Französische Forschergruppe postuliert Beeinflussung der atlantischen Ozeanzyklen durch Vulkanausbrüche – vergisst dabei aber Sonnenaktivitätsschwankungen zu berücksichtigen

Eigentlich hatten sich schon alle darauf geeinigt, dass Vulkane das Klima maximal drei bis fünf Jahre abkühlen können. Eine Forschergruppe um Didier Swingedouw wollte dies jedoch nicht wahrhaben und dachte sich eine windige Konstruktion aus, die sie in der Fachzeitschrift Nature Communications auch tatsächlich unterbringen konnten. Die Idee: Vulkanausbrüche verändern Ozeanzyklen und wirken so über etliche Jahrzehnte nach. Speziell dachten die Wissenschaftler da an die nordatlantische Ozeanzirkulation (AMOC), die 15 Jahre nach dem Vulkanausbruch schneller werden würde. Nach zehn weiteren Jahren würde sich die Zirkulation dann wieder verlangsamen und nach weiteren 5 Jahren wieder beschleunigen. Alles nachzulesen in einer Pressemitteilung der französischen Forschungsorganisation CNRS vom 30. März 2015:

Volcanic eruptions durably impact North Atlantic climate

Particles emitted during major volcanic eruptions cool the atmosphere due to a ‚parasol‘ effect that reflects sunlight. The direct impact of these particles in the atmosphere is fairly short, lasting two to three years. However, they alter for more than 20 years the North Atlantic Ocean circulation, which connects surface and deep currents and influences the climate in Europe. This is the conclusion of a study by researchers from the CNRS, IRD, CEA and MétéoFrance1 who combined, for the first time, climate simulations, recent oceanographic data, and information from natural climate records. Their findings2 are published in Nature Communications on March 30th [2015; Swingedouw et al.]. […]

The cooling, which only lasts two or three years, then triggers a rearrangement of ocean circulation in the North Atlantic Ocean. Around fifteen years after the beginning of the eruption, the circulation speeds up. It then slows down after twenty-five years, before accelerating again thirty-five years after the phenomenon. Volcanic eruptions thus appear to act on the ocean circulation in the North Atlantic rather like a pacemaker, causing variability over a twenty-year period. The scientists confirmed these results by comparing them with observations of ocean salinity, a key factor for the sinking of water and therefore for ocean circulation. In numerical simulations and modern oceanographic data they detected similar variations in the early 1970s and 1990s connected to the eruption of the Agung volcano.

Using data from Greenland ice cores and observations carried out on bivalve molluscs collected to the north of Iceland and dating back more than 500 years, as well as a simulation of the climate over the last thousand years, the researchers systematically identified acceleration of ocean circulation fifteen years after five volcanic eruptions that took place several hundred years ago. Lastly, the researchers revealed the interference produced by the latest three main eruptions, Agung in 1963, El Chichón in Mexico in 1982, and Pinatubo in 1991, explaining for the first time the recent variability of currents in the North Atlantic ocean. They conclude that a major eruption in the near future could have an impact on the currents in the North Atlantic Ocean — and hence on our ability to predict the variability of the climate in Europe — over several decades. They now hope to consolidate these findings by collecting data from additional sources, especially in paleoclimatology.

Ein neuer Versuch, die Kleine Eiszeit den Vulkanen anzuhängen, obwohl sich der Zusammenhang mit der verringerten Sonnenaktivität überdeutlich anbietet?

Eine Kleinigkeit hatten die Franzosen dann doch übersehen. Es ist nämlich schon seit längerem bekannt, dass die atlantischen Ozeanzyklen, speziell die NAO, von der Sonnenaktivität beeinflusst werden. Wir haben hier im Blog mehrfach über entsprechende Studien berichtet:

Weshalb will der Begriff „Sonne“ in der Studie von Swingedouw und Kollegen einfach nicht fallen? Da hatten es Kollegen aus Dänemark ein Jahr zuvor deutlich besser gemacht. Eine Team um Mads Faurschou Knudsen hatte ebenfalls in Nature Communications ein Paper veröffentlicht, in dem Einflussfaktoren auf die atlantische Ozeanzirkulation beschrieben werden, in diesem Fall die Atlantische Multidekadenoszillation (AMO). Wir hatten seinerzeit über die Studie hier im Blog berichtet. Die Dänen sehen neben vulkanischen Einflüssen auf die AMO auch einen bedeutenden Einfluss von Sonnenaktivitätsschwankungen. Der Prozess könnte mithilfe des UV-Anteils der Sonnenstrahlung ablaufen, der zu Ozonveränderungen in der Stratosphäre führt, was wiederum Windsysteme und Ozeanzyklen beeinflusst. In einer Pressemitteilung der Aarhus University vom April 2014 beschreiben die Autoren ihre Ergebnisse:

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Große Vulkanausbrüche kühlen das Klima – aber nur wenige Jahre lang

Im heutigen Teil unserer Aerosol-Reihe geht es um die klimatisch kühlende Wirkung von Vulkanausbrüchen. Mittlerweile hat man sich geeinigt, dass die Asche einzelner Vulkanausbrüche lediglich für wenige Jahre in der Stratosphäre zirkuliert, bevor die Partikel dann zur Erde zurückrieseln und der Kühleffekt wieder allmählich verschwindet. Aus klimatischer Sicht spielen Vulkanausbrüche daher keine große Rolle. Korrekter wäre die Einstufung dieser explosiven Ereignisse in die Kategorie „Wetter“.

Vorangegangene Versuche, die Kleine Eiszeit mit Vulkanausbrüchen zu erklären rufen heute nur noch ein mildes Schmunzeln hervor (siehe „Die Kleine Eiszeit als weltweite Kältephase: Welche Rolle spielten die Vulkane?“). Eine der vielen Sackgassen in der Wissenschaft. Trotzdem ist es wichtig, die Vulkanhistorie und ihre kurzfristigen Auswirkungen auf die Temperaturgeschichte zu verstehen. In den letzten Jahren hat es hierzu eine Reihe von neuen Arbeiten und Artikeln gegeben, die wir hier vorstellen wollen.

Da wäre zunächst einmal eine Studie von Sigl et al. 2014 in Nature Climate Change. Anhand von Aschelagen in antarktischen Eiskernen rekonstruierten diese Forscher die Historie großer Vulkanausbrüche für die vergangenen 2000 Jahre. Dabei fanden sie für die ersten 1500 Jahre starke Abweichungen von der bisherigen vulkanischen Geschichtsschreibung, wobei Diskrepanzen in der klimatischen Kühlwirkung von 20-50% auftraten. Eine korrekte Datenbasis ist jedoch die Grundlage für Modellierungen, da diese mit der historischen Entwicklung abgeglichen und kalibriert werden. Offenbar hat man hier in der Vergangenheit mit einer sehr unsicheren und fehlerhaften Datenbasis gearbeitet. Im Folgenden ein Auszug aus der Kurzfassung des Papers:

Insights from Antarctica on volcanic forcing during the Common Era
[…] Whereas agreement with existing reconstructions is excellent after 1500, we found a substantially different history of volcanic aerosol deposition before 1500; for example, global aerosol forcing values from some of the largest eruptions (for example, 1257 and 1458) previously were overestimated by 20–30% and others underestimated by 20–50%.

Eine noch aktuellere Vulkanrekonstruktion stammt von Baillie & McAneney, die ihre Ergebnisse im Januar 2015 im Fachblatt Climate of the Past veröffentlichten. Auch diese Studie basiert auf antarktischen Eiskernen, umfasst aber nur die ersten 1000 Jahre nach Christi Geburt. Dabei thematisieren die Autoren große Unsicherheiten in der Altersdatierung, die in verschiedenen Studien zu stark unterschiedlichen Resultaten führen. Hier besteht offenbar noch massiver Forschungsbedarf.

Eine Wissenschaftlergruppe um Martin Tingley von der Pennsylvania State University nahm die Ausbrüche des Krakatau (1883) und Novarupta (1912) näher unter die Lupe. Die Forscher fanden, dass die klimatische Abschätzung der Abkühlung über Baumringe im Gegensatz zu den realen Temperaturmessdaten deutlich zu hoch ausfiel. Dies gilt insbesondere für Gegenden in höheren geographischen Breiten, wo die Baumringe neben der Temperatur auch auf Veränderungen im Tageslicht reagieren. Im Folgenden die Kurzfassung der Arbeit, die im November 2014 in den Geophysical Research Letters erschien:

Temperature reconstructions from tree-ring densities overestimate volcanic cooling
The fidelity of inferences on volcanic cooling from tree-ring density records has recently come into question, with competing claims that temperature reconstructions based on tree-ring records underestimate cooling due to an increased likelihood of missing rings or overestimate cooling due to reduced light availability accentuating the response. Here we test these competing hypotheses in the latitudes poleward of 45°N, using the two eruptions occurring between 1850 and 1960 with large-scale Northern Hemisphere climatic effects: Novarupta (1912) and Krakatau (1883). We find that tree-ring densities overestimate postvolcanic cooling with respect to instrumental data (Probability≥0.99), with larger magnitudes of bias where growth is more limited by light availability (Prob.≥0.95). Using a methodology that allows for direct comparisons with instrumental data, our results confirm that high-latitude tree-ring densities record not only temperature but also variations in light availability.

Siehe hierzu auch einen Artikel vom Cato Institut.

Auch andere Fallstudien förderten Interessantes zutage. Im Januar 2013 beschäftigte sich in den Geophysical Research Letters eine Forschergruppe um Jiandong Xu mit den klimatischen Auswirkungen eines großen Vulkanausbruchs 946 n. Chr. in China. Der Ausbruch des Changbaishan Vulkans war einer der stärksten der letzten 2000 Jahre. Seltsamerweise fanden die Autoren im grönländischen Eis keine entsprechende Aschenlage. Offenbar gelangten die vom Vulkan in die Stratosphäre geschleuderten Sulfatoxide nicht in die Arktis. Das Forscherteam schließt daraus, dass die klimatischen Auswirkungen dieses starken Vulkanausbruchs wohl eher regional begrenzt gewesen sein müssen und keinen globalen Charakter hatten. Hier die Kurzfassung:

Climatic impact of the Millennium eruption of Changbaishan volcano in China: New insights from high-precision radiocarbon wiggle-match dating
Changbaishan volcano in northeast China
, previously dated to have erupted around the mid-10th century A.D., is renowned for producing one of the largest eruptions in history (magnitude 6.8) and thus speculated to have substantial climatic impact. Here we report a new high-precision 14C wiggle-match age of A.D. 946 ± 3 obtained from a 264 year old tree trunk (with bark) killed during the eruption, using the OxCal’s Bayesian modeling approach with 27 sequentially sampled annual rings of decadal intervals. The new chronology conforms well to the calendar date of A.D. 946 for the eruption inferred from historical documentary evidence. We find no stratospherically loaded sulfate spike that might be associated with the A.D. 946 eruption in the global volcanism record from the GISP2 ice core, suggesting the stratospheric sulfate aerosols produced during the eruption were not transported to the arctic region, due probably to its relatively low stratospheric sulfur emission and the seasonal effects of the atmospheric circulation at the time of the eruption that likely occurred in the winter of A.D. 946–947. Since the stratospheric volcanic sulfates are the main cause of large-scale climate perturbations, this finding indicates that the Millennium eruption of Changbaishan volcano might have limited regional climatic effects, rather than global or hemispheric impact as implied by its magnitude.

Im Dezember 2012 publizierte ein Forscherteam um Anja Schmidt von der University of Leeds im Journal of Geophysical Research eine Analyse des isländischen Laki-Ausbruchs von 1783. Damals gelangten große Mengen an Schwefeldioxid in die Stratosphäre, und die Temperaturen der nördlichen Halbkugel sackten drei Jahre lang deutlich ab. Hier die Kurzfassung:

Climatic impact of the long-lasting 1783 Laki eruption: Inapplicability of mass-independent sulfur isotopic composition measurements
The long-lasting 1783–1784 CE Laki flood lava eruption in Iceland released around 120 Tg of sulfur dioxide into the upper troposphere/lower stratosphere. Northern Hemisphere temperature proxy records of the 1780s indicate below-average temperatures for up to three years following the eruption. The very warm summer of 1783 in Europe, which was followed by a very cold winter, may have been caused by the eruption, but the mechanisms are not yet well understood. Some studies attributed the cold winter 1783–1784 to natural variability of climate. However, our climate model simulations show that the Laki radiative effects lasted long enough to contribute to the winter cooling. […]

Ein weiterer bedeutender Ausbruch ereignete sich 1815 in Indonesien. Der Vulkan Tambora bescherte Europa und Nordamerika das berühmte „Jahr ohne Sommer“. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums berichtete Die Zeit am 5. April 2015:

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Wolken-Rätsel XY ungelöst

Gleich zu Jahresbeginn 2014 meldete t-online eine kleine, nein, eine richtig große Sensation:

Klimawandel: Das Wolken-Rätsel ist wohl gelöst
[…] [Die] Klimasensitivität […] besagt, wie groß die Erwärmung ausfällt, wenn sich die Treibhausgas-Konzentration auf 560 ppm verdoppelt. Laut dem jüngsten Bericht des Uno-Klimarats IPCC wäre dann eine Erwärmung zwischen 1,5 und 4,5 Grad zu erwarten. Wie hoch der Wert genau ausfallen wird, entscheiden zu großen Teilen die Wolken – und ausgerechnet sie sind besonders schwierig zu berechnen. […] Jetzt aber will ein australisch-französisches Forscherteam das Rätsel gelöst haben. Und die Ergebnisse, die jetzt im Fachblatt „Nature“ veröffentlicht wurden, verheißen nichts Gutes. Der Effekt der Wolken auf die Erwärmung sei unterschätzt worden, schreiben die Wissenschaftler um Steven Sherwood von der australischen University of New South Wales. Die Verdopplung des Kohlendioxids werde die Atmosphäre im globalen Durchschnitt nicht um 1,5 bis 4,5, sondern um 3 bis 5 Grad erhitzen.

Geschrieben hat die Meldung der Spiegel Online Redakteur Markus Becker. Hat er die Nature-Arbeit von Sherwood et al. richtig eingestuft? Die Arbeit stellt sich auf jeden Fall gegen den aktuellen Forschungstrend. Fast monatlich werden derzeit neue Studienergebnisse veröffentlicht, die eine deutlich geringere CO2-Klimasensitivität errechnen, als bislang vom IPCC angenommen (siehe Artikelübersicht hier). Zudem schießen die aktuellen IPCC-Modelle bekanntlich weit über die reale Temperaturentwicklung hinaus (Abbildung 1).

Abbildung 1: Prognosen der IPCC-Klimamodelle (dünne farbig Linien) schießen meilenweit über die reale Temperaturentwicklung (blaue und grüne Punkte) hinaus (Abbildungsquelle). Offensichtlich ist die CO2-Klimawirkung zu hoch angesetzt worden. Sherwood et al. behaupten das Gegenteil: Das CO2 wäre sogar noch klimawirksamer als bislang gedacht. Die verrückte Welt der Klimamodellierung…

 

Wie begründen Sherwood und Kollegen also ihre Außenseiterposition? Lesen wir hierzu kurz auf t-online weiter:

Der Schlüssel der neuen Berechnung liegt nach Angaben der Forscher in der Wirkung der Klimaerwärmung auf die Wolkenbildung. Beobachtungen hätten gezeigt, dass höhere Temperaturen über dem tropischen Meer zu einer schwächeren Wolkenentstehung in geringer Höhe führten. Auf diese Weise erreiche mehr Sonnenlicht die Oberfläche und führe so zu einer noch stärkeren Erwärmung.

Interessant. Eine Klimaerwärmung wird vermutlich zu einer Steigerung des Wasserdampf-Gehaltes in der Atmosphäre führen. Das klingt plausibel. Wenn man einen Topf Wasser auf eine heiße Herdplatte stellt, entsteht jede Menge Wasserdampf. Der vermutete Wasserdampf-Anstieg dient in den Klimamodellen derzeit als wichtiger Verstärker der CO2-Klimawirkung. Allerdings: Mehr Wasserdampf könnte auch zu mehr tiefen Wolken führen, die wiederum kühlend wirken. Der Wiki-Bildungsserver erklärt:

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