Nobelpreisverdächtig: Klimawissenschaftliche Wahrheitsfindung findet neuerdings via Abstimmungsverfahren statt

Spiegel Online brachte am 19. Mai 2013 einen lesenswerten Artikel mit dem Titel „Die Nervensäge“ zum schillernden Klimakatastrophen-Orakel James Hansen. Hier ein Auszug:

Der Gast reagierte genervt. Als Joe Oliver, Kanadas Minister für natürliche Ressourcen, kürzlich am Centre for Strategic and International Studies in Washington auftrat, wurde er auf einen seiner Gegner angesprochen: den US-Klimawissenschaftler James Hansen. Wieder und wieder hatte dieser Kanada zum Kurswechsel aufgefordert. Es geht um die riesigen Ölsand-Vorkommen in der kanadischen Provinz Alberta. Dort liegen mindestens 170 Milliarden Barrel Öl im Boden – und möglichst viel davon soll durch eine Mega-Pipeline („Keystone XL“) in die USA fließen. Doch Kritiker wie Hansen warnen beständig vor den ökologischen Folgen. „Übertriebene Rhetorik“ und „ganz einfach Nonsens“ sei das, konterte Oliver. Der Forscher solle sich angesichts seiner Äußerungen „schämen“. Schließlich habe Hansen vor vier Jahren vorhergesagt, dem Planeten drohe der Kollaps („Game Over“), wenn die Kanadier die Förderung der Ölsande fortsetzten. Doch solche Schreckensszenarien schadeten dem „sehr wichtigen“ Kampf gegen den Klimawandel nur, so der Minister.

Siehe auch unsere Blogbeiträge „Wer ist James Hansen?„, „Was ist eigentlich aus James Hansens Temperaturvorhersage von 1988 geworden? Zeit für eine Überprüfung“ und „Erleichterung bei der NASA: Problemforscher James Hansen ist jetzt in Rente„.

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Die klimaalarmistische Literatur ist wieder um eine Stilblüte reicher geworden. In der festen Überzeugung, man könne die wissenschaftliche Wahrheit im Zuge einer demokratischen Abstimmung einfach berechnen, werteten Umweltaktivisten der Internetseite „SkepticalScience“ nun tausende Arbeiten aus und teilten sie in ‚richtig‘ und ‚falsch‘ ein. Die Welt berichtete hierüber am 16. Mai 2013 (Fettsetzung ergänzt):

Der angebliche Streit in der Wissenschaft um die Ursachen des Klimawandels ist einer neuen Studie zufolge klar entschieden. Nach der Auswertung Tausender Studien zu dem Thema aus einem Zeitraum von 20 Jahren kamen Wissenschaftler aus den USA, Australien und Kanada zu dem Ergebnis, dass die überwältigende Mehrheit von knapp über 97 Prozent darin übereinstimmt, als Verursacher der Klimaerwärmung den Menschen anzusehen.

Bereits der Ansatz der Studie geht vollkommen an der wirklichen Diskussion vorbei. Es geht in der Regel nicht darum, OB der Mensch etwas zum Klima beiträt, sondern vielmehr WIEVIEL. Soviel Differenzierung wollte man der Öffentlichkeit wohl nicht zumuten und spielt lieber das kindische schwarz-weiß Spielchen. Axel Bojanowski fasst das Dilemma auf Spiegel Online gut zusammen:

…die Umfrage belegt lediglich eine Banalität: Klimaforscher sind sich weitgehend einig, dass der Mensch zumindest einen Teil der Klimaerwärmung verantwortet. Die bedeutende Frage aber, wie groß der menschgemachte Anteil am Klimawandel ist, bleibt heiß umstritten – diesen zentralen Aspekt blenden die Autoren der Umfrage aus. Im Entwurf des nächsten Uno-Klimareports, der im September das Klimawissen zusammenfassen soll, heißt es: „Es ist extrem wahrscheinlich, dass menschliche Aktivitäten mehr als die Hälfte der Erwärmung seit den fünfziger Jahren verursacht haben“. Die Schätzungen der Forscher über den genauen Anteil gehen allerdings auseinander – hier endet der Konsens.

Die Welt berichtet weiter über die neue Studie:

Nach der im britischen Fachjournal „Environmental Research Letters“ veröffentlichten Auswertung widerspricht nur eine „verschwindend geringe“ Anzahl der wissenschaftlichen Untersuchungen der Ansicht, dass der Mensch die Ursache der Klimawandels sei.

Ein Blick auf die Wissenschaftsgeschichte sollte uns eigentlich gelehrt haben, dass viele wissenschaftliche Durchbrüche eher von Einzelpersonen ausgingen, deren Thesen zunächst einmal von der Masse der Fachkollegen abgelehnt wurden. Albert Einstein und Alfred Wegener lassen grüßen.

Wie kamen die Autoren der neuen Studie nun auf den beeindruckenden Wert von 97% aller Papers, die angeblich zeigen, dass (O-Ton Die Welt) „der Mensch in erster Linie für die weltweite Klimaerwärmung verantwortlich sei“. Im Gegensatz zu seinen Kollegen hat sich Ulli Kulke nun einmal die Mühe gemacht und näher in die Studie hineingeschaut. Was er dort fand, ist erschreckend. Auf seinem Donner + Doria-Blog schrieb Kulke:

Was sagt nun die neue Metastudie selbst, die jetzt so sehr für Furore sorgt, nachdem sie in den “Environmental Research Letters” veröffentlicht wurde? Sauber listet man bei der Darstellung der Arbeitsweise die Unterschiede der untersuchten Einzelstudien auf. In einer Tabelle differenziert man: 1. Papiere, die den Menschen als Hauptursache ansehen. 2. Papiere, die den Menschen als eine Ursache ansehen. 3. Papiere, die Treibhausgase für die Ursache ansehen, ohne expliziten Hinweis, dass die Menschen die Ursache sind. Darüberhinaus gebe es noch Studien, die gar keine Ursache eines Klimawandels untersuchen, solche, die die Rolle des Menschen als auch anderweitig unsicher ansehen und solche, die eine Rolle des Menschen im Klimawandel explizit ablehnen. Eine saubere Unterscheidung, die sich allerdings leider nicht in das Kapitel “Resultate” fortsetzt. Dort heißt es nämlich ganz pauschal: “Um die Analyse zu vereinfachen, wurden die Bewertungen zusammengezogen in drei Gruppen”. Und nun wurden die gerade hier eben unter Punkt 1. bis 3. geschilderten Unterscheidungen einfach zusammengezogen, und die geben zusammen jene gut 97 Prozent. Darunter also auch solche, bei denen es explizit heißt: “without explicitily stating humans are the cause”. Eingeschlossen sind somit auch solche Studien, die gar nichts über eine menschliche Verursachung feststellen. Eigentlich das Gegenteil der Aussage, mit der die Studie “verkauft” wurde. Da lassen sich leicht 97 Prozent zusammenbringen. Eine Prozentzahl an Einigkeit, die an Wahlergebnisse aus dem realen (selbstverständlich auch wissenschaftlich untermauerten) Sozialismus erinnern.

Weiterlesen auf Donner + Doria

Kaum zu glauben. Und es kommt noch besser: Die offizielle Pressemitteilung der Studie führt sich selbst ad absurdum, ohne dass es einer der Autoren in seinem klimareligiösen Übereifer wohl bemerkt hat. Dort ist doch in der Tat zu lesen:

From the 11 994 papers, 32.6 per cent endorsed AGW, 66.4 per cent stated no position on AGW, 0.7 per cent rejected AGW and in 0.3 per cent of papers, the authors said the cause of global warming was uncertain.

Zwei Drittel aller analysierten Papers hatte gar keine Position zum Auslöser des Klimawandels! Hieraus schlossen dann die Autoren der Studie dann messerscharf (wiederum aus der Pressemitteilung):

Our findings prove that there is a strong scientific agreement about the cause of climate change, despite public perceptions to the contrary.

Mit dieser Herangehensweise würde wohl jeder Student durch die Statistikprüfung fallen. Den Gutachtern der Fachzeitschrift Environmental Research Letters schien dies jedoch wohl ziemlich egal zu sein. Mittlerweile häufen sich zudem die Beschwerden von Wissenschaftlern, die sich in der statistischen Auswertung des Aktivistenteams falsch zugeordnet sehen, darunter auch die beiden Gastautoren unseres Buches „Die kalte Sonne“ Nir Shaviv und Nicola Scafetta. Durch einen Hackerangriff ist nun auch bekannt geworden, dass es sich bei der neuen Studie gar nicht so sehr um ein wissenschaftliches Projekt handelt, sondern vielmehr Teil einer gezielten Lobbying-Kampagne zur Förderung des Klimakatastrophengedankens handelt. Der Masterplan der Untersuchung wurde vom Leiter der Studie, John Cook, in einem privaten Internetforum ausführlich dargelegt. Unter anderem ‚wusste‘ Cook offenbar bereits im Januar 2012 das genaue 97% Endergebnis, satte zwei Monate bevor die statistische Auswertung überhaupt begann. Im selben Internetbeitrag überlegte Cook bereits wie er die verbliebenen 3% im Zuge einer Salamitaktik allmählich eliminieren und schließlich Schritt für Schritt begleitet durch einer Pressemitteilungsserie auf 99.8% kommen würde. Der wahre Hintergrund der Studie wird auch in folgender durch den Internethack ans Tageslicht gespülten Aussage des Studienleitautors deutlich, wo Cook die Prioritäten seiner Marketingkampagne zur Stärkung des angeblichen klimawissenschaftlichen Konsens darlegt:

To achieve this Goal, we mustn’t fall into the trap of spending too much time on analysis and too little time on promotion.

Hier gilt es nun sorgfältig zu prüfen, ob die Grenze zu wissenschaftlichem Betrug bereits überschritten ist. Es lohnt sich auf jeden Fall, jetzt öfter einmal bei Retraction Watch vorbeizuschauen, ob das Paper noch online ist.