Das Bundesumweltamt (UBA) hat im Mai 2015 einen neuen Klimabericht zur Entwicklung in Deutschland veröffentlicht, der als pdf kostenfrei heruntergeladen werden kann. Die Kurzfassung beschreibt den Inhalt wie folgt:
Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung
Dieser bislang umfassendste Bericht der Bundesregierung zur Anpassung an den Klimawandel zeigt: Steigende Temperaturen, feuchtere Winter und häufigere Wetterextreme wirken sich zunehmend auf die deutsche Gesellschaft aus. Betroffen sind unter anderem die Energieversorgung, die Landwirtschaft und die Gesundheitsvorsorge. Anhand von Daten aus 15 verschiedenen Gesellschaftsbereichen zeigt der Bericht auf, welche Veränderungen sich durch den Klimawandel heute schon feststellen lassen und welche Gegenmaßnahmen bereits greifen.
Die klimatische Grundlage des Berichts ist im Bericht ab Seite 13 dargestellt.
TEMPERATURENTWICKLUNG
Zunächst einmal wird festgestellt, dass es um eine Erwärmung von gut einem Grad seit 1881 geht:
Das Jahresmittel der Lufttemperatur ist im Flächenmittel von Deutschland von 1881 bis 2013 statistisch gesichert um 1,2 Grad angestiegen.
Der Begriff ‚Kleine Eiszeit“ taucht im gesamten Dokument nicht auf. Offenbar möchte man vermeiden, dass die natürliche Wiedererwärmung nach Beendigung dieser natürlichen Kältephase als solche erkannt und von der CO2-Wirkung abgezogen wird. Ein unsauberer Einstieg. Immerhin wird jedoch diskutiert, dass sich die Erwärmung der letzten 130 Jahre in Wellen vollzogen hat. Antrieb sollen Meeresströmungen (=Ozeanzyklen) sein, die im Bereich von mehreren Jahrzehnten schwingen:
Über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten spielt aber vor allem auch die sogenannte dekadische Klimavariabilität eine entscheidende Rolle. Dabei handelt es sich um periodische Schwankungen von einigen Jahren bis hin zu wenigen Jahrzehnten Andauer, die eng mit den Meeresströmungen gekoppelt sind. Abhängig von den sich von Zeit zu Zeit ändernden Meeresoberflächentemperaturen kommt es zu Phasen der Erwärmung oder Abkühlung der Atmosphäre. Diese Phasen überlagern den Einfluss der das Klima von außen antreibenden Faktoren, zu denen neben den natürlichen Elementen Sonneneinstrahlung und Vulkanaktivität auch die vom Menschen verursachten Einflüsse infolge von Landnutzungsänderungen, der Luftverschmutzung durch den Schwefelausstoß von Industrieanlagen sowie durch die Emission von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid zählen. In den Zeiträumen einer stärker abkühlenden Wirkung der Ozeanzirkulation auf die Atmosphäre kann es daher zu einer vollständigen Verschleierung des langfristigen Trends kommen, auch dann, wenn die Summe der externen Klimaantriebe allein zu einer Erwärmung führen würde. Kehrt sich der Einfluss der Ozeane um, steigen auch die beobachteten Temperaturen wieder an.
Es ist schon kurios. Genau dies hatten wir ja in unserem Buch „Die kalte Sonne“ geschrieben. Damals bekamen wir dafür heftige mediale Hiebe. Das UBA hatte uns sogar auf eine Schwarze Liste gesetzt. Nun schreibt man quasi direkt aus unserem Buch ab. So ändern sich die Zeiten.
Abbildungsquelle: Besprochener UBA-Bericht
HITZEWELLEN
Da die Temperaturen seit 15 Jahren nicht mehr ansteigen, ist das Extremwetter zum neuen Lieblingsthema in der Klimadiskussion geworden. Hierzu gehören Hitze- und Kälteextreme. Ein „Heißer Tag“ wird in der Studie wie folgt definiert:
Statt der Anzahl der Sommertage wurde die Anzahl der Heißen Tage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 °C verwendet.
Nun kann man die Anzahl der „Heißen Tage“ pro Jahr auftragen und Trends ermitteln:
Seit 1951 hat die Anzahl der Heißen Tage im Flächenmittel von Deutschland von im Mittel etwa drei Tagen pro Jahr auf derzeit im Mittel etwa acht Tage pro Jahre zugenommen.
Es macht ja irgendwie auch Sinn, dass Heiße Tage im Zuge der Erwärmung des 20. Jahrhunderts häufiger werden. Das ist keine Kunst. Richtig aussagekräftig wäre hier ein Vergleich mit der letzten großen vorindustriellen Wärmephase, der sogenannten Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren, als es in Deutschland schon einmal so heiß wie heute war. Es würde nicht verwundern, wenn die Anzahl der „Heißen Tage“ damals in etwa so hoch wie heute gewesen wäre. Leider taucht der Begriff „Mittelalterliche Wärmeperiode“ an keiner Stelle des UBA-Berichts auf. Das Problem ist, dass es aus jener Zeit kaum Daten gibt. Sehr komfortabel, dann kann man diesen auf der Hand liegenden Vergleich einfach auslassen und vom Tisch wischen. Dabei ist der Blick in die Vergangenheit durchaus lohnend:
- Europas größte Naturkatastrophe: Hitze-Jahr 1540 bricht alle Rekorde
- Überraschung in Westeuropa: Hitzesommer aus dem Jahr 1540 deutlich wärmer als vermeintlicher Rekordinhaber 2003
Aus Nordamerika liegen detailliertere Daten vor. Dort ist es in den letzten Jahrtausenden immer wieder zu zyklischen Megadürren gekommen:
- Kleine Dürregeschichte der USA der vergangenen 10.000 Jahre: Schon die Indianer mussten immer wieder unter Trockenheit leiden
- Tausend Jahre Dürregeschichte der USA: Am schlimmsten war es in der Kleinen Eiszeit. Aber auch während der Mittelalterlichen Wärmeperiode gab es heftige Mega-Dürren
KÄLTEWELLEN
Die gute Nachricht: Die Kälteextreme sind in Deutschland in den letzten 60 Jahren wohl seltener geworden:
Demgegenüber ist die Abnahme der mittleren Anzahl der Eistage von rund 27 Tagen pro Jahr auf derzeit etwa 21 Tage pro Jahr deutlich weniger markant und statistisch auch nicht nachweisbar.
NIEDERSCHLÄGE
Die Niederschläge haben in Deutschland in den letzten 130 Jahren zugenommen. Dies ist vor allem durch einen Anstieg der Winterniederschläge bedingt, während die Regenmengen im Sommer nahezu konstant geblieben sind. Von einer stetig steigenden Regenarmut im Sommer kann daher keine Rede sein.
HOCHWASSER
Die entsprechende Extremwetterkategorie ist das Hochwasser:
Im Winter haben daher nicht nur die mittleren Niederschlagsmengen um 28 % zugenommen, sondern auch das Flächenmittel der maximalen 5-Tagessumme ist von im Mittel rund 38 mm zu Beginn des Auswertungszeitraums um ca. 7 mm auf aktuell im Mittel etwa 45 mm angestiegen (Abb. 8). Infolge der großen Unterschiede dieses Index von Jahr zu Jahr ist dieser Anstieg derzeit aber statistisch nicht gesichert.
Wir halten fest: Für die vergangenen 60 Jahre ist kein statistisch gesicherter Anstieg in den winterlichen Extremwetter-Niederschlagsmengen zu verzeichnen. Im Sommer ist die Sache noch klarer: Überhaupt kein Trend bei den sommerlichen Extremwetter-Niederschlägen:
Hinsichtlich der Anzahl der Tage mit einer Niederschlagsmenge von mehr als 20 mm im Sommer sind hingegen – in guter Übereinstimmung mit der Entwicklung der mittleren Niederschlagsmengen zu dieser Jahreszeit – über eine auch nur regional und sehr schwach ausgeprägte dekadische Variabilität hinaus bislang keine Änderungen auszumachen.
Auch hier wären einige Betrachtungen zu längeren Zeiträumen nützlich gewesen. Wir helfen gerne aus:
- Hessischer Starkregen aus dem Juli 2014 eine Folge des Klimawandels? Eher unwahrscheinlich. Statistiken zeigen eine Abnahme schwerer sommerlicher Regengüsse während der letzten 100 Jahre
- Neue Studie des Geoforschungszentrums Potsdam: In den letzten 7000 Jahren gab es in Oberösterreich 18 hochwasserreiche Phasen
- Was waren die wahren Hintergründe der mitteleuropäischen Flut 2013?
- Flutkatastrophen am bayerischen Ammersee vor allem während solarer Schwächephasen
- Neue begutachtete Studie in Nature Climate Change: Klimawandel lässt Hochwasser in Europa wohl in Zukunft seltener werden
DÜRREN
Abschließend geht der Bericht noch auf auf die Enwicklung der „Trockenheit“ in Deutschland ein:
Neben der Frage nach der Veränderung der Starkniederschläge ist insbesondere im Sommer auch von großer Wichtigkeit, inwieweit die Erwärmung mit einer zusätzlichen Austrocknung einhergeht. Dementsprechend soll noch die Veränderung der Häufigkeit von Trockenperioden betrachtet werden. Hierzu wird die Anzahl der Episoden mit mindestens zehn aufeinanderfolgenden Tagen ohne Niederschlag ausgewertet. Wie Abbildung 11 zeigt, ist die Anzahl solcher Trockenperioden im Flächenmittel von Deutschland seit 1951 um ca. 0,3 Ereignisse pro Jahr geringfügig angestiegen. Bereits aufgrund der Seltenheit solcher Ereignisse mit einem Mittelwert von nur 1,3 Fällen pro Jahr im klimatologischen Referenzzeitraum 1961-1990 sowie der extrem hohen Variabilität von Jahr zu Jahr ist aber auch diese Zunahme bislang statistisch keineswegs gesichert. Hinzu kommen ausgeprägte natürliche Schwankungen mit abwechselnden Phasen stärker und geringer ausgeprägter Trockenheit, die sich deutlich in der räumlichen Entwicklung der mittleren Anzahl dieser Trockenperioden abzeichnen.
Wir halten fest: Es gibt keinen statistisch gesicherten Trend in der Entwicklung der Häufigkeit von Trockenperioden in Deutschland. Die natürliche Schwankungsbreite ist stark ausgeprägt.
ZUSAMMENFASSUNG:
- Deutschland hat sich in den letzten 130 Jahren erwärmt – und jetzt wieder das Niveau der Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren erreicht, als es in Deutschland ähnlich warm wie heute war.
- Die Anzahl der Heißen Tage hat in den letzten 130 Jahren zugenommen. Vermutlich ist auch hier jetzt das Niveau von vor 1000 Jahren erreicht worden.
- Es gibt heute weniger Kältewellen als früher. Darüber freuen wir uns. Statistisch steht dies jedoch auf wackeligen Beinen.
- Die Winterniederschläge haben in Deutschland zugenommen. Es müsste jedoch noch überprüft werden, ob es auch vor 1000 Jahren überduchschnittlich viel Winterregen gab.
- Für die vergangenen 60 Jahre ist kein statistisch gesicherter Anstieg in den winterlichen Extremwetter-Niederschlagsmengen zu verzeichnen.
- Es liegen keine Veränderungen beim Sommerregen vor: Weder die Gesamtniederschlagsmengen, noch die Extremwetter-Niederschläge haben zugenommen.
- Es gibt keinen statistisch gesicherten Trend in der Entwicklung der Häufigkeit von Trockenperioden in Deutschland.
Bei dieser doch recht vorsichtigen Einschätzung der klimatischen Entwicklung überrascht es dann doch, wenn die Finanznachrichten.de dramatisch titeln:
Klimabericht: Deutschland immer stärker betroffen
Deutschland ist offenbar immer stärker vom Klimawandel betroffen. Das geht aus dem ersten Bericht der Bundesregierung zu den Folgen der Erderwärmung hervor, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Wochenendausgabe berichtet. Zwar komme der Klimawandel in Deutschland nur schleichend daher, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, der SZ. „Aber wir sehen durchaus regional erste Auswirkungen.“
Was wohl wirklich gemeint ist: Stetig schleichend bewegt sich das deutsche Klima immer stärker auf die Bedingungen der Mittelalterlichen Wärmeperiode zu. Mal geht es auf, und mal geht es ab…
Siehe auch Analyse des UBA-Berichts von Helmut Kuntz auf EIKE (Teil 1, Teil 2).