Kennen Sie James Lovelock? Richtig, das ist doch der britische Chemiker, Biophysiker und Mediziner, der Mitte der 1960er-Jahre die sogenannte Gaia-Hypothese mitentwickelte und im Laufe der Jahrzehnte eine ganze Buchreihe hierzu veröffentlichte. Gaia, das ist die Erdgöttin und Große Mutter der griechischen Mythologie. Die Theorie besagt, dass die Erde und ihre gesamte Biosphäre wie ein einzelnes Lebewesen betrachtet werden kann, welches immer dafür sorgt, dass erträgliche Lebensbedingungen auf der Erde herrschen. Die Organismen der Erde bilden dabei ein dynamisches System, das die gesamte Biosphäre durch Rückkopplungsmechanismen stabilisiert. Insbesondere bezieht sich Lovelock hier auf die Pflanzenwelt, die den CO2-Gehalt der Atmosphäre durch Photosynthese und Erzeugung von Sauerstoff auf natürliche Weise begrenzt und so erträgliche Lebensbedingungen auf der Erde schafft. Steigt der CO2-Gehalt der Atmosphäre zu stark an, nimmt auch die Photosyntheseleistung zu, was das Kohlendioxid letztendlich wieder reduziert.
Durch die Abholzung der Wälder sowie den Eintrag von anthropogenem CO2 durch Verbrennung von Öl, Gas und Kohle würde nun das natürliche Gaia-Gleichgewicht gestört und die Klimakatastrophe eingeleitet. Lovelock malte wahre Schreckensvisionen an die Wand: In seinen Büchern und Artikeln schrieb er, dass noch vor Ende des laufenden Jahrhunderts Milliarden Menschen an den Folgen des Klima-Supergaus sterben würden. Nur noch in der Arktis gäbe es dann einige wenige Vertreter des homo sapiens, wo das Klima einigermaßen erträglich bleiben würde. Bereits um das Jahr 2040 würden Flutkatastrophen, Dürren und Hungersnöte unzählige Opfer kosten. Zu dieser Zeit hätte sich die Sahara bereits bis nach Mitteleuropa auf Höhe von Paris und Berlin ausgedehnt. Wegen seiner Meereslage würde Großbritannien dieses Schicksal jedoch erspart bleiben. Auf Basis der IPCC-Prognosen sagte Lovelock voraus, dass um 2040 jeder Sommer so heiß sein würde wie der Hitzesommer von 2003. Das Hauptproblem dabei wäre nicht der Hitzetod vieler Menschen, sondern dass Pflanzen dann in Europa kaum mehr mehr wachsen könnten und die Nahrungsmittel dadurch knapp werden würden. Lovelock prognostizierte, dass sich die Bewohner Südeuropas und Südostasiens auf Völkerwanderungen mit den Zielen Kanada, Australien und Großbritannien begeben würden. In seinem jüngsten Buch “The Vanishing Face of Gaia: A Final Warning” von 2009 erklärte er, dass die Erde vermutlich wohl schon einen wichtigen Kipppunkt überschritten hätte und eine kommende Hitzephase nunmehr unausweichlich wäre. Diese Hitzephase würde 100.000 Jahre lang anhalten. In einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian sagte Lovelock, dass demokratische Prozesse bei der Bekämpfung des Klimawandel nur störend seien:
„Selbst die besten Demokratien sind sich darüber einig, dass beim Herannahen eines größeren Krieges demokratische Prozesse für eine Zeitlang pausieren müssten. Ich habe das Gefühl, dass der Klimawandel eine Gefahr darstellt, die einem Krieg gleichkommt. Es ist daher wohl notwendig, die Demokratie für eine Weile pausieren zu lassen“.
(Siehe auch Kapitel 9 „Wie Klimawissenschaftler versuchen, die Gesellschaft zu verändern“ in unserem Buch „Die kalte Sonne“). Durch die mediale Verbreitung der Klimaapokalypse wurde James Lovelock zu einem gern gesehenen Mitstreiter der Weltklimaratsbewegung. So wurde der vielfache Ehrendoktor im Jahr 2007 vom Time Magazin zusammen mit zwölf weiteren führenden Persönlichkeiten und Visionären zum Held der Umwelt auserkoren. Ein Jahr zuvor erhielt er von der Geological Society, London eine Medaille für seine Gaia-Arbeiten, die ein ganz neues Feld für die Geowissenschaften erschlossen hätten.
Lovelock 2012: „Ich habe mich geirrt!“
Am 23. April 2012 kam nun die überraschende Kehrtwende. James Lovelock erklärte in einem Interview mit dem MSNBC, dass er sich mit seinen alarmistischen Klimaprognosen wohl geirrt habe. Auch Al Gore hat es seiner Meinung nach übertrieben. Lovelock gab zu, dass er in seinen Vorhersagen zu weit in die Zukunft extrapoliert hätte.
„Das Problem ist, dass wir noch viel zu wenig über das Klima wissen. Noch vor 20 Jahren dachten wir, wir hätten alles im Griff. Dies führte dann zu einigen alarmistischen Büchern, darunter auch meins, weil es so eindeutig aussah. Aber es ist nicht eingetreten. Das Klima absolviert sein übliches Programm. Im Grunde ist nichts Außergewöhnliches passiert. Dabei hatten wir angenommen, dass wir heute bereits auf halbem Wege in eine überhitzte Welt sein sollten. Jedoch hat sich die Welt seit Beginn des Millenniums kaum erwärmt. Und zwölf Jahre sind dabei eine beachtliche Zeit […] Die Temperatur ist nahezu konstant geblieben, obwohl sie hätte ansteigen sollen. Dabei ist der Kohlendioxidgehalt in der gleichen Zeit weiter angestiegen, darüber herrscht kein Zweifel.“