Fachwelt ist sich einig: El Nino-Prognose bleibt schwierig. Das PIK hingegen spricht von einem „Durchbruch“ der Vorhersagekunst

Egal ob Wetter oder Klima: Vorhersagen bleiben schwierig. Insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen. Axel Bojanowski illustrierte dies am 13. März 2015 auf Spiegel Online am Beispiel des Wetterphänomens El Nino:

Änderung des Weltwetters: El Niño blamiert Meteorologen
Selten wurden Meteorologen dermaßen vorgeführt. Seit vier Jahren haben sie nahezu monatlich die gleiche Prognose veröffentlicht: In Kürze werde El Niño im Pazifik aufziehen. Die Vorhersage des Phänomens ist die wichtigste Wetterprognose der Welt, denn sie betrifft den halben Globus. Vergangenen Juni hoben die Experten die Wahrscheinlichkeit für El Niño gar auf 80 Prozent. […] 2013 erschienen sogar begutachtete Studien in bekannten Wissenschaftsmagazinen, die mit neuen Methoden El Niño für 2014 vorhersagten. Indes: Der Klimarowdy blieb weg. „El Niño oder La Nada?“, also „El Niño oder das Nichts?“, spottete die „Washington Post“. Zuletzt waren die Prognosen deutlich vorsichtiger geworden – und plötzlich ist er da: Im Pazifik herrschten El-Niño-Verhältnisse, das Meer habe sich deutlich erwärmt, meldet der US-amerikanische Wetterdienst NOAA. […] Der aktuelle El Niño und einhergehende Wetteränderungen aber würden diesmal wohl schwach ausfallen, erklärt die NOAA. Die Qualität der Prognose muss jedoch bezweifelt werden. Die verfehlten Vorhersagen der vergangenen Jahre zwängen die Forschung, ihre Methoden zu überdenken, sagte NOAA-Experte Gabriel Vecchi dem Magazin „Nature“.

Überrascht es Sie, dass das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) nur eine knappe Woche später die folgende Pressemitteilung herausgab?

So früh wie nie zuvor: „El Niño“ korrekt vorhergesagt
Das aktuelle Wetterphänomen „El Niño“ ist von einem Team aus deutschen und israelischen Wissenschaftlern über ein Jahr im Voraus angekündigt worden – so früh wie nie zuvor. Dieser Durchbruch in der Vorhersage des wichtigsten natürlichen Klimaphänomens gelang mit Hilfe eines neuen Algorithmus, der auf einer Netzwerk-Analyse der Lufttemperaturen im Pazifikraum beruht. Solche langfristigen Vorhersagen können Bauern in Brasilien, Australien oder Indien helfen, sich vorzubereiten und die Aussaat entsprechend anzupassen. Die Wissenschaftler vom Institut für Theoretische Physik der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv hatten sich dazu entschieden, die Frühwarnung vor über einem Jahr in dem renommierten Wissenschaftsmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) zu publizieren – dabei waren sie sich des Risikos eines Fehlalarms und des damit verknüpften Reputationsrisikos bewusst.

Bereits zwei Jahre zuvor, am 2. Juli 2013 hatte das PIK per Pressemitteilung einen ähnlichen „Durchbruch“ vermeldet:

Durchbruch für El Niño-Vorhersage
In unregelmäßigen Abständen kommt es über dem östlichen Pazifik zu einer Erwärmung, von peruanischen Fischern El Niño genannt, die mitunter verheerende Folgen haben kann. Als weltweit wichtigstes Phänomen natürlicher Klima-Schwankung kann es Überflutungen in Südamerika auslösen, Dürren in Australien, und Missernten in Indien. Um den Vorhersage-Zeitraum von sechs Monaten auf ein Jahr oder mehr zu erweitern, haben jetzt Wissenschaftler eine neuartige Herangehensweise vorgestellt. Sie beruht auf der Analyse von Netzwerk-Verbindungen, angewendet auf das Klimasystem. Dieser Ansatz nutzt hochwertige Lufttemperaturdaten und leistet mehr als bislang genutzte Methoden. Die Studie wird diese Woche in der Zeitschrift der US-Akademie der Wissenschaften veröffentlicht (abgekürzt PNAS).

Vermutlich meinte Bojanowski diese Studie (Ludescher et al. 2013), deren Prognose letztendlich entgegen der Überschrift in der Pressemitteilung scheiterte. Co-Autor der Studie ist übrigens kein Geringer als PIK-Chef Hans Joachim Schellnhber persönlich. Der konnte als Mitglied der National Academy of Sciences (NAS) auch gleich die Gutachter des eingereichten Manuskripts offenbar selber aussuchen (siehe unseren Blogartikel „Mysteriöse Häufung von Schellnhubers Veröffentlichungen in Zeitschrift der National Academy of Science: Wussten Sie, dass Mitglieder ihre PNAS-Gutachter selber auswählen dürfen?„).

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Bei der Deutschen Bundesregierung scheint sich eine ganze Abteilung damit zu beschäftigen, neue Klimahorrorgeschichten zu produzieren, um die Drohkulisse für ein „verbindliches Klimaabkommen“ zu schaffen. Dabei bleibt die eine oder andere Panne nicht aus. In einem Brief baten wir die Bundesregierung am 12. März 2015 um Klärung einiger Unklarheiten (siehe „Um Antwort wird gebeten: “Kleine Anfrage” bei der Deutschen Bundesregierung zum Klimawandel„). Man stellte sich einfach stumm. Das Schreiben blieb bis heute unbeantwortet.

Just an jenem Tag erschien auf bundesregierung.de auch schon die nächste Klimastory:

Globaler Klimaschutz: Das folgenreiche Ende des Dauerfrosts
Wenn sich die Erde weiter erwärmt und, wie beispielsweise in Sibirien, der sogenannte Permafrostboden taut, hat das weitreichende Folgen für Landschaft, Ökologie und Wirtschaft. Deshalb drängt die Kanzlerin auf ein verbindliches Klimaabkommen. […]
Ein weiteres Kipp-Element des Klimasystems sind tauende Permafrostböden, zum Beispiel in Sibirien. Dort tun sich seltsame Krater auf.[…] Wo der Permafrost auftaut, verändern sich ganze Landschaften. Wälder und Tundra-Regionen versumpfen, Seen versickern, der Untergrund sackt ein oder legt sich in Wellen. Straßen reißen auf, Eisenbahnschienen verbiegen sich, Häuser neigen sich zur Seite, Stützen von Ölpipelines geraten in Schieflage. Keine Szenen aus einem Science Fiction Film, sondern Realität.

Der Permafrostboden würde nun schlagartig schmelzen, ein angeblich gefährliches Kippelement im Klimasystem. Dies sehen Experten aus Hannover gänzlich anders, wie Ulli Kulke in seinem Blog Donner + Doria-Blog darstellte:

Es ist auch bei weitem nicht so, dass die Folgen eines Auftauens des Permafrostes noch nie untersucht worden wären, der eisige Boden ist – umstrittener – Forschungsgegenstand seit vielen Jahrzehnten. Ich erinnere mich an ein Seminar in Bad Honnef im Frühjahr 2008, bei dem der Geoforscher und Permafrostexperte Georg Delisle aus Hannover seine Forschungen darlegte. Er hatte Zeiträume aus den letzten zehntausend Jahren untersucht, in denen die globale Temperatur mehrere tausend Jahre lang um bis zu sechs Grad wärmer war als heute. Eisbohrkerne, die er aus der Antarktis und aus Grönland gezogen hatte, gaben ihm genaue Auskunft über die Zusammensetzung der Atmosphäre während dieser Warmzeiten. Sein Resume: „Die Eiskerne sowohl vom grönländischen Eisschild wie auch aus der Antarktis ergeben keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Freisetzung von Treibhausgasen zu jener Zeit, obwohl damals zwingend ein tiefgründigeres Auftauen des Permafrostes im Vergleich zu heute gegeben war.“ So stand es damals auf dem Poster für seinen Vortrag.

Offenbar sind CO2 und Methan stabiler im Boden verhaftet, auch wenn er auftaut. Delisle, damals bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe angestellt, bezeichnete es obendrein als heillosen „Blödsinn“, anzunehmen, der gesamte Permafrost könne bis zum Ende des Jahrhunderts aufgetaut sein. Soetwas würde Jahrtausende dauern. Seine Studie („Near-surface permafrost degradation: How severe during the 21st century?“), die dem Vortrag zugrunde lag, war nach allen Regeln geprüft („peer reviewed“), und sie ist nach meiner Kenntnis bis heute nicht widerlegt.

Zudem gab es in diesem Zusammenhang auch gänzlich Unerwartetes zu bestaunen, wie in den Geophysical Research Letters am 7. März 2014 nachzulesen war: In der Arktis bildet sich um schrumpfende Seen herum neuer Permafrostboden. Die Forscher machen sich Sorgen und suchen nach Antworten. Wie passt dies alles mit der gefährlichen Klimaerwärmung zusammen?

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Unerwartet gute Nachrichten am 14. März 2015 auf feelgreen.de:

CO2-Ausstoß stagniert trotz boomender Weltwirtschaft
Zum ersten Mal seit Jahrzenten ist der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid nicht gestiegen – und das trotz einer weiterhin stark wachsenden Weltwirtschaft. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wurden 2014 insgesamt 32,3 Milliarden Tonnen des klimawirksamen Gases CO2 ausgestoßen. Das entspricht in etwa dem Emissionswert des Vorjahres.

Weiterlesen auf feelgreen.de

Die Financial Times hatte bereits am 12. März 2015 hierzu geschrieben:

Global emissions of climate-warming carbon dioxide did not rise last year for the first time in 40 years without the presence of an economic crisis. In a sign that efforts to tackle climate change may have been more effective than thought, the International Energy Agency found global emissions of carbon dioxide, the leading greenhouse gas, did not rise in 2014. “This is a real surprise. We have never seen this before,” said IEA chief economist, Fatih Birol, named recently as the agency’s next executive director. Energy consumption shifts in China, the world’s biggest carbon polluter, were among the reasons emissions stalled last year, according to the IEA, which monitors energy trends.

Weiterlesen in der Financial Times.

Sind die IPCC-Emissions-Horrorszenarien noch gerechtfertigt?