Peinliche Übersetzungspannen in Klimaalarm-Artikel von Zeit Online: Willkommene Sinnentstellungen?

Die Klimakatastrophe ist bekanntlich für fast alles Übel der Erde verantwortlich. Nun soll der Treibhauseffekt angeblich auch das baldige Ende der Nudel verschulden. Diese Schreckennachricht verbreitete jedenfalls unsere Lieblingszeitung „Die Zeit“ in ihrer Onlineausgabe vom 18. Dezember 2012. Bei dem Beitrag handelte es sich um die Übersetzung eines englischsprachigen Artikels von Mark Hertsgaard, der eine Woche zuvor auf The Daily Beast erschienen war, einer mit Newsweek assoziierten Nachrichtenseite im Internet.

Schauen wir einmal rein, was es mit der Nudelkatastrophe auf sich hat. Die Zeit schreibt:

„Wissenschaftler haben starke Belege für einen direkten Zusammenhang zwischen den steigenden Temperaturen und den weltweit sinkenden Erträgen in der Weizenproduktion. Allein in den vergangenen 50 Jahren sank die Weizenproduktion um 5,5 Prozent, während die durchschnittliche Temperatur anstieg.“

Oh Mann. Das hört sich nicht gut an. Die Weltbevölkerung wächst und wächst, und dann ist auch noch die Weizenproduktion in den letzten fünf Jahrzehnten gesunken. Und das trotz fortschreitender Mechanisierung, genetischer Verbesserungen des Saatguts, besserem Dünger, ausgeklügelter Bewässerungssysteme und Ausdehnung der Weizenanbaugebiete auf der Nordhalbkugel Richtung Norden. Das halbe Grad Erwärmung seit 1960 ist ja ein echter Weizen-Killer und CO2 eine ganz schlimme Nudelpest!

Aber irgendwie klingt das Ganze doch reichlich merkwürdig. So dachte wohl auch ein aufmerksamer Teilnehmer des Wetterzentrale-Forums, der sich daraufhin die Mühe machte, die von der Zeit veröffentlichte deutsche Übersetzung mit dem englischen Originaltext zu vergleichen. Und dabei stieß er auf böse Übersetzungsfehler, die der klimaaktivistisch benebelten Redaktion der Zeit offenbar beim Lektorat durch die Lappen gegangen sind. Im englischen Originaltext steht nämlich etwas komplett anderes:

Already, a mere 1 degree Fahrenheit of global temperature rise over the past 50 years has caused a 5.5 percent decline in wheat production compared to what would have occurred in the absence of global warming, according to a study published by David Lobell, a professor at Stanford University’s Center on Food Security and the Environment.“

Die Weizenproduktion ist nämlich in den letzten 50 Jahren gar nicht zurückgegangen. Im Gegenteil, die globale Weizenproduktion hat sich in diesem Zeitraum sogar verdreifacht (siehe Abbildung 1). Im englischen Originaltext steht, dass der Anstieg der Weizenproduktion wohl um 5.5% geringer ausfiel, als wenn es keine Klimaerwärmung gegeben hätte. Das ist so wie wenn sich ein Millionär beklagt, dass er im letzten Jahr leider nur 500.000 Euro gemacht hat, es aber 525.000 Euro hätten werden können, wenn nicht die blöde Eurokrise dazwischen gekommen wäre. Mitleid wegen dieses „Verlusts“ müssen wir mit dem Millionär natürlich nicht haben. Und mit dem Weizen auch nicht. Eher mit dem Übersetzer, der sich diesen sinnentstellenden Schnitzer geleistet hat, ebenso mit der Klimaredaktion der Zeit, die aufgrund ihres religiösen Eifers schon lange den wissenschaftlichen Boden unter den Füssen verloren hat (siehe z.B. unseren Blogartikel „Die Klimakrieger: Investigativ-Reporterinnen der ZEIT ziehen in den heiligen Klimakampf„).

 

Abbildung 1: Entwicklung der globalen Weizenproduktion der letzten 50 Jahre. Daten: FAO. Quelle: WUWT.

 

Lesen wir weiter in der Qualitäts-Übersetzung der Qualitäts-Wochenzeitung Die Zeit:

„Überall auf der Welt ändert sich gerade die Art und Weise, wie der Weizen angebaut werden kann. Drei Viertel der weltweiten Weizenproduktion kommen aus der Mittelmeerregion. Der Klimawandel wird Südeuropa sogar noch härter treffen als North Dakota.“

Wow, drei Viertel der weltweiten Weizenproduktion kommen aus der Mittelmeerregion. Das ist ja doll. China, Russland, Indien und die USA liegen ganz weit abgeschlagen hinter dem Weizen-Powerhouse am Mittelmeer. Was ist das Geheimnis der mediterranen Weizenfarmer?

Kompletter Unsinn. Peinlicher geht es kaum. Erneut versagte die klimatische Qualitätssicherung der Zeit. Die Weizenproduktion ist quer über den Globus verteilt. China, Russland, Indien und die USA spielen in der gleichen Liga wie die EU (Abbildung 2). Von einer Mittelmeer-Dominanz ist in den realen Zahlen keine Spur. Nicht einmal, wenn man Hartweizen („durum“) betrachtet, der für die Nudelherstellung besonders wichtig ist.

Abbildung 2: Globale Übersicht der Weizenproduzenten. Quelle: Seekingalpha.com

 

Autor Mark Hertsgaard spielt dann die Klimakatastrophenkarte und sagt aufgrund fragwürdiger IPCC-Modelle jede Menge Dürren und Hitzewellen bis 2050 vorher. Das würde den Weizen und die Nudel am Mittelmeer stark beeinträchtigen. Die Zeit schreibt:

„Allein in Italien und Frankreich werden die Ernten bis zum Jahr 2050 um bis zu 15 Prozent zurückgehen, weil Hitzewellen und Dürren die Regionen heimsuchen werden, schätzt die Europäische Umweltagentur.“

Eben diese Europäische Umweltagentur hatte es aber doch irgendwie anders gemeint, als es die Zeit verstehen wollte:

As the frequency and intensity of heat waves and drought increase, yields of nonirrigated crops are projected to decline by 5 to 15 percent in Italy and southern France by the 2050s, according to a new report by the European Environmental Agency. Yields in Spain and Portugal could fall by 15 to 25 percent.

Haben Sie’s auch bemerkt? Im englischen Text wird von den „nicht bewässerten Flächen“ gesprochen. Die Zeit lässt dieses kleine scheinbar unwichtige Detail einfach aus. Dabei ist der Anteil an bewässerten Flächen im Mittelmeergebiet bereits heute signifikant und wird weiter wachsen. Diese Flächen sind weit weniger stark beeinträchtigt.

Wie konnte es zu dieser Serie von Fehlern, Fehlinterpretationen und Verdrehungen kommen? Hat die Redaktion der Zeit mittlerweile jeden journalistischen Ethos über Bord geworfen? Ist der klimaaktivistische Drang bereits so groß, dass nun jedes Mittel recht ist? Vielleicht ist nun zum Jahresende ein guter Anlass für die Redaktion, über einen klugen Ausspruch von Hanns Joachim Friedrichs gemeinschaftlich nachzudenken: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“

 

Mit herzlichem Dank an den "Badischen Reisbauern" aus dem Wetterzentrale Forum.
Siehe auch englischsprachige Artikel auf WUWT und notrickszone.com.
Nudel-Abbildung oben rechts: BPARiedl / Lizenz: Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren; es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen und keinen hinteren Umschlagtext.