Vor kurzem feierte das Hamburger ‚Climate Service Center‘ (CSC) sein 5-jähriges Jubiläum. Auf seiner Webseite beschreibt sich das CSC wie folgt:
Die Mitarbeiter des Climate Service Center liefern ein breites, wissenschaftsbasiertes Informations- und Dienstleistungsangebot. Das Ziel ist, den wachsenden Beratungsbedarf zu Klimafragen zu erfüllen und Informationslücken zwischen Wissenschaft und Praxis zu schließen. […] Das Climate Service Center wurde von der Bundesregierung als ein wesentliches Element der „Hightech-Strategie zum Klimaschutz“ ins Leben gerufen und ist eine Einrichtung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. Gefördert wird die Einrichtung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Unterstützt wird die Initiative zudem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Das Climate Service Center zieht Bilanz: Ende Mai 2014 endete die fünfjährige Förderphase des BMBF für das Climate Service Center, das im Anschluss als selbstständige wissenschaftliche Serviceeinrichtung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht verstetigt wurde.
Der Direktor des CSC war bislang der Belgier Guy Brasseur. Brasseur hat als einer der Hauptautoren den vierten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) koordiniert, ist also eng mit dem IPCC verbandelt. Seit Juni 2014 führt nun die Klimamodelliererin Daniela Jacob die Geschäfte. Auch Daniela Jacob selbst ist übrigens Teil der IPCC-Familie. Sie ist eine der Hauptautoren für den 5. Sachstandsbericht des IPCC. Jacob fiel uns kürzlich in der Presse durch ihre knallharte klimaalarmistische Linie auf (siehe unseren Beitrag „Ein Fall von Schleichwerbung? Versicherungswirtschaft platziert beunruhigenden Extremwetterartikel bei Schleswig Holsteiner Tageszeitungsgruppe„).
Im Rahmen der Bewerbung der Klimaapokalypse gibt das CSC regelmäßig Newsletter heraus. So war in der Ausgabe aus dem März 2014 Folgendes zu lesen:
Global verlangsamter Klimawandel: regional nicht zu erkennen
Der zurzeit beobachtete verlangsamte Anstieg der globalen Jahresmitteltemperatur darf nicht mit einer allgemeinen Verlangsamung des Klimawandels gleichgesetzt werden. Darauf weist eine Studie hin, die globale und regionale Werte miteinander vergleicht. Die Wissenschaftler machen darauf aufmerksam, dass der Fokus bei der Beurteilung klimatischer Veränderungen nicht nur auf der globalen Mitteltemperatur liegen sollte. Von weitaus größerer Bedeutung sei die Betrachtung regionaler Veränderungen, wie zum Beispiel die monatliche Entwicklung extremer Temperaturen über Landflächen. Denn nur bei diesem klein-skaligeren Ansatz ist es überhaupt möglich, regionale und saisonale Trends wahrzunehmen. Hierbei zeigen die Ergebnisse, dass der global verlangsamte Temperaturanstieg auf regionaler Ebene nicht bestätigt werden kann. Regional steigt die Temperatur vielerorts nach wie vor an. Aus diesem Grund kann man nur dann von einem verlangsamten Klimawandel sprechen, wenn der Trend nicht nur bei globalen Jahresmittelwerten zu erkennen ist, sondern gleichfalls in regionalen Datenreihen mit kürzeren Beobachtungsintervallen, d.h. wenn sich der beobachtete Trend auf das allgemeine Verhalten des Klimasystems bezieht.Seneviratne, S.I. et al. (2014): No pause in the increase of hot temperature extremes, Nature Climate Change 4, 161–
163 doi:10.1038/nclimate2145
Ganz offensichtlich behagt dem CSC die langjährige Erwärmungspause wenig, so dass man händeringend nach Erklärungsmöglichkeiten sucht und entsprechende Ideen in der Öffentlichkeit sogleich breit streut, auch wenn sie so vage wie im zitierten Paper sind. Im Prinzip haben sich die Autoren in der Studie auf die Suche nach Regionen gemacht, in denen in den letzten fünfzehn Jahren eine Erwärmung stattgefunden hat. Da das Klima komplex ist, fanden sich natürlich einige geeignete Kurven in der großen weiten Welt, die daraufhin stolz präsentiert wurden: Seht her, und es wärmt sich doch!
