Natur, Energie, Wirtschaft und Klima ist ein vielschichtiger und eng miteinander verwobener Themenkomplex. Für eine nachhaltige und ausgewogene Planung sind gute Kenntnisse in all diesen Bereichen notwendig, eine Voraussetzung die Fritz Vahrenholt durch seine langjährige Tätigkeit auf diesem Feld wie kaum ein anderer erfüllt. Das Hamburger Abendblatt schrieb am 30.7.2012 über Fritz Vahrenholt:
In den 1980er- und 90er-Jahren setzte er sich für den technischen Umweltschutz ein, gegen die Verschmutzung der Luft und der Gewässer durch Industrie und Altlasten. Dann wandte sich der promovierte Chemiker den erneuerbaren Energien zu. Zum 1. August beginnt Prof. Fritz Vahrenholt seine dritte Karriere – im Naturschutz, als Alleinvorstand der Deutschen Wildtier-Stiftung in Hamburg. Er engagiere sich immer dort, wo er gerade am meisten gebraucht wird, sagt der ehemalige Hamburger Umweltsenator (1991 bis 1997 für die SPD). Jetzt sei dies der Schutz der Natur. „Seit ein, zwei Jahren kommt der Naturschutz zunehmend in Bedrängnis“, sagt Fritz Vahrenholt. „Früher setzten Infrastrukturmaßnahmen und die Landwirtschaft der Natur zu, die Industrie nur am Rande. Doch die Energiewende führt dazu, dass nun ein ganzer Industriezweig Landfläche für Biogas und Biosprit beansprucht und damit den Wildtieren Lebensräume nimmt. Dabei sind manche Strukturen außer Rand und Band geraten, vor allem der Anbau von Mais als Biogas-Rohstoff, aber auch die Nutzung von Windenergie, wenn die Anlagen in Waldnähe oder sogar im Wald errichtet werden.“
Am 20. August 2012 fand in Hamburg nun eine Festveranstaltung anlässlich des Vorstandswechsels der Wildtierstiftung statt. In einer Pressemitteilung der Stiftung wird der Stifter und bisherige Vorstand Haymo Rethwisch zitiert:
„Mein Ziel war es stets, dass Natur- und Artenschutz in der Gesellschaft einen Stellenwert bekommen, wie ihn Sport und Kultur seit langem genießen“, wünscht sich Haymo G. Rethwisch (73) in seiner Dankesrede aus Anlass des Wechsels im Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. „Den Weg dorthin sind viele engagierte Menschen mit mir gemeinsam gegangen – ihnen gilt mein Dank.“ Der Stifter Haymo G. Rethwisch zieht sich heute nach über 20 Jahren aus der Vorstandsarbeit zurück und übergibt seine Nachfolge an Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, früherer Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg und bis Juni [2012] Vorsitzender der Geschäftsführung der RWE Innogy.
Und die Berliner Morgenpost schrieb:
Fritz Vahrenholt, neuer Chef der Deutschen Wildtier Stiftung, hat am Montag in Hamburg vor den Folgen des zunehmenden Anbaus von Energiepflanzen für die Wildtiere gewarnt. «Sie brauchen eine starke Lobby, um nicht bei der intensiven, insbesondere energetischen Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen an den Rand gedrückt zu werden», sagte der frühere Hamburger Umweltsenator und RWE-Aufsichtsrat. […] Der Politiker und Manager sei «ein Mann grüner Tat», lobte ihn der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (beide SPD) in einer Festrede.
Im Folgenden nun Fritz Vahrenholts Festrede von der Veranstaltung:
Sehr geehrte Frau Senatorin,
lieber Klaus, lieber Henning,
sehr geehrter Herr Staatssekretaer,
meine Damen und Herren,anlässlich der Überreichung des Deutschen Stifterpreises 2011 hat Haymo Rethwisch, den wir heute ehren, uns etwas auf den Weg gegeben, das uns alle verbindet. Ich zitiere:“ Die Natur ist das unersetzliche Fundament allen Lebens. Das Schicksal der Natur und der Wildtiere ist nicht von dem unsrigen zu trennen und deswegen sollten wir das, was sie ausmacht –und das fängt vor unserer Haustür an, achten schützen und lieben.“
Verehrte Festgäste, das ist es, was uns alle verbindet mit Haymo und Alice Rethwisch. Und sie finden dieses Leitmotiv unter dem LOGO der Deutschen Wildtierstiftung: Alle Achtung vor unseren Tieren. Und es steht nicht gut um unsere Wildtiere in Deutschland. In den letzten 20 Jahren ist der Bestand der Feldlerche um 1 Million zurückgegangen, sogar der Feldsperling ist auf zwei Drittel seines Bestandes reduziert worden, der Kiebitz auf ein Drittel, das Rebhuhn um 90 %. Der Artenschwund ist auf eine immer intensivere Nutzung der Agrarlandschaft zurückzuführen. Die Ursachen sind vielfältig, von der bisherigen Förderpolitik der Gemeinsamen Agrarpolitik, Grünlandverlusten, Intensivierung der Ackernutzung mit massiv gestiegenem Maisanbau bis hin zur Beseitigung von Feldrainen.
Und nun nimmt auch noch die Energiewende die Natur in die Zange. Wir diskutieren in diesen Tagen zu Recht über die Folgen der Energiewende auf die wachsende Kostenbelastung der Bürger, über die Gefährdung des Industriestandortes Deutschland und die zunehmende Instabilität der Stromversorgung in den Wintermonaten. Wir diskutieren zu Recht darüber, ob es verantwortbar ist, Weizen zu Sprit zu machen in Anbetracht der Verknappung der Nahrungsmittel weltweit, richtigerweise, denn Deutschland ist erstmals nach dem 2. Weltkrieg zum Weizenimportland geworden, um die Biospritziele zu erfüllen.
Was noch nicht hinreichend thematisiert wird, ist dass auch unsere Wildtiere unter die Räder kommen. Durch den Biogasboom werden mittlerweile 2,7 Millionen Hektar Mais angebaut, das sind nun schon 20 % unserer Ackerfläche und jedes Jahr kommen 200 000 Hektar hinzu . Die größten Zuwächse verzeichnen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Mit der Vermaisung der Landschaft verschwinden auch die Wildtiere, Lerche, Goldammer, Bienen, Wiesenbrüter, Feldhamster.
Die Energiewende macht auch nicht halt vor dem Wald. In vier Bundesländern, Baden-Württemberg, Rheinland Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg gibt es mittlerweile Erlasse, die es erlauben, Windkraftwerke im Wald zu errichten. Als Veteran der Windindustrie kann ich Ihnen sagen, das ist eine Katastrophe. Man braucht eine 6 m breite befestigte Straße zur Windkraftanlage und um die Anlage selbst muss eine mehrere Hektar große Freifläche geschlagen werden: Wenn man das alle 600 Meter im Wald macht, wie etwa im Hunsrück, ist der Wald nicht wieder zu erkennen. Wir finden schon heute jährlich 200 000 Fledermäuse unter den Windkraftanlagen, die klugen Tiere orten die Rotoren, fliegen durch sie hindurch und im Lee hinter der Anlage, in der der Luftdruck stark abnimmt, platzen den Fledermäusen die Lungen.
Wir müssen den bedrohten Tieren wieder eine Lobby geben. Das ist die vornehmste Aufgabe der Deutschen Wildtierstiftung. Wir müssen die Tiere für die Menschen erlebbar erfahrbar machen. Wenn Sie auf die Web-Seite der Deutschen Wildtierstiftung klicken, sehen Sie einen Horst des Schreiadlers. Sie können stundenlang zuschauen, wie der Schreiadler sein Junges füttert. Zur Zeit macht das Junge seine ersten Flugbemühungen. Bald macht er sich auf den Weg in den Süden Afrikas.
Er ist der Wappenvogel Mecklenburg Vorpommerns und von ihm gibt es nur noch 100 Paare. Durch ein langfristig angelegtes Schutzprogramm der Deutschen Wildtierstiftung konnte der dramatische Bestandsrückgang des Pommernadlers gestoppt werden. In den 1200 ha , die die Wildtierstiftung aus dem Nationalen Naturerbe übernommen hat, sollen wieder Brutgebiete des Schreiadlers entstehen. Wir haben 50 Jungvögel mit Sendern ausgestattet und wissen, wie wenige zurückkommen auf Grund der Gefahren , die ihnen auf dem langen Zug drohen. Kurzfristig haben wir in 2010 die Reproduktion erhöhen können, in dem wir 60 Zweitgeborene, die unweigerlich dem Tod geweiht wären, aus den Horsten entnommen, aufgezogen und wieder ausgewildert haben .
Oder denken Sie an den kleinen Feldhamster, den wir in Baden –Württemberg schützen, dort, wo es nur noch zwei Verbreitungsgebiete gibt. Etwa durch Stehenlassen eines 10 Meter breiten Getreidestreifens, Luzernenanbau, Erhalt der Stoppelbrache von der Ernte bis zum Oktober. Unser Schaufenster ist das Wildtierland Klepelshagen in Mecklenburg- Vorpommern. Dort zeigen wir mit dem Gutsbetrieb auf 2000 Hektar Wald- und Agrarflächen, dass man in einer landwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaft rentabel wirtschaften kann und gleichzeitig Wildtieren und- pflanzen Lebensräume bieten kann. Wir zeigen dort, dass auch mit einem großen Rotwildbestand rentable Land-und Forstwirtschaft möglich ist.
Auf den ausgedehnten Weiden des Gutes grasen etwa 350 Rinder. Die Schlachtung der Rinder erfolgt vor Ort, so dass wir den Tieren den Transportstress ersparen und das Fleisch in unserer Gourmet-Manufaktur zu hochwertigen Lebensmittel verarbeiten, von denen sie ein wenig im Anschluss kosten können. Man kann Natur nicht nur mit den Augen genießen, man kann Natur schmecken. Kann man übrigens im Internet bestellen.
Im Internet kann man auch aus unserem Wildtiershop bestellen. Von heimischen, alten Obstbaumarten bis hin zu Spatzenhäusern – auch der Sperling ist mittlerweile ein bedrohter Vogel. Unsere Spatzenreihenhäuser mögen etwas teurer sein als die aus dem Baumarkt. Unsere Nistkästen werden in der Hamburger Behindertenwerkstätten hergestellt. Wer einmal gesehen hat, mit welcher Liebe und welchem Stolz behinderte Menschen ein solches Produkt aus heimischem Holz anfertigen, zahlt gerne etwas mehr.
Die deutsche Wildtierstiftung ist dank des Stifters eine gut ausgestattete Stiftung. Doch ohne die Mithilfe vieler Spender werden wir unsere Bemühungen nicht verstärken können. Aber über eines kann jeder Spender gewiss sein: Dank der guten Kapitalausstattung werden die Verwaltungskosten vollständig selbst gedeckt, jeder gespendete Euro geht zu 100 % in die Projektarbeit. Das kann nicht jede Stiftung und nicht jede Naturschutzorganisation von sich behaupten.
Wir wollen mehr Projekte zum Schutze unserer Wildtiere machen. Wir wollen unsere GourmetManufaktur und den Wildtiershop populärer machen, wir wollen einen neuen Schwerpunkt