Die deutschen Medien fielen im August 2015 auf eine fragwürdige Lobbystudie der Grünen zum Klimawandel herein. Beispiel ntv, wo am 21. August 2015 zu lesen war:
„Phasen extremer Hitze“Klimawandel erreicht Deutschland
Skeptiker reduzieren die Folgen der Klimaveränderungen zuweilen auf nicht mehr als ein bisschen mediterranes Flair für Deutschland. Für die heimische Flora hat die schleichende Erwärmung jedoch knallharte Konsequenzen. […] Die Fraktion der Grünen im Bundestag hat die Studie „Brennpunkte des Klimawandels in Deutschland“ bewusst im Vorfeld des Klimagipfels veröffentlicht, der am 30. November in Paris beginnt. Die Teilnehmer der UN-Konferenz sollen eine neue Klimaschutz-Vereinbarung verabschieden. […] „Hitzewellen, Stürme und Überschwemmungen haben schon in den vergangenen zehn Jahren spürbar zugenommen – Das ist aber nur ein kleiner Vorgeschmack. In den nächsten Jahrzehnten dürften die Wetterextreme in Deutschland noch deutlich schneller aufeinanderfolgen“, sagt Bärbel Höhn. Die Grünen-Politikerin ist Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt- und Naturschutz. Sie plädiert für eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie im Heizungsmarkt und für geringere Verbrauchsobergrenzen bei Neuwagen.
Da lohnt sich ein Blick in die Originalarbeit, die als pdf auf der Grünen-Webseite verfügbar ist. Autorin der Auftragsstudie ist Dr. Stefanie Groll. Auf der letzten Seite der 43-seitigen Broschüre erfahren wir mehr über Frau Groll:
Dr. Stefanie Groll ist freie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Klima- und Energiepolitik. Sie recherchiert und analysiert, schreibt Studien und verfasst journalistische Beiträge für Stiftungen, Verbände und Parteien. Seit 2009 ist Stefanie Groll in der Klima- und Energiebewegung engagiert. Fachliche Expertise hat sie also durch berufliche und private Beschäftigung mit politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekten von Klimawandel erworben. Sie promovierte von 2009 bis 2013 an der Graduate School of Politics der Universität Münster.
Stefanie Groll ist laut eigener Einlassung eine Klimaaktivistin. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition, die Interessenskonflikten Tür und Tor öffnet. Diese Kleinigkeit verschweigt ntv und lässt die Autorin quasi als unabhängige Gutachterin erscheinen. Zudem scheint Frau Groll von der Ausbildung her keinlerlei naturwissenschaftliche Fächer mitzubringen. ‚Graduate School of Politics‘ lässt auf eine eher politische Fachausrichtung schließen. Auch dies keine gute Grundlage für die Beschäftigung mit komplizierten klimatischen Fragen.
Schauen wir nun in die Studie. Frau Groll beginnt mit den apokalyptischen Prognosen des IPCC, die auf Grundlage einer stark überhöhten CO2-Klimasensitivität entstanden sind und daher weit über das Ziel hinausschießen. Die wirklich wichtigen Fragen lässt Stefanie Groll unbeantwortet: Gibt es heute mehr Hitzewellen als vor 1000 Jahren als es schon einmal so warm war wie heute? Lieber schockt die Autorin mit dem Verlust des geliebten Wintersports:
Schneefreie Alpen – Abschied vom Wintersport absehbar
Ärgerlich. Groll hat sich hier nicht einmal die Mühe gemacht, die Fakten nachzuprüfen:
- Winter in Deutschland immer milder? Februar-Temperaturen sind während der vergangenen 28 Jahre immer weiter abgesackt
- Ärgerlich: Winter in Salzburgs Bergen sind in den vergangenen 30 Jahren kälter geworden
- Alpenwinter werden seit 26 Jahren kälter
- Pressemitteilung des Verbands Deutscher Seilbahnen: “Von einem ‘AUS’ des Wintersports aufgrund des Klimawandels, wie es häufig prognostiziert wird, kann demnach keine Rede sein”
Dann geht es um den städtischen Wärmeinseleffekt, der nun wirklich nichts mit dem Klimawandel zu tun hat. Groll schürt weiterhin Ängste um den deutschen Wald:
Den Thüringer Wäldern und die Thüringer Forstwirtschaft gelten als mäßig bis stark durch den Klimawandel gefährdet. Die im Freistaat wichtige Holzindustrie muss sich dem anpassen.
Groll kennt offensichtlich nicht die Ergebnisse der Bundeswaldinventur („Unerwartete Wendung: Laut der dritten Bundeswaldinventur geht es dem deutschen Wald gut„). Für Rhein & Ruhr sieht die Autorin schwarz:
Noch mehr Regen an Rhein und Ruhr
Nordrhein-Westfalen ist schon jetzt Spitzenreiter in Sachen Niederschlag, in Folge des Klimawandels dürfte es noch nasser werden an Rhein und Ruhr. Die Hochwassergefahr nimmt zu, wenn sich in Süddeutschland und NRW selbst die Winterniederschläge intensivieren. Der Rheinpegel bei Köln und Düsseldorf dürfte auch in Folge der alpinen Gletscherschmelze steigen. Neben zunehmender Hochwassergefahr zeigt sich eine Tendenz der Zunahme von starken Winterstürmen und Tornados. Wann, wo und in welcher Intensität sie auftreten, vermögen Klimawissenschaftler/innen jedoch nicht zu sagen.
Viele Behauptungen, jedoch weitgehend ohne fachliche Basis. Seriöse Fachuntersuchungen zeigen nämlich oft das genaue Gegenteil von dem, was Stefanie Groll hier suggeriert:
- Klimabericht des Umweltbundesamtes (UBA) zu Deutschland: Kein statistisch gesicherter Anstieg extremer Niederschläge oder von Trockenperioden
- Hessischer Starkregen aus dem Juli 2014 eine Folge des Klimawandels? Eher unwahrscheinlich. Statistiken zeigen eine Abnahme schwerer sommerlicher Regengüsse während der letzten 100 Jahre
- Neue begutachtete Studie in Nature Climate Change: Klimawandel lässt Hochwasser in Europa wohl in Zukunft seltener werden
- Eine unbequeme Wahrheit: Während der Kleinen Eiszeit waren die Stürme in Europa stärker als heute
- Helmholtz-Zentrum Geesthacht: Winterstürme in Nordwesteuropa bisher nicht vom Klimawandel beeinflusst
Kein Wunder, dass man im Literaturverzeichnis der Broschüre internationale Fachliteratur vergeblich sucht, dafür aber auf etliche populärwissenschaftliche Bücher aus der IPCC-Ecke trifft. Das Fazit ist bitter: Eine lupenreine Lobbystudie einer fachfernen Autorin, die von den Grünen als seriöse Untersuchung verpackt und verkauft wird. Peinlich hoch zwei. Ob es irgendwer bemerkt hat?
Wer sich für die wahren Hintergründe des Klimawandels in Deutschland interessiert, dem sein unsere Analyse „Klimawandel in Deutschland: Eine geowissenschaftliche Betrachtung“ empfohlen, die auf einer Auswertung der internationalen Fachliteratur durch einen Naturwissenschaftler basiert.