Medienecho – Tag 7

Professor Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg, äußerte sich heute in einem Interview in der Welt am Sonntag zum Buch „Die kalte Sonne“. Damit hat er sich allerdings keinen großen Gefallen getan, da aus seinen Aussagen eindeutig hervorgeht, dass ihm elementarste Grundlagen der Klimawissenschaften nicht geläufig sind.

Gleich zum Einstieg verwechselt Weber die Milankovic-Zyklik mit primären Schwankungen der Sonnenaktivität. Einfacher ausgedrückt: Während die Argumentation im Buch „Die kalte Sonne“ auf Änderungen des primären Energieaustoßes auf der Sonne basiert, spricht Weber im Interview über Änderungen der Erdbahnparameter, wobei durch geometrische Effekte die auf der Erde eintreffende solare Energiemenge schwankt (siehe Buch S. 80-82). Diese „Milankovic“ genannten Zyklen operieren auf Zeitmaßstäben im Zehn- bis   Hunderttausend-Jahresmaßstab, spielen für die Frage des aktuellen Klimawandels also keine große Rolle.  

Dann unterläuft Weber ein weiterer klassischer Fehler. Vermutlich noch vom Al-Gore-Film „Eine unbequeme Wahrheit“ geschädigt, versucht er die atmosphärischen CO2-Schwankungen im Übergang von Eiszeiten zu Warmzeiten als Ursache für die Temperaturveränderungen darzustellen. Dieser Fehlschluss wurde bereits Al Gore angekreidet und ist Mitgrund dafür, dass dessen Film laut Gerichtsbeschluss an britischen Schulen nicht mehr unkommentiert gezeigt werden darf. Hätte Weber unser Buch gelesen, so hätte er auf den Seiten 129-131 die korrekten Zusammenhänge nachschlagen können. Hochauflösende Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass sich in den letzten 600.000 Jahren stets zunächst die Temperatur erhöhte und erst dann mit einem zeitlichen Verzug von durchschnittlich 800  Jahren das CO2 anstieg. Offensichtlich war also die Erwärmung Ursache des CO2-Anstiegs. Das CO2 ist schlicht aus dem Wasser ausgegast, weil sich in wärmerem Wasser weniger Gas lösen kann.

Anders als Solarenergie-Experte Weber im Interview suggeriert, war das (nicht der!) Holozän (also die letzten 10.000 Jahre, d.h. die Nach-Eiszeit) keinesfalls klimatisch stabil. Hier hat der ominöse Hockey Stick offensichtlich ganze Arbeit geleistet. Denn weder die letzten tausend Jahre, noch die letzten 10.000 Jahre waren klimatisch stabil (siehe Buch S. 68-75). Das Klima war durch charakteristische Millenniumszyklen gekennzeichnet, wobei Temperaturen und Sonnenaktivität weitgehend parallel verlaufen sind. Nur durch das Totschweigen dieser Fakten und Zusammenhänge konnte die Klimawissenschaft in den vergangenen Jahren die Sonne aus den Gleichungen der Klimamodelle erfolgreich marginalisieren. Die Klimageschichte der letzten 10.000 Jahre können die Modelle auf jeden Fall nicht abbilden.

Dann der entscheidende Satz im Interview: „Mir erscheint es müßig, darüber zu diskutieren, wie der Anstieg um 0,75 Grad Celsius, wie wir ihn in den vergangenen 50 Jahren beobachtet haben, zustande gekommen ist, wenn wir doch sehen, welchen historischen Rekordwert die CO2-Konzentration erreicht hat.“ Eicke Weber ist die Bedeutung der einzelnen natürlichen und anthropogenen Klimafaktoren im aktuellen Klimageschehen also offenbar gleichgültig. Das verwundert doch sehr, entscheidet doch gerade diese Kenntnis darüber, wie Klimamodelle aufzusetzen sind und wie sich die Temperatur in den kommenden Jahrzehnten entwickeln wird.  Es genügt dem Fraunhofer-Direktor dafür die Tatsache, dass CO2 einen Rekordwert erreicht hat. Kleiner Faktencheck: Wie hoch war dieser Wert nochmal? Der CO2-Gehalt der Atmosphäre beträgt derzeit 0,039 Prozent. Die allermeiste Zeit der Erdgeschichte lag der CO2-Gehalt deutlich darüber. Da relativiert sich der von Weber verwendete Begriff „historischer Rekordwert“ doch etwas. Weber verdrängt hierbei, dass es in der Klimadiskussion vor allem auch um den korrekten Wert der CO2-Klimasensitivität dreht (siehe Buch S 220-225). CO2 allein kann nur 1,1°C Erwärmung pro CO2-Verdopplung erzeugen, während die vom IPCC genannten Werte von bis zu 4,5°C auf bislang schlecht verstandenen Verstärkungseffekten durch Wasserdampf und Wolken basieren.  

Der normale Leser wird die schwache fachliche Grundgrundlage von Eicke Webers Beitrag leider wohl kaum bemerkt haben. Das Vertrauen in Vertreter unserer akademische Elite wird jedoch damit nachhaltig beschädigt.

 

 Auf ntv kommentierte Georg Feulner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung „Die kalte Sonne“. Da wir dessen Arbeit in unserem Buch kritisieren, verwundert seine Ablehnung gegenüber unseren Thesen nicht. Analysieren wir kurz seine Argumente. Wie auch Die Zeit verweist Feulner auf die bereits in einem gesonderten Blog-Beitrag diskutierte Treppen-Temperatur-Graphik, die in diesem Zusammenhang keinen Sinn macht. Das Temperaturplateau, das seit 2000 vorherrscht, streitet Feulner ab. Die fehlende Erwärmung der letzten 12 Jahre ist jedoch keine Erfindung der Autoren des Buches “Die kalte Sonne”. Man kann das sehr leicht auf Woodfortrees.org selber plotten.  Oder man kann es in der begutachteten Wissenschaftsliteratur nachlesen, z.B. bei Kaufmann et al (2011).  Und selbst Prof. Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sieht dies offenbar ähnlich. Der Hamburger Klimaforscher Prof. Jochem Marotzke hat es ebenfalls gerade noch einmal in einem Interview mit der taz (Ausgabe 9. Februar 2012) bestätigt. 

Dann versucht Feulner über die 30-Jahres-Klimaregel zu punkten. In einigen offiziellen Definitionen wird Klima als 30-jähriger Mittelwert des Wettergeschehens definiert. Während dies für einige Betrachtungen sinnvoll ist, behindert die starre Auslegung die Diskussion der am Klima beteiligten Mechanismen. Es wird immer klarer, dass in der Vergangenheit natürliche dekadische Zyklen stark unterschätzt wurden. Beispielsweise die Pazifische Dekadenoszillation (PDO) ist durch eine Wärme- und Kältephase charakterisiert, die jeweils 20-30 Jahre andauern und auch die mittlere globale Temperatur signifikant beeinflussen. Wird das 30-Jahres-Klimafenster nun unglücklich zwischen die beiden Phasen gelegt, so werden Trends vermischt, also Äpfel mit Birnen verglichen. Die entsprechenden „Klima-„Resultate hängen dabei mehr von der Wahl des Startpunktes des behäbigen 30-Jahresfensters ab als von den realen, kürzer maßstäblichen Temperaturtrends. Eine Betrachtung von 10-Jahres-Temperaturtrends ist daher nicht nur legitim sondern auch sinnvoll.

In der nachfolgenden Sonnendiskussion versucht Feulner dann zu zeigen, dass selbst bei einem bevorstehenden signifikanten Abfall der Sonnenaktivität, was er durchaus ähnlich sieht, auf Dalton oder Maunder Minimum-Niveau keine große Abkühlung zu erwarten sei. Dabei vergisst er zu erwähnen, dass er in seinen Klimamodellen keine Solarverstärker eingebaut hat. Nur mit solchen Solarverstärkern ist die Synchronität zwischen Sonne und Temperatur während der mit mindestens 1°C pulsierenden  Klimaentwicklung der vergangenen 10.000 Jahre zu erklären. Das von Feulner verwendete Klimamodell kann die reale Vergangenheit nicht erklären, ist daher auch für Zukunftsprojektionen natürlich nicht geeignet. Feulner zieht dann noch den fragwürdigen Vulkan-Joker für das Maunder-Minimum vor 300 Jahren, was jedoch nichts am Grundproblem ändert, da die gute Sonne-Klima-Kopplung auch bei den anderen Millenniumszyklen der vergangenen 10.000 dokumentiert ist.

Den Svensmark-Solarverstärker-Effekt, auf dessen Existenz eine Vielzahl von Hinweisen in der gegutachteten Literatur gibt (siehe Kapitel 6 und Svensmark-Gastbeitrag S. 209ff in „Die kalte Sonne“), wischt Feulner ohne eigene gute Argumente einfach beiseite. Kein Wort über unabhängige Bestätigungen für wichtige Teilprozesse des Effektes (z.B. Usoskin et al. 2004, Laken et al. 2010, Kirkby et al. 2011). 

Die Medienauswertung der vergangenen Woche und auch dieses Interview zeigen, wie sehr sich Georg Feulner mit seiner Argumentation im Kreise dreht. Die vorgebrachten Argumente sind schwach. Wann wird sich der Potsdamer endlich mit der Millenniumszyklik der letzten 10.000 Jahre beschäftigen? Auf den Seiten 68-75 in unserem Buch liegt einer der wichtigsten Schlüssel zur Klimadiskussion. Seltsamerweise ist noch keiner der vielen Medienbeiträge darauf eingegangen. Day seven and counting.
(Nachtrag 13.2.2012: Nachdem wir ntv gebeten hatten, nun auch unsere Sichtweise darstellen zu dürfen, erhielten wir folgende aufschlussreiche Absage: „Vielen Dank für Ihr Angebot, das wir in dieser Form jedoch ablehnen müssen, da wir auf n-tv.de nicht in Endlosdiskussionen um für Laien nicht mehr nachvollziehbare Details einsteigen wollen und können.“)

Der Übersichtsbericht von ntv zum Buch steht hier.

 

Nach der fachlich dürftigen Berichterstattung der FAZ Mitte letzter Woche (siehe Mediencho Tag 3), erschien nun in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein etwas fairerer Bericht zum Buch. Autor Ulf von Rauchhaupt honoriert in seinem Bericht mit dem Titel „Nichts Neues unter der Sonne“ zunächst die wissenschaftliche Grundlage des Buches: „Zumindest kann man nicht sagen, Vahrenholt und Lüning hätten ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ihr Literaturverzeichnis umfasst 70 Seiten und listet so ziemlich alle relevanten neueren Veröffentlichungen zum Thema auf.“ Er stellt ebenfalls richtigerweise fest: „Die politische Relevanz des Themas hat dem wissenschaftlichen Diskurs darüber von Anfang an nicht gutgetan. So begannen manche Klimaforscher, die Zuverlässigkeit eines Befundes auch danach zu beurteilen, ob er als Argument gegen Klimaschutzmaßnahmen mißbraucht werden könnte. Etliche Fehlleistungen von IPCC-Forschern gehen auf dieses Motiv zurück, etwa der Versuch, die Veröffentlichung einer methodischen Kritik an der ‚Hockeystick‘ genannten Klimakurve in einem hochrangigen Journal zu verhindern.“
Nach einem guten Start in den Artikel verfällt von Rauchhaupt dann aber leider doch teilweise wieder in IPCC-Denkmuster. So zweifelt er an, dass die Kleine Eiszeit ein globales Phänomen gewesen sein könnte. Offensichtlich kennt der FAZ-Autor die ergiebige geowissenschaftliche Literatur nicht: Kleine Eiszeit in Afrika, in der Antarktis, in der Arktis, in China, in Indien/Pakistan, in Russland, in Neuseeland/Australien und so weiter und so weiter (siehe die jeweiligen regionalen Links zum Stichwort ‚Little Ice Age‘ auf der Seite co2science.org) . Es liegt eine umfangreiche wissenschaftliche Dokumentation vor, die jedoch von IPCC-nahen Vertretern aus unerfindlichen Gründen nicht allgemein diskutiert wird.
Die Kleine Eiszeit vor allem durch Vulkanausbrüche zu erklären ist albern und ist leicht als IPCC-CO2-Rettungsaktion zu enttarnen. Wenn wir uns die letzten 10.000 Jahre anschauen, gab es eine ganze Serie dieser Abkühlungsphasen, die in der Regel stets mit einem Abfall der Sonnenaktivität verbunden waren (siehe Buch S. 68-75). Folgt man von Rauchhaupts Argumentation, müssten wir wohl die Vulkane auch für all diese anderen Kältephasen verantwortlich machen. Was für ein großer Zufall, dass sich jedesmal die Sonne abschwächte.
Gegen Ende des Artikels passiert von Rauchhaupt dann noch eine schwerwiegende Fehleinschätzung. Er bemängelt zunächst die noch ausstehende Klärung des Svensmark-Solarverstärker-Prozesses und versteigt sich dann zu der falschen Behauptung: „Wie Treibhausgase die Atmosphäre erwärmen, ist gut verstanden…“. Genau dies ist nicht der Fall. Der Löwenanteil der vom IPCC behaupteten Erwärmungswirkung des CO2 befindet sich in noch sehr schlecht verstandenen angeblichen Verstärkungseffekten durch Wasserdampf und Wolken. Der IPCC selber sagt, dass hier noch sehr große Fragezeichen bestehen. Wie kann von Rauchhaupt dann behaupten, der CO2-Effekt wäre „gut verstanden“? Bitte nochmal auf S. 222-225 in unserem Buch nachlesen!
Auch der letzte Hieb gegen Svensmark ist ungerechtfertigt. Natürlich gibt es zahlreiche Untersuchungen, die einzelne Komponenten der komplexen Wirkungskette von Svensmarks Solarverstärker bereits eindrucksvoll bestätigt haben (siehe S. 231ff in unserem Buch „Die kalte Sonne“). Schade für den Artikel, der so gut begonnen hatte. Interessanterweise erschien vor einiger Zeit ein Artikel mit genau dem gleichen Titel („Nothing new under the sun“) von dem Jerusalemer Professor Nir Shaviv, in dem er die klimatische Wirksamkeit der Sonne eindrucksvoll herausgearbeitet hat.