Die Österreichische Hagelversicherung warb in einer Pressemitteilung vom 28. Dezember 2015 mithilfe der Klimaalarmmasche für ihre Versicherungsprodukte:
Der Klimawandel ist längst auch in Österreich angekommen: 175 Mill. Euro Dürreschäden 2015
Anlässlich des Jahreswechsels zieht die Österreichische Hagelversicherung Bilanz über die Dürreschäden 2015 in der österreichischen Landwirtschaft. Das heurige Jahr hat wieder eindeutig gezeigt: Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen und bringt große Herausforderungen für die Landwirtschaft.
Die Erderwärmung mit all seinen Folgen ist ein globales und somit auch nationales Problem – die Konsequenzen sind auch in Österreich zu spüren. Der Sommer 2015 war weltweit betrachtet der wärmste – in Österreich der zweitwärmste – in der 248-jährigen Messgeschichte. Zudem gab es in Österreich noch nie einen Juli, der heißer war als der heurige. Insgesamt wurden 17 Wüstentage (Tage mit Temperaturen über 35°C) verzeichnet.
Landwirtschaftliche Produktion in Österreich in Zukunft ade?
Dass diese tropischen Temperaturen, verbunden mit den ausgebliebenen Niederschlägen auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel haben, ist klar. „Diese Wetterereignisse zeigen, dass ein Risikomanagement zunehmend für das wirtschaftliche Überleben in der Landwirtschaft unverzichtbar ist. Der Gesamtschaden durch Dürre in der Landwirtschaft bei Herbstkulturen, insbesondere bei Mais, aber auch bei Grünland, Kürbis, Sonnenblumen, Sojabohnen sowie Kartoffeln aufgrund des heurigen Rekordsommers beträgt 175 Millionen Euro. Es hat sich wieder gezeigt, wie verletzbar die standortgebundene Landwirtschaft ist“, zieht Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung als Ernteversicherer zu Jahresende die ernüchternde Bilanz über die Dürreschäden in Österreich.
Getreu dem Motto ‚eine Schwalbe macht noch keinen Sommer‘ sind wir natürlich an den längerfristigen Trends interessiert. Was ist dran an den Klimawarnungen der Versicherung, die den österreichischen Landwirten sicher ordentlich Angst eingejagt haben? Nicht wenige Landwirte werden in ihrer Not nun zusätzliche Versicherungen abschließen, um der vermeintlichen Gefahr zu begegnen. Der Marketing-Plan der Versicherung über den Weg der Klimafurcht scheint aufzugehen.
Wir wollen die Situation hier etwas näher analysieren:
Schadenszahlen:
Die Versicherung versucht mit hohen Schadenszahlen zu beeindrucken. Nun ist es aber dummerweise so, dass die Schäden für Naturkatastrophen allgemein in den letzten 4 Jahren weit unterhalb (und nicht oberhalb) des erwarteten Niveaus liegen. Das hatte die MunichRe gerade erst öffentlich eingeräumt. Vielleicht hätte man sich zwischen München und Wien da etwas besser absprechen sollen?
Desweiteren ist bekannt, dass Schadenssummen zunächst wenig über die Entwicklung des Gefahrenpotentials aussagen. Vielmehr spielen hier vor allem sozioökonomische Faktoren eine Rolle. Mehr Versicherungsnehmer mit mehr versicherten Werten bedeuten eine höhere Schadenssumme. Siehe: „Neue Arbeit von Roger Pielke Jr.: Anstieg der globalen Extremwetterversicherungsschäden basiert fast vollständig auf sozioökonomischen Gründen“
Dürren:
Haben Dürren in Österreich durch den Klimawandel wirklich zugenommen? Die Österreichische Hagelversicherung nennt in ihrer Meldung keine wissenschaftliche Quelle, die dies belegen würde und bezieht sich stattdessen lieber auf ein einziges Jahr. Im Nachbarland Deutschland ist die Situation jedoch klar: Dürren sind NICHT häufiger geworden. Siehe: „Klimabericht des Umweltbundesamtes (UBA) zu Deutschland: Kein statistisch gesicherter Anstieg extremer Niederschläge oder von Trockenperioden„. Ähnliches könnte auch für Österreich gelten.
Hitzewelle:
Die Österreichische Hagelversicherung suggeriert, dass Hitzwellen durch den Klimawandel zugenommen hätten und weiter zunehmen werden. Damit stellt sich die Versicherung gegen die Prognose der Klimabehörde des Alpenlandes. Siehe: „Wiener Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Keine langfristige Zunahme der Temperaturextreme in Österreich„. Die größte Hitzwelle liegt zudem auch ein paar Jahrhunderte zurück: „Europas größte Naturkatastrophe: Hitze-Jahr 1540 bricht alle Rekorde„.
Mittelalterliche Wärmeperiode:
Zur Diskussion des Klimawandels gehört aber auch, dass es vor 1000 Jahren zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode in Österreich bereits schon einmal so warm war wie heute, vermutlich mit einer ähnlichen Häufigkeit von Hitzewellen und Dürren. Schön nachzulesen in Mangini et al. 2005 (pdf) (demnächst auch in der Onlinekarte zur Mittelalterlichen Wärmeperiode):
Reconstruction of temperature in the Central Alps during the past 2000 yr from a delta18O stalagmite record
The precisely dated isotopic composition of a stalagmite from Spannagel Cave in the Central Alps is translated into a highly resolved record of temperature at high elevation during the past 2000 yr. Temperature maxima during the Medieval Warm Period between 800 and 1300 AD are in average about 1.7°C higher than the minima in the Little Ice Age and similar topresent-day values. The high correlation of this record to delta 14C suggests that solar variability was a major driver of climate in Central Europe during the past 2 millennia.
Wie konnte es damals schon einmal so warm wie heute sein, als der CO2-Gehalt der Atmosphäre viel niedriger lag? Überschätzen wir vielleicht die Klimawirkung des CO2 und unterschätzen die natürliche Variabilität des Klimas? Dann sind auch die vorgebrachten Dürrewarnungen mit Vorsicht zu genießen und keine verlässliche Basis für die Planung der landwirtschaftlichen Produktion.
Fazit:
Kundenfang durch das Schüren von Klimaangst ist keine geeignete oder nachhaltige Marketingmethode. Eigentlich müssten die staatlichen Institute hier tätig werden und die Dürrewarnungen der durch wirtschaftliche Interessenskonflikte behafteten Versicherungsindustrie in einen neutralen klimahistorischen Kontext setzen. Weshalb dies nicht geschieht, ist unklar. Vielleicht auch ein Thema für den Bauernbund oder den Österreichischen Unabhängigen Bauernverband?