Datensatz vermutet werden, könnte die Sache schnell weltweite Relevanz erlangen.
Hier der Text der Pressemitteilung: