Immer wieder heißt es, dass die Polkappen schmelzen. Dies mag in der Tat für den grönländischen Eisschild zutreffen, in der Antarktis hingegen spielen sich fernab des medialen Interesses jedoch ganz andere Prozesse ab. Bereits im vergangenen Jahr hatten neue Satellitenmessungen angedeutet, dass das antarktische Inlandeis derzeit wohl eher wächst als abzunehmen (siehe unseren Blogartikel „Neue ICEsat-Satellitendaten sind da: Antarktischer Eisschild hat an Masse zugelegt„).
Im Fachmagazin The Cryosphere erschien nun im Februar 2013 eine Studie eines italienischen Forscherteams um Massimo Frezzotti. Anhand von 67 Eiskernuntersuchungen aus der Antarktis konnten die Wissenschaftler die Oberflächen-Massenbilanz des antarktischen Inlandeises für die vergangenen 800 Jahre rekonstruieren. Dabei fanden sie heraus, dass das antarktische Oberflächen-Eis derzeit wächst. Dies ist nicht ungewöhnlich, da es solche Wachstumsphasen auch in der Vergangenheit stets gegeben hat, so etwa in den 1370er und 1610er Jahren (Abbildung 1).
Zwischen den Eis-Wachstumsphasen lagen Zeiten, in denen die Oberflächen-Massenbilanz negativ war, also Eis verschwand. Die Forscher fanden heraus, dass sich diese Schmelzphasen vor allem während solarer Schwächephasen ereigneten, insbesondere während der Wolf, Spörer und Maunder Minima (Abbildung 1). Da die Sonne in den letzten 5 Jahrzehnten eine der höchsten Aktivitäten der Nacheiszeit besaß, wundert das Wachsen des antarktischen Oberflächeneises nicht.
Abbildung: Antarktische Oberflächeneis-Massenbilanz (oberes Diagramm). In den rot markierten Phasen hat das Eis zugenommen, in den blau markierten Phasen abgenommen. Aus Frezzotti et al. 2013.