Im Jahr 2000 veröffentlichte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) das bemerkenswerte Buch „Klimafakten“, in dem die Forscher überzeugend darlegten, dass natürliche Klimaschwankungen integraler Bestandteil der historischen und daher auch aktuellen Klimaentwicklung sind. In dem von Ulrich Berner und Hansjörg Streif herausgegebenen Buch fassten mehr als 40 Wissenschaftler der Hannoveraner Bundesbehörde die wichtigsten Fakten zum Thema Klima in einer leicht verständlichen und ansprechend illustrierten Form zusammen. Bereits in der Einleitung gingen die Autoren auf das entscheidende Grundproblem ein und zeigen auch gleich einen vernünftigen Lösungsweg auf: „Es ist schwierig oder gar unmöglich, zwischen natürlicher Klimaentwicklung und einer durch den Menschen beeinflussten Klimaschwankung zu unterscheiden. Will man das natürliche Klimasystem verstehen, so hilft nur der Blick zurück und zwar in Zeitabschnitte der Vergangenheit, in denen der Mensch nicht oder nur sehr gering aktiv war.“ Aus ihrer fundierten, geowissenschaftlichen Perspektive setzen die Autoren die Klimaerwärmung von der Kleinen Eiszeit hin zur Modernen Wärmephase in einen Kontext mit dem hierzu parallelen Anstieg der Sonnenaktivität. In „Klimafakten“ lesen wir über den Gleichlauf von kosmischer Strahlung und Wolkenbedeckung (also den Svensmark-Solarverstärker, siehe auch Kapitel 6 in „Die kalte Sonne“ sowie Svensmark-Gastbeitrag) sowie das antarktische Gletscherkalben, das als normaler Bestandteil des antarktischen Eiszyklus entzaubert wird.
Die Klimawirkung des CO2 sehen die Hannoveraner Geowissenschaftler nüchtern: „Diese Rekonstruktionen machen deutlich, dass Kohlendioxid nicht die treibende Kraft für die Temperaturentwicklung in der [geologischen] Vergangenheit war. Die Temperaturen und Kohlendioxidmengen der Atmosphäre haben sich vielfach unabhängig voneinander entwickelt.“ (Klimafakten, 4. Aufl., S. 77). Und weiter: „Darüber hinaus belegen die Rekonstruktionen von Temperatur und Kohlendioxid klar, dass die atmosphärische Kohlendioxidkonzentration über die letzten 570 Millionen Jahre hinweg die Lufttemperatur nicht maßgeblich gesteuert hat. Vielmehr waren es geologische Faktoren – die Entstehung und das Auseinanderbrechen von Kontinenten, die Auffaltung neuer Gebirge – die in unterschiedlichem Ausmaß prägenden Einfluss auf das Klima und damit auch auf Kohlendioxid und Temperatur gehabt haben“ (Klimafakten, 4. Aufl., S. 84).
Die BGR erkannte schon damals die entscheidende Rolle von Schwankungen der Sonnenaktivität für das Erdklima: „Seit langem ist bekannt, dass das Auf- und Ab der Temperaturen in der Vergangenheit erstaunlich gut mit Variationen der Sonnenaktivität, d.h. mit Veränderungen der von der Sonne eintreffenden Energie, übereinstimmt [..] Wir erkennen zwar den Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Klima, leider wissen wir aber noch nicht genau, wie diese Steuerung durch die Sonne funktioniert und sind auf Spekulationen angewiesen. […] Solange wir die physikalischen und chemischen Prozesse, die das Klimasystem antreiben, noch nicht vollständig verstehen, können wir das Klima auch nicht wirklichkeitsnah modellieren! Aufwändige Modelle mit vielen Einflussfaktoren und einer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung versuchen zwar, in die nähere Klimazukunft zu schauen, jedoch ist ein solches Szenario noch lange keine zuverlässige Prognose“ (Klimafakten, 4. Aufl., S. 210). Mit ihrem mutigen Buch stellte die BGR die Alleinherrschaft des Klimagases CO2 in Frage und identifizierte die alarmistischen Prognosen des Weltklimarats als unnötige Übertreibung. Dies teilte die Behörde auch damals dem Bundeswirtschaftsministerium in einer offiziellen Stellungnahme zum 3. IPCC-Bericht von 2001 mit. Das Wirtschaftsministerium beauftragte damals die Anstalt noch regelmäßig mit Stellungnahmen zur Klimapolitik.
Die Kritik am geliebten Weltklimarat konnte das Klima-Establishment selbstverständlich nicht dulden. Die Gegenattacken ließen nicht lange auf sich warten. In einem ‚vertraulichen‘ Dossier, das sogleich seinen Weg über die taz in die Öffentlichkeit fand, kommentierte etwa das Umweltbundesamt (UBA) die Einschätzungen der konkurrierenden Schwesterbehörde als „irrelevant“, „eindeutig falsch“, „anmaßend“ oder „fernab jeder Realität“ und forderte, dass sich die Bundesregierung beim IPCC für die Fehleinschätzung entschuldigen müsse. Ein Sprecher des Umweltministeriums stellte die Hannoveraner als gekaufte Vasallen hin, denen es offenbar darum ginge “die Interessen der Energieindustrie zu vertreten”. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif bezeichnete in einer Monitor-Sendung vom 1. März 2007 die Einschätzungen der BGR-Kollegen zum Klimawandel als „Schande” die die gesamte Klimaforschung „in den Dreck zieht”. Hans Joachim Schellnhuber, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), und damals offizieller Klimaberater der Bundesregierung, legte nach: „Die Meinung der BGR ist randständig, und die Behörde spielt keine Rolle in der internationalen Klimadiskussion“. Er nahm den Vorfall zum Anlass, einmal ein ernstes Wörtchen mit dem damaligen Wirtschaftsminister Glos darüber zu reden, „von wem sich sein Ministerium beraten lässt, und ihm den neuesten Stand der Klimaforschung erläutern“. Auch sein PIK-Kollege Stefan Rahmstorf stänkerte eifrig gegen die Klimafakten. Und Sigmar Gabriel empörte sich: Da werde „aus der Tiefe des Gemüts Propaganda gegen den Klimaschutz gemacht – auf Kosten des Steuerzahlers“ (Hannoversche Allgemeine Zeitung, HAZ 12.12.2009). Die Herausgeber des BGR-Buches Klimafakten landeten auch sogleich auf einer von der IPCC-Seite geführten internen Schwarzen Liste, auf der die Namen deutscher Klimaskeptiker gesammelt wurden.
Als der damalige Präsident der BGR, Friedrich-Wilhelm Wellmer, 2005 in den Ruhestand ging, wurde die Gunst der Stunde genutzt und zwei Jahre später ein Studienfreund des IPCC-nahen Klimaforschers Mojib Latif als neuer Präsident installiert (HAZ, 12.12.2009), um die Klimadebatte bei der BGR nachhaltig unter Kontrolle zu bekommen. Seitdem Hans-Joachim Kümpel am Ruder ist, weht in der Behörde ein anderer Wind. Von natürlichen Klimaschwankungen will die Behörde plötzlich kaum noch etwas wissen, vielmehr sollte nun vor allem über Fragen der Anpassung an den Klimawandel geforscht werden. Dafür brauchte die BGR selbstverständlich neues Personal. Einige Dutzend neue Forscher wurden damals sogleich beantragt. Offensichtlich waren die vorbelasteten BGR-Kollegen mit den abwegigen Außenseiter-Positionen hierzu nicht zu gebrauchen. Man munkelt, dass Kümpel den Hauptakteuren damals wohl eine Art Schweigegebot auferlegt haben. Später löste er die ganze Gruppe um die Klimafakten-Autoren Berner und Delisle einfach auf. Nach Wellmers Pensionierung wurde das sehr lesenswerte Buch trotz ungebremster Nachfrage nicht mehr neu aufgelegt und ist seit langem vergriffen. Heute ist es nur noch mit Glück antiquarisch zu beziehen. Die letzte und vierte Auflage war 2004 erschien. Die ursprünglich angedachte Übersetzung ins Englische wurde wieder verworfen.
In mehreren Interviews in Spiegel, taz und Bild der Wissenschaft versuchten die BGRler damals Ihre Beweggründe, Thesen und Ziele des Buches in der Öffentlichkeit zu erläutern. In der taz sagte Klimafakten-Co-Autor Georg Delisle: „Unser Ziel ist das gleiche wie das der Klimaschützer. […] Wir finden nur, das Energiesparen sollte eher mit der Verknappung der Ressourcen begründet werden und weniger mit einer möglicherweise drohenden Klimakatastrophe.“ Die Datenbasis des IPCC-Berichts sei im „Groben und Ganzen unbestritten“, doch die BGR ziehe eben andere Schlüsse daraus als die „Klimakatastrophenwissenschaftler“, die in ihren Modellen immer noch „sehr große Fehlermargen“ hätten und ihre Resultate oft „wissenschaftlich einseitig begründen“. Delisle unterstreicht dabei, dass er und seine Geologen-Kollegen genauso qualifiziert sind sich zu den Klimawissenschaften zu äußern, wie die Mehrheit von Meteorologen, Ozeanografen und Klimawissenschaftlern, die die Debatte dominieren. Er stellte auch klar, dass die BGR wegen ihrer „abweichenden, sehr differenzierten Meinung“ schon öfter aus den Diskussionen ausgegrenzt worden ist. Er gibt zu bedenken: „Die Mehrheit muss in der Wissenschaft nicht recht haben“.
Bild der Wissenschaft fragte Ulrich Berner nach seiner Klimaketzerrolle, worauf Berner antwortete: „Ich sehe mich nicht als Ketzer. Wir wollten in dem Buch Fakten darstellen, die hier im Hause im Verlauf von mehr als 30 Jahren erarbeitet wurden, und diese in einer Zusammenschau weiterer internationaler Arbeiten präsentieren. Ich bin auch kein Einzelkämpfer. In diesem Buch haben über 40 weitere Autoren die Forschungssituation beschrieben, mit dem Ergebnis: Die Rolle des CO2 wird möglicherweise überschätzt.“ Im Spiegel-Interview wurde Berner gefragt, was denn sein oberster Dienstherr, der damalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller zu den BGR-Klima-Erkenntnissen sagen würde. Berner: „Das Ministerium hat sich sehr positiv zu unserem Buch geäußert. Wir sind eine nachgeordnete Behörde des Wirtschaftsministeriums, weshalb unsere neuen Erkenntnisse dort auch schnell landen.“ Zur Frage, wie sich denn die große Anzahl der im IPCC organisierter Forscher irren könnte, antwortet Berner: „Die Aussagen des IPCC sind überhaupt nicht eindeutig. Innerhalb der Fachgemeinde gehen die Auffassungen weit auseinander. Lediglich die so genannte Summary for Policymakers, die Zusammenfassung für die politischen Entscheidungsträger, suggeriert eine Einigkeit, die in Wahrheit nicht existiert.“
Viele der Reaktionen und Argumente erzeugen ein starkes deja vu, erinnern sehr an die heutige Klimadebatte. Auch 10 Jahre nach der Veröffentlichung des BGR-Buchs Klimafakten hat sich an vielen Verhaltensmustern noch immer nichts geändert. Viele der bereits von der BGR zu recht vorgebrachten Argumente hat das deutsche Klima-Establishment seitdem einfach ignoriert oder mit Scheinargumenten beiseite gewischt. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn Träger der unanfechtbaren Klimawahrheit wie Mojib Latif darauf hinweisen, dass viele von den Klimaskeptikern vorgebrachte Argumente sich im Laufe der Zeit wiederholen. Kein Wunder, denn sie wurden noch immer nicht überzeugend entkräftet und gelten daher weiter.
In der Auseinandersetzung siegten schließlich die von der Klimakatastrophe berauschten Alarmisten. Nach gut zwei Jahrzehnten der Beschäftigung mit dem Thema Klima, fasste Ulrich Berner daraufhin den Entschluss, einen Schnitt zu machen und sich aus der leidigen Klimadiskussion zu verabschieden. Sein heutiges Aufgabengebiet bei der BGR ist fern vom Thema Klima angesiedelt. Berner ist nicht das einzige prominente Opfer in einer Debatte, die sich durch die hartnäckige Verweigerung der IPCC-Seite auszeichnet, den Einfluss natürlicher Klimamechanismen ergebnisoffen, unaufgeregt und unpolitisch zu diskutieren. Auch Augusto Mangini von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften erfuhr das gleiche Schicksal (siehe kürzlicher Blog-Beitrag Augusto Manini – Ein Pionier des Klimarealismus).
Über die Ursachen für diese Verweigerungshaltung des IPCC kann nur gemutmaßt werden. Im abschließenden Kapitel versuchten die BGR-Autoren der „Klimafakten“ vor 10 Jahren damals eine Erklärung, die vermutlich nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt ist: „Speziell Vertreter der Fachdisziplinen Physik und Meteorologie haben in den vergangenen Jahrzehnten das Szenario einer anthropogen verursachten Klimaänderung bevorzugt, wobei sie sich in erster Linie auf theoretische Überlegungen zur klimatischen Wirksamkeit von Treibhausgasen stützen. Geowissenschaftler, die gewohnt sind, in längere Zeiträumen zu denken, haben dagegen umfangreiches Material zur Klimavergangenheit erarbeitet und können zeigen, dass es vor allem natürliche Klimafaktoren sind, die das System seit jeher antreiben und in der Vergangenheit Klimaänderungen verursacht haben, die der heutigen in Art und Umfang gleichkommen“ (Klimafakten 4. Auf., S. 212).
Was die BGR-Forscher damals im Jahr 2000 noch nicht wussten: In den nachfolgenden 12 Jahren würde die Temperatur um keinen Deut mehr ansteigen. Das Buch Klimafakten war seiner Zeit weit voraus. Wenn sich in den kommenden Jahren nun hoffentlich bald endlich die Erkenntnis durchsetzen wird, dass natürliche Klimafaktoren eine sehr viel größere Rolle im Klimageschehen spielen als noch von den ersten 4 IPCC-Berichten angenommen, dann wird dies letztendlich auch eine späte aber wohlverdiente Genugtuung für das mutige BGR-Autorenteam sein.
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Zwar ist das Buch im Handel vergriffen, doch gibt es eine gute Auswahl an Graphiken und Textstellen aus dem Buch im Internet zum Herunterladen:
—Vortrag von Ulrich Berner (Hanns-Seidel-Stiftung in Wildbad Kreuth 2.2.2008)
—Manuskript Klimawandel und CO2 aus geowissenschaftlicher Sicht (Ulrich Berner & A. Hollerbach)
Danke an Rainer Hoffmann und Michael Limburg für Material.