Ein in der deutschen Politik tätiger Leser wunderte sich über den plumpen Artikel in den CSC-News und schrieb an die zuständige Redakteurin Sandra Pingel:
Sehr geehrte Frau Pingel,
[…] Diese beiden Teaser hier vom März überzeugen mich nicht; das ist keine Kritik an Ihnen, sondern an dem, was da verkündet wird. […] Klar ist die [lokale Temperaturentwicklung] für den regionalen Hausgebrauch wichtiger, aber trotzdem muss doch eine mathematische Logik gewahrt sein?! Wenn die Mitteltemperatur global nicht mehr steigt, in bestimmten Regionen aber doch, dann muss sie in anderen Regionen logischerweise gesunken sein, sonst geht es nicht auf?! Und wozu berechnet man überhaupt noch globale Zeitreihen, wenn sie als nicht wirklich relevant gelten, obwohl andererseits das globale 2-Grad-Ziel weiterhin als Maß aller Dinge gilt?
Vielleicht erklärt sich der seltsame Artikel im Fachmagazin Nature Climate Change, wenn man sich die Herkunft der Autoren näher anschaut. Und man muss gar nicht lange suchen. Schon nach ein paar Google-Klicks wird klar, dass die Autoren zur mächtigen IPCC-Familie gehören. Sonia Seneviratne von der ETH Zürich war 2009 bis 2012 Coordinating Lead Author des IPCC SREX report. Die Koautoren Markus Donat und Lisa Alexander waren als Contributing Author bzw. Leitautor beim 5. Klimazustandsbericht (AR5) des IPCC mit dabei. Und auch die vierte Autorin ist durch ihre ehemalige Zugehörigkeit zu Seneviratnes Arbeitsgruppe IPCC-gefärbt. Offensichtlich hat sich hier eine IPCC-Gruppe zusammengefunden, um den peinlichen Erwärmungsstopp schönzuschreiben, den kein einziges der vormals hochgelobten IPCC-Klimamodelle für möglich gehalten hatte. Die IPCC-nahen CSCler Brasseur und Jacobs boten dem Artikel dann sogleich hocherfreut eine Bühne, anstatt sich öffentlich mit den Defiziten der Klimamodelle zu beschäftigen. So viel Offenheit wäre vielleicht auch zuviel verlangt, zumal die neue CSC-Chefin selber zu den gescholtenen Klimamodellierern zählt und es verständlicherweise vorzieht, die Probleme unter den Teppich zu kehren.
Im selben Newsletter des CSC geht es dann löblicherweise um die Rolle der Ozeanzyklen:
Klimawandel: der holprige Weg in eine wärmere Zukunft
Die Klimavariabilitäten in Zeitachsen zwischen 10 und 30 Jahren werden noch nicht ausreichend erfasst. Doch seit der sogenannten Klimaerwärmungspause seit Ende der 1990er Jahre sind Klima-Schwankungen, die sich innerhalb weniger Jahrzehnte abspielen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gelangt, weil sie eine wichtige Rolle bei der Abschätzung des Klimawandels und seiner Folgen spielen. Lange hat es die Wissenschaft versäumt zu verdeutlichen, dass ein allgemeiner Temperaturanstieg kein linearer Prozess ist, der von Jahr zu Jahr zu einem konstanten Anstieg der Temperaturen führt. In einem Kommentar im Wissenschaftsmagazin Nature weist der Klimaforscher Martin Visbeck nun darauf hin, dass diese Klimavariabilitäten zu lang sind, um sie einfach nur auszusitzen, aber zu kurz, um sich vollkommen anpassen zu können. Daher müsse sich die Forschung stärker den dekadischen Klimaveränderungen widmen. Dabei sollte insbesondere die zentrale Rolle der Ozeane als wichtigste Wärmespeicher und ihre quasi-zyklischen Phänomene, wie zum Beispiel die El Niño Southern Oscillation (ENSO) stärker in den Forschungsfokus rücken, um das „Holpern“ der Klimavariabilität besser zu verstehen.Vibeck, M. (2014): Bumpy path to a warmer world, Nature Geoscience 7, 160–161, doi:10.1038/ngeo2104
Ein guter Anfang. Mittlerweile wird immer klarer, dass ein großer Teil der Erwärmung 1977-1998 von den Ozeanzyklen herrührt, die jetzt in ihre kühlende Phase engetreten sind und jetzt die weitere Erwärmung hemmen. Hieraus folgt jedoch auch, dass die Klimawirkung des CO2 in den Modellen deutlich zu hoch angesetzt wurde, da man die gesamte Erwärmung der letzten vierzig Jahre dem CO2 zugeschrieben hatte und davon ausging, bei der starken Erwärmungsrate 1977-1998 würde es sich um den langjährigen Mittelwert handeln, der sich so fortsetzen würde. Das hätte gerne im CSC-Blatt erwähnt werden können. In seinem Brief an CSC-Redakteurin Pingel kommentiert der genannte Leser den Beitrag wie folgt:
Dass so ein Prozess nicht linear verläuft, weiß ich (als Halb- oder Dreiviertel-Laie) schon lange und man kann es ja auch an den Zeitreihen ablesen, die sich z. B. für Deutschland rückwirkend für 250 Jahre mühelos errechnen lassen, mit Hilfe eines simplen Taschenrechners, denn Messwerte liegen seit Mitte des 18. (!) Jahrhunderts vor. Mir scheinen sie zu bestätigen, dass auch hierzulande der Anstieg derzeit stagniert (wenn man die 30-Jahres-Perioden anguckt), bzw. zurückgeht, wenn man kürzere Zeiträume betrachtet: Nachdem in der Zehnjahresperiode 1999 bis 2008 der bisher höchste Wert erreicht wurde (9,42 Grad), ist es danach fünfmal hintereinander deutlich weniger gewesen und zuletzt war wieder das Niveau vom Anfang des Jahrhunderts (des 21.) erreicht, wohlgemerkt in Dekaden betrachtet, nicht einzelnen Jahren, und regional! Meines Wissens gibt es sogar Zeitreihen für die einzelnen Bundesländer, da sieht es auch nicht anders aus. Das ist alles bekannt und insofern bringt es uns nicht weiter, wenn Wissenschaftler und Kommentatoren jetzt so allgemeinplätzig argumentieren.
Variabilität… Wie ist es denn – wenn ich schon dabei bin – mit der Klimasensitivität? Wenn ich es richtig verstehe, geht es da seit fast 120 Jahren (Arrhenius) um den Versuch, die Korrelation von Treibhausgas-Emission, -Konzentration und deren Auswirkung auf den Treibhauseffekt durch eine griffige Zahl auszudrücken. Diese Zahl allerdings schwankt laut neuestem IPCC-Sachstandsbericht zwischen 1,5 und 4,5 Grad Erwärmung, jeweils bei Verdoppelung der CO2-Konzentration. Mit anderen Worten: Man weiß es nicht. Oder ist, bei einer derartigen Bandbreite von Möglichkeiten, diese Behauptung ungerecht?
Ich finde, all dies hört sich ein bisschen so an wie: Bisher haben wir unsere Computer rechnen und rechnen lassen, Tag und Nacht, aber vielleicht sollten wir doch mal ein paar Schritte zurück machen und überlegen, was sie eigentlich sinnvollerweise ausrechnen sollen. Also, bitte entschuldigen Sie diesen Spontanausbruch eines lesenden Nicht-Naturwissenschaftlers. Meinen Sie, dass mir jemand aus Ihrem Hause darauf antworten könnte?
Es wäre wirklich schön, wenn das Climate Service Center auf die Fragen und Hinweise des Lesers eingehen könnte. Hiervon sollte man ausgehen, denn die Beantwortung von Fragen aus der besorgten Öffentlichkeit fällt genau in den vom CSC selbst angegebenen und mit Steuermitteln finanzierten Tätigkeitsbereich. Man erinnere sich:
Die Mitarbeiter des Climate Service Center liefern ein breites, wissenschaftsbasiertes Informations- und Dienstleistungsangebot. Das Ziel ist, den wachsenden Beratungsbedarf zu Klimafragen zu erfüllen und Informationslücken zwischen Wissenschaft und Praxis zu schließen.