Beschleunigte Meeresspiegelanstiege gehören schleunigst in die Mottenkiste

Immer wieder wird erklärt, der Meeresspiegelanstieg hätte sich kürzlich beschleunigt. Der klimatisch nicht vorgebildete Laie muss dies zwangsläufig als Zeichen einer außer Kontrolle geratenen, noch nie dagewesenen Entwicklung verstehen, wobei sich die Entwicklung in einer Art Todesspirale letztlich katastrophal enden muss. Aber auch hier bringt einen der Blick auf die harten Daten schnell auf den Boden der Tatsachen zurück.

Zunächst gilt es zu klären, was eigentlich mit dem Hinweis auf eine angebliche Beschleunigung gemeint sein könnte. Wie wir bereits in unserem Blogartikel im März 2012 („Der Meeresspiegel steigt! Seit 15.000 Jahren“) erläutert haben, stagnierte der Meeresspiegel zur Zeit der Kleinen Eiszeit und stieg kaum oder zeitweise gar nicht an. In einigen Gebieten der Erde fiel der Meeresspiegel sogar für längere Zeit. Damals lag die globale Durchschnittstemperatur um gut 1 Grad unter dem heutigen Niveau. Viele Gletscher und Eiskappen wuchsen damals an und entzogen dem Meer damit Wasser. Durch die kalten Temperaturen schrumpfte zudem das ozeanische Wasservolumen etwas. Im Übergang zur Modernen Wärmeperiode tauten die Eismassen dann wieder und das Wasser dehnte sich wegen der Erwärmung aus. Es ist daher logisch, dass sich der Meeresspiegelanstieg in den letzten 80 Jahren gegenüber der Kleinen Eiszeit beschleunigt hat.

Das wars aber auch schon. Die letzten Jahrzehnte über ist keine weitere Beschleunigung mehr zu erkennen. Im Gegenteil. Wie Ed Caryl in seinem gestrigen Gastbeitrag zeigen konnte, hat sich der Meeresspiegelanstieg die letzten 7 Jahre sogar verlangsamt. Dieses momentane Abflachen der Entwicklung springt auch sofort ins Auge, wenn man sich die Meeresspiegel einfach einmal nüchtern anschaut (Abbildung 1).

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung der letzten 20 Jahre. Daten: University of Colorado. Graphik: climate4you.

 

Der Hinweis auf eine angebliche globale Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs in den letzten Jahrzehnten entpuppt sich damit als grob irreführend und für die Diskussion wenig zielführend.

 

Meeresspiegelanstieg an der US-Ostküste 3x schneller als der globale Durchschnitt?

Ende Juni 2012 erschien in der Zeitschrift Nature Climate Change die Arbeit einer Forschergruppe vom US Geological Survey (USGS) um Asbury Sallenger Jr. Die Wissenschaftler hatten Meeresspiegel-Pegelmessungen der US-amerikanischen Küsten ausgewertet und stellten fest, dass der Meeresspiegel entlang eines 1000 km langen Küstenstreifens von Cape Hatteras über New York bis Boston in den letzten 60 Jahren drei bis viermal so schnell angestiegen wäre als im globalen Durchschnitt (Abbildung 2). Die Forscher nennen das Gebiet einen „Hotspot mit beschleunigtem Meeresspiegelanstieg“.

weiter lesenBeschleunigte Meeresspiegelanstiege gehören schleunigst in die Mottenkiste

Meeresspiegelanstieg hat sich in den letzten 7 Jahren verlangsamt

Gastbeitrag von Ed Caryl

Zuerst erschienen im englischen Original auf notrickszone.com, hier im Kalte-Sonne-Blog in leicht bearbeiteter Version.  

Eine der wichtigsten Datenreihen zur globalen Meeresspiegelentwicklung stammt von der University of Colorado und basiert auf Satellitenmessungen (Abbildung 1). In den Jahren 2010/2011 fällt ein markanter Meeresspiegelabfall in der Kurve auf, der laut Webseite der Universität angeblich durch den El Nino im Jahre 2010 verursacht worden wäre. Dies erschien mir jedoch nicht plausibel, da der El Nino aus dem Jahr 1998 noch einen deutlich zu erkennenden Anstieg des Meeresspiegels verursacht hatte, und keineswegs einen Meeresspiegelabfall (Abbildung 1).  

 

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung der letzten 20 Jahre. Es fällt ein Meeresspiegelabfall 2010/2011 ins Auge. Quelle: University of Colorado.

 

Zur Überprüfung dieses Paradoxons habe ich daher einmal den monatlichen Niño 3.4-Index gegen den trendbereinigten Meeresspiegel aufgetragen (Abbildung 2). 

 

Abbildung 2: Vergleich des El Nino-Index (blau) mit dem trendbereinigten Meeresspiegel (schwarz). 

 

Die Abbildung zeigt, dass der El Nino-Index weitgehend parallel zur trendbereinigten Meeresspiegelkurve verläuft. Weiterhin wird deutlich, dass der Meeresspiegel bereits schon früher abgesackt wäre, wenn nicht der El Nino Anfang 2010 den Meeresspiegel hochgezogen hätte. Der El Nino verschleiert hierbei, dass sich der Meeresspiegelanstieg seit ca. 2005 verlangsamt hat. Es ist klar, dass der Meeresspiegelabfall 2010/2011 nicht auf den El Nino zurückgeführt werden kann. Aufgrund der hohen Synchronität zwischen El Nino und der Meeresspiegelentwicklung, können wir den El Nino-Effekt aus der Meeresspiegelkurve herausrechnen und damit entfernen (Abbildung 3). 

weiter lesenMeeresspiegelanstieg hat sich in den letzten 7 Jahren verlangsamt

Vor uns die Sintflut? Zeit für einen Faktencheck

Es ist Urlaubszeit, von vielen lange herbeigesehnt. Es locken Sonne, Sand und Meer. Über die Sonne berichten wir hier ja bekanntlich regelmäßig. Auch Sand spielt bei den geologischen Rekonstruktionen oft eine wichtige Rolle. In den kommenden Tagen wollen wir uns daher schwerpunktmäßig mit dem letzten Glied des Urlaubstrios, dem Meer beschäftigen. Immer wieder muss der Meeresspiegel bei einigen Wissenschaftlern für biblische Sintflut-Szenarien herhalten, da lohnt es sich, doch einmal genauer hinzuschauen und einen Faktencheck der marinen Schauergeschichten durchzuführen.

Das Meer und eine akkurate, belastbare Darstellung der wissenschaftlichen Zusammenhänge sollte uns eigentlich allen am Herzen liegen. Ganz besonders trifft dies aber auf Kalte-Sonne-Coautor Sebastian Lüning zu, der mitten im Meer aufgewachsen ist und daher eine ganz besondere Beziehung zur Küste und zum Wasser hat. Lüning ist auf der einzigen deutschen Hochseeinsel geboren und hat dort auch bis zum Ende der Grundschule gelebt. Auf Helgoland ist er mit dem Meer groß geworden, was sich – wie gar nicht anders möglich – tief eingeprägt hat. Hieraus entstammen wohl sein Grundinteresse am Thema und der Wunsch nach einer fairer Berichterstattung und Forschung.

In den kommenden Tagen wollen wir in lockerer Serie über eine Reihe von aktuellen Meeresspiegelthemen berichten. Im heutigen Beitrag soll es um kontroverse Meeresspiegelprognosen gehen, die vorgeben, die Entwicklung der kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte vorhersagen zu können. In den kommenden Tagen geht es dann um Änderungen im mehrjährigen Trend der Satellitendatenreihe, die Frage einer möglichen Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs in den letzten Jahrzehnten, eine interessante politische Entwicklung in North Carolina, die vielfältigen Ursachen des Meeresspiegelanstiegs, fragwürdige Datenkorrekturen bei den Satellitendaten sowie wachsende Südseeatolle. Vielleicht gibt es sogar Leser, die diese Serie am Meer in ihrem Strandkorb auf dem iPad verfolgen…

Bereits im März 2012 hatten wir ausführlich über die Frage des Meeresspiegelanstiegs in unserem Blog berichtet (siehe Blogartikel „Der Meeresspiegel steigt! Seit 15.000 Jahren“). Dieser Artikel bietet sich als Einführung in unsere kleine Meeresspiegel-Serie an.

 

Hilfe, die Sintflut ist im Anmarsch!

Bereits im März 2012 versetzte eine Forschergruppe um Kenneth Miller von der US-amerikanischen Rutgers University die Welt in Angst und Schrecken. Sie hatten sich die Meeresspiegelentwicklung in der geologischen Vergangenheit von vor 3 Millionen Jahren an drei Orten im Pazifik und den USA angeschaut und meinten hieraus Rückschlüsse auf die Heutezeit treffen zu können. Damals war der CO2-Gehalt der Atmosphäre etwa so hoch wie heute. Die Temperaturen lagen allerdings zwei Grad über den heutigen, ebenso wie der Meeresspiegel, der um mehr als 20 m über dem heutigen Niveau lag. Daraus schlossen die Forscher dann kühn, dass das Meer mit etwas zeitlichem Anlauf dieses alte Niveau wohl wieder erreichen müsste.

Der Innovations-Report berichtete über die Arbeit, welche im März 2012 im Fachmagazin Geology erschienen ist:

„Der Meeresspiegel des Planeten dürfte um rund 22 Meter steigen – selbst wenn es der Menschheit gelingt, die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Diese Prognose, die zwar sicher noch nicht im 21. Jahrhundert, doch im Zeitraum mehrerer Jahrhunderte bis Jahrtausende eintreffen soll, liefern US-amerikanische Geologen um Kenneth G. Miller von der Rutgers University in der Fachzeitschrift „Geology“. Laut ihrer Berechnung steigt das Meer „zu 95 Prozent“ zwischen zwölf und 32 Meter. Die Forscher untersuchten Bohrkerne aus Gesteinen und Sedimenten aus Neuseeland sowie vom Eniwetok-Atoll, das zu den Marshall-Inseln im Pazifik gehört. Speziell die Zeitspanne vor 2,7 bis 3,2 Mio. Jahre – das späte Pliozän – interessierte sie: Zu diesem Moment dürfte das CO2-Niveau der Atmosphäre zum letzten Mal auf heutigem Niveau gelegen haben, während die Forscher die Globaltemperatur zwei Grad darüber ansiedeln. ‚Das zusätzliche Wasservolumen kommt durch die Wärmeausdehnung des Wassers sowie die Schmelze von Grönland, der westantarktischen Eismasse und Rändern der Ostantarktis zustande.‘ “ 

Das hört sich ziemlich gefährlich an. Selbst das berühmte 2-Grad-Ziel könnte uns da also nicht mehr retten. Bevor Sie nun Ihr Ferienwohnungen auf Norderney und Sylt panikartig verkaufen, wollen wir das medial ausgiebig ausgeschlachtete Ergebnis einmal auf Herz und Nieren prüfen. 

weiter lesenVor uns die Sintflut? Zeit für einen Faktencheck