Klimatanz in der Bunkerhöhle während der letzten 10.000 Jahre im Takte der Sonne

Das Sauerland ist reich an Höhlen. Über viele Jahrtausende haben sich ätzende Wässer in die dort weit verbreiteten Kalksteine aus der sogenannten Devonzeit gefressen. Eine dieser Höhlen ist die Bunkerhöhle (Abbildung 1). Sie wurde im Jahre 1926 bei einer Verbreiterung der Bundesstraße 7 entdeckt. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie als Luftschutzbunker genutzt. 1992 fand die Speläogruppe Letmathe weitere Teile der Höhle, deren bekannte Gesamtganglänge heute 2000 m beträgt.

Aber nicht nur Höhlenforscher lieben die unterirdischen Hohlräume der Region. Auch Klimawissenschaftler steigen gerne in die Tiefe, um Tropfsteine zu analysieren, in denen die Klimageschichte von vielen tausenden von Jahren gespeichert ist. Lage für Lage scheidet sich der Kalk ab und dokumentiert anhand von Isotopenverschiebungen Schwankungen in der Temperatur und den Niederschlägen.

  

Abbildung 1: Lage der Bunkerhöhle im Sauerland (links) und Fotos der untersuchten Stalagmiten (Abbildung aus Fohlmeister et al. 2012). 

 

Ein deutsch-österreichisches Forscherteam um Jens Fohlmeister von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat nun die Stalagmiten der Bunkerghöhle näher untersucht und hieraus die Klimageschichte der vergangenen 10.000 Jahre rekonstruiert. Die Gruppe veröffentlichte ihre Studie im Mai 2012 im Fachmagazin Climate of the Past Discussions. Beteiligt an den Untersuchungen war auch Augusto Mangini, der mittlerweile ein reiches Datenrepertoire der verschiedensten Höhlen der Erde angesammelt hat (siehe unsere Blogartikel Prof. Augusto Mangini – Ein Pionier des Klimarealismus und Tropfsteine mit Klimagedächtnis: Augusto Mangini meldet sich zurück). 

Die Forscher untersuchten an den Tropfsteinen Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope sowie das Verhältnis von Magnesium zu Kalzium. Alle drei Größen spiegeln Veränderungen in den Niederschlägen wieder. Die Sauerstoffisotope lieferten zusätzlich noch Informationen zur Temperaturgeschichte. Die Altersdatierung basierte auf der Thorium-Uran-Methode sowie Radiokarbonaltern. 

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Klimageschichte in charakteristischen Wellen verlief. Kältere/trockene Zeiten wechselten  im 1000-2000 Jahrestakt mit wärmeren/feuchteren Phasen. Das Team um Jens Fohlmeister verglich die Schwankungen mit anderen Klimakurven Mitteleuropas und fand ein hohes Maß an Übereinstimmung. Zudem verlief die Entwicklung im Sauerland auch weitgehend synchron zur Temperaturgeschichte im Nordatlantik (Abbildung 2). Die nordatlantische Vergleichsstudie hatte der Geowissenschaftler Gerard Bond vom Lamont-Doherty Earth Observatory von der Columbia University mit Kollegen im Jahre 2001 in Science veröffentlicht. In der wichtigen Pionier-Arbeit konnte Bond damals in beeindruckender Weise zeigen, dass die Klimazyklen parallel zur Sonnenaktivität verliefen (Abbildung 3). Offensichtlich entwickelte sich also auch das Klima im Sauerland im Takte der Sonne. Zwar gehen die Autoren in ihrer Arbeit (wohl bewusst) nicht auf die Sonnenaktivität ein, der Zusammenhang ist jedoch leicht zu erkennen.

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Temperaturen eines schweizerischen Alpensees schwankten während der letzten 10.000 Jahre im Takt der Sonne

Viele paläoklimatologische Studien basieren traditionell auf der Analyse von Sauerstoffisotopen. Diese werden durch die Temperatur beeinflusst, jedoch auch durch Veränderungen der Niederschläge, so dass eine sichere Zuordnung nicht immer möglich ist. Jedoch gibt es auch reine Temperatur-Rekonstruktionsmethoden, zu denen vor kurzem eine weitere dazugekommen ist. Das sogenannte MBT/CBT-Paläothermometer basiert auf Lipid-Biomarkern. Hintergrund der Methode ist das Phänomen, dass sich der Aufbau von Zellmembranen bestimmter Mikroorganismen in Abhängigkeit von Temperatur und pH-Wert verändert.

Ein schweizerisch-niederländisches Forscherteam um Helge Niemann von der Universität Basel untersuchte nun die Temperaturgeschichte der vergangenen 11.000 Jahre eines schweizerischen Alpensees mit dieser Methode. Die Gruppe veröffentlichte ihre Ergebnisse im Mai 2012 im Fachmagazin Climate oft he Past. Das Untersuchungsmaterial bestand aus Sedimentkernen aus dem Zentrum des Lago di Cadagno im Kanton Tessin. Altersdatierungen erfolgten mithilfe der Radiokarbonmethode.

Die Forscher konnten nachweisen, dass der See eine bewegte Temperaturgeschichte hinter sich hat. Das Klima durchlief dabei charakteristische Millenniumszyklen, wobei die Temperaturen um bis zu 2°C schwankten. Deutlich ausgeprägt sind die Mittelalterliche Wärmeperiode vor 1000 Jahren sowie die Kleine Eiszeit in der Mitte des letzten Jahrtausends. Weitere Wärmeperioden traten vor 3000, 5000 und 7000 Jahren auf. Die Wissenschaftler verglichen die Entwicklung mit derjenigen in anderen Gebieten und entdeckten ein hohes Maß an Übereinstimmung. Unter anderem fanden die Forscher eine große Ähnlichkeit mit den Temperaturzyklen der Spannagel Höhle im österreichischen Tirol. Hier hatte ein Team um den Heidelberger Geowissenschaftler Augusto Mangini vor einigen Jahren Tropfsteine analysiert und festgestellt, dass die Spannagel-Klimaänderungen synchron zu den von Gerard Bond festgestellten Temperaturveränderungen im Nordatlantik und zudem parallel zur Sonnenaktivität verliefen. In diesem Rhythmus tanzten nun offensichtlich auch die Temperaturen am Lago di Cadagno. 

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Die Kleine Eiszeit als weltweite Kältephase: Welche Rolle spielten die Vulkane?

Noch vor einigen Jahren gab es doch wirklich Wissenschaftler, die die Kleine Eiszeit und Mittelalterliche Wärmeperiode als lokales nordatlantisches Phänomen kleinreden wollten. Was heute im Rückblick unvorstellbar erscheint, wurde erschreckenderweise von einigen Forschern jahrelang als angeblicher „Konsens“ in der Öffentlichkeit verbreitet. Es war die Zeit als die Welt noch von der Hockey Stick Kurve genarrt wurde. Der frischgebackene Doktor Michael Mann hatte die Kleine Eiszeit und die Mittelalterliche Wärmeperiode mithilfe statistisch fragwürdiger Methoden und fehlerhafter Daten kurzerhand zu einem klimatisch ereignislosen Strich ausgebügelt. Auch in Deutschland gab es prominente Unterstützung für diese heute nicht mehr nachvollziehbare Denkweise. So spielte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 2007 die zahlreichen weltweiten Hinweise auf die Mittelalterliche Wärmeperiode und die Kleine Eiszeit in einem FAZ-Beitrag mit den Worten herunter:

„Dass lokal und regional wesentlich größere Klimaschwankungen auftreten als in der globalen Mitteltemperatur, ist für jeden Klimatologen klar […]. Diese mitteln sich jedoch global heraus […].“

Die Hockey Stick Kurve ist heute Geschichte, die beiden lange bekannten, natürlichen Klimaschwankungen der letzten 1000 Jahre wieder rehabilitiert. In seinem faszinierenden Buch „The Hockey Stick Illusion“ schildert Andrew Montford wie die Hockey Stick Kurve enttarnt wurde, die noch im 2001er IPCC Bericht sowie in Al Gores Klimafilm eine tragende Rolle gespielt hatte.

In den letzten Monaten haben weitere wissenschaftliche Arbeiten den globalen Charakter der Kleinen Eiszeit eindrucksvoll belegen können. Das angebliche „nordatlantische Phänomen“ wurde nun gleich von drei Wissenschaftlergruppen in der Antarktis nachgewiesen.

So untersuchte ein Forscherteam der Scripps Institution of Oceanography der University of California in San Diego um Anais Orsi die Temperaturdaten eines 300 m tiefen Bohrlochs im West Antarktischen Eisschild. In der im Mai 2012 in den Geophysical Research Letters erschienenen Studie konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Temperaturen im Untersuchungsgebiet von 1400 bis 1800 etwa ein halbes Grad unter dem Temperaturdurchschnitt der vergangenen 100 Jahre lag. Die kalifornischen Forscher bestätigten damit den globalen Charakter der Kleinen Eiszeit. Das frühere Modell einer reinen Wärmeumverteilung auf der Erde, also einem energetischen Nullsummenspiel, halten Anais Orsi und seine Kollegen aufgrund ihrer neuen Ergebnisse für abwegig. Die auch von Rahmstorf einst propagierte Klimaschaukel, bei der die Kälte in einem Gebiet durch Wärme in einem anderen Gebiet ausgeglichen würde, hat sich letztendlich nicht bestätigt.

Die Forscher der Scripps Institution machten sich auch Gedanken über die Ursachen der Kleinen Eiszeit. Am wahrscheinlichsten halten sie eine verminderte Sonnenaktivität im Zusammenhang mit großen Vulkanausbrüchen. Für beide Mechanismen werden jedoch Verstärkerprozesse benötigt, da die beobachteten Temperaturschwankungen größer sind als die Änderungen die die theoretischen Klimamodelle derzeit suggerieren. Da die Abkühlung auf dem grönländischen Eisschild etwa doppelt so stark ablief wie in der West-Antarktis, vermutet das Wissenschaftlerteam, dass die Wirksamkeit der gesuchten Verstärkerprozesse regional variiert.

Einige Monate zuvor erschien im Februar 2012 online in den Earth and Planetary Science Letters eine Arbeit eines US-amerikanisch-britischen Forscherteams um Zunli Lu von der Syracuse University im Bundestaat New York. Diese Gruppe untersuchte auf der Antarktischen Halbinsel eine spezielle Mineralart des Kalziumkarbonats, die sich in Abhängigkeit der Wassertemperatur bildet und daher eine Art fossiles Thermometer darstellt. Speziell das Kristallwasser dieses „Ikait“ genannten Minerals liefert wichtige Informationen über die Temperaturen, die bei der Bildung der Kristalle geherrscht haben. Die Forscher konnten mithilfe ihrer neuen Methode sowohl die Kleine Eiszeit als auch die Mittelalterliche Wärmeperiode in ihrem Untersuchungsgebiet nachweisen. Auch diese Studie unterstützt den globalen Charakter dieser beiden natürlichen Klimaschwankungen. Berichte zu der Arbeit erschienen auch auf WUWT, Kopp Online, EIKE, the reference frame und The Register

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