Das Römische Imperium beherrschte das zentrale Mittelmeergebiet fast tausend Jahre lang (500 v. Chr bis 500 n. Chr.) und erlebte starke langfristige Klimazyklen mit warmen und kalten Phasen. Auch die Regenmengen schwankten signifikant, wobei sich die ausgeklügelte landwirtschaftliche Produktion der Römer an Feucht- und Dürrephasen anpassen musste.
Eine niederländische Forschergruppe um Brian Dermody von der Universität Utrecht hat sich die Klimageschichte des Mittelmeerraums jetzt anhand der veröffentlichten Daten im Zusammenhang näher angeschaut und versuchte mit statistischen Methoden aus den zum Teil widersprüchlichen Zahlen ein Gesamtbild für die Zeit 1000 v. Chr. bis 1000 n. Chr. zu erstellen. Zusätzlich führten sie auch Modellierungen durch. Die Studie erschien vor kurzem in der Fachzeitschrift Climate of the Past.
Eine besonders feuchte Phase konnte für die Zeit um das Jahr Null in Israel und Spanien sowie in anderen Teilen Europas wie etwa Norwegen registriert werden. In anderen Teilen der Region, wie zum Beispiel in der Türkei und im zentralen Mittelmeergebiet mit Griechenland und Tunesien herrschten zur gleichen Zeit jedoch außergewöhnlich trockene Bedingungen.
Die Forscher puzzelten die komplexen Verhältnisse zusammen und konnten herausarbeiten, dass in der Region eine Art „Feuchtigkeitsschaukel“ ausgebildet war, wobei sich Feucht- und Dürrebedingungen im 1000er-Jahrestakt in den jeweiligen Gebieten austauschten. Wo vorher Dürre herrschte, zog Feuchtigkeit ein und umgekehrt. Dies belegt noch einmal eindrucksvoll, dass es bereits in vorindustrieller Zeit einen signifikanten, natürlichen Klimawandel gegeben hat.
Es stellt sich die Frage, was nun diese klimatischen Veränderungen wohl ausgelöst haben könnte, wenn es das CO2 offensichtlich nicht gewesen sein kann. Dazu schaute sich das niederländische Forscherteam an, wodurch das Klima im Mittelmeer heute beeinflusst wird. Dabei stießen sie auf eine ähnlich geartete „Feuchtigkeitsschaukel“ wobei sich die Regenmengen im südöstlichen Teil des Mittelmeeres gegensätzlich zu den im übrigen mediterranen Gebiet verhalten. Die jeweiligen Wechsel werden dabei von der Nordatlantischen Oszillation (NAO) gesteuert, die den Druckunterschied zwischen dem Azorenhoch und dem Islandtief darstellt. Es sind also Veränderungen im Atlantik, die das heutige Klima im Mittelmeer zum schwanken anregt.
Brian Dermody und seine Kollegen überlegten sich nun, welcher Mechanismus wohl für die längerfristige Entwicklung der von ihnen untersuchten Römerzeit in Frage kommen könnte. Dabei verglichen die Forscher die zeitliche Entwicklung im Mittelmeer mit der Temperaturentwicklung des Nordatlantiks – und wurden fündig. Offensichtlich war die beobachtete mediterrane Entwicklung eng an die langen Klimazyklen im Atlantik gekoppelt, für die der Amerikaner Gerard Bond eine Zyklendauer im Bereich von 1000-2500 Jahren für die gesamte Nacheiszeit nachweisen konnte. Dies entspricht den solaren Hallstatt- und Eddy-Zyklen. Wie wir in unserem Buch „Die kalte Sonne“ in Kapitel 3 detailliert zeigen konnten, wurden diese Zyklen mittlerweile aus vielen anderen Teilen der Welt nachgewiesen und verlaufen in beeindruckender Weise synchron zur Sonnenaktivität. Ein solarer Ursprung für diese Zyklik ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Offensichtlich hat die solar-gesteuerte, globale Klimazyklik auch das Mittelmeergebiet dominiert, wenn auch in komplexer regionaler Weise.
Leider versäumen es die Autoren der Arbeit auf die vielen guten Hinweise für einen solaren Ursprung der von ihnen eindrucksvoll dokumentierten klimatischen Millenniumszyklik hinzuweisen. Bond selber hatte eine solare Interpretation in seinem 2001 in Science erschienenen Artikel favorisiert. Das Team um Dermody zitiert jedoch lieber eine Studie, die klimainterne Schwankungen als Mechanismus vorschlägt, was jedoch aufgrund der hohen Synchronität mit der Sonnenaktivität nicht plausibel erscheint.
Auf welche Weise könnten die solaren Klimazyklen nun im Mittelmeergebiet gewirkt haben? Die niederländischen Forscher nehmen an, dass sich die Starkwindbänder des Jetstream verschoben und in ihrer Intensität verändert haben. Die Wissenschaftler sehen dabei eine Kopplung an die nordatlantischen Temperaturen. Allerdings wies der Engländer Mike Lockwood 2011 daraufhin, dass der Jetstream auch durch solare Aktivitätsschwankungen beeinflusst wird. Eine solare Steuerung wird dadurch noch wahrscheinlicher.
Zu erwähnen wäre zudem, dass wohl die Entwaldung der Region durch die Römer keinen Einfluss auf die Feuchtigkeitsentwicklung gehabt hat, was die Autoren mit Modellierungsergebnissen sowie anhand von archäologischen Daten begründen.
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