Drei norwegische Forscher um den Osloer Astrophysiker Jan-Erik Solheim haben nun das Zusammenspiel von Temperaturentwicklung auf der Erde und der Sonnenaktivität für die Vergangenheit näher unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler untersuchten die Länge der einzelnen Schwabe-Sonnenfleckenzyklen seit 1850 bis heute und fanden eine systematische Korrelation mit der Jahresmitteltemperatur des nachfolgenden Zyklus. Hierbei analysierten die Forscher Temperaturdaten aus Norwegen, Spitzbergen und von anderen nordeuropäischen Wetterstationen. Normalerweise umfasst ein Sonnenfleckenzyklus im Durchschnitt etwa 11 Jahre. Dauert der Zyklus jedoch länger, so ist dies ein Zeichen für ein Erschlaffen des Sonnendynamos und der Sonnenaktivität. Solheim und seine Kollegen Kjell Stordahl und Ole Humlum konnten jetzt feststellen, dass sich die Temperaturen nach einem langen, schwachen Sonnenzyklus erniedrigten und nach einem kurzen, starken Zyklus entsprechend erhöhten. Dies deutet auf einen zeitlichen Verzug von etwa einer Dekade zwischen der Wärmewirkung der Sonne und der Klimareaktion auf der Erde hin.
Abbildung: Die Länge der einzelnen Schwabe-Sonnenfleckenzyklen korreliert gut mit der Jahresmitteltemperatur des nachfolgenden Zyklus (siehe Diagramm Mitte rechts). Beispiel Tromsoe, aus Solheim et al. (2011a).
Da der letzte Sonnenzyklus Nummer 23 deutlich verlängert war (siehe S. 299-302 in „Die kalte Sonne“), schließen die Forscher aus dem empirisch ermittelten Zusammenhang auf eine bevorstehende Abkühlung in Spitzbergen um mehrere Grad Celsius (Solheim et al. 2011b). Im norwegischen und weltweiten Maßstab könnte dies bis zu ein Grad ausmachen (Solheim et al. 2011a, 2012). Weiterhin interpretieren die norwegischen Wissenschaftler aus ihren Korrelationsdaten, dass etwa die Hälfte der Erwärmung seit 1850 auf das Konto der Sonne geht.
In einer parallelen Studie untersuchte das Trio die Temperaturgeschichte der letzten 4000 Jahre im grönländischen GISS-Eiskern. Die Forscher fanden hier einen charakteristischen Temperaturzyklus mit einer Periode von etwa 1000 Jahren. In der Temperaturkurve aus Grönland sind deutlich die Minoische Wärmephase (1000 v. Chr.), Römische Wärmephase (Jahr 0), Mittelalterliche Wärmephase (1000 n. Chr.) und die Moderne Wärmephase (heute) zu erkennen. Dazwischen ereigneten sich jeweils Kaltzeiten, in denen die Temperatur um mehr als 1°C absank. Die logische Fortschreibung dieses natürlichen Zyklus in die Heutezeit ergibt laut Humlum et al. (2011), dass ein großer Teil der Erwärmung des 20. Jahrhunderts auf natürliche Klimamechanismen (vermutlich vor allem die Sonne) zurückgehen muss.
Zitierte Publikationen:
- Solheim et al. (eingereicht 2011a): Temperature prognosis based on long sunspot cycle 23.
- Solheim et al. (2011b): Solar activity and Svalbard temperatures. Advances in Meteorology, Band 2011, Artikel ID: 543146.
- Solheim et al. (2012): The long sunspot cycle 23 predicts a significant temperature decrease in cycle 24. Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics.
- Humlum et al. (2011): Identifying natural contributions to late Holocene climate change. Global and Planetary Change, Band 79, S. 145-156.
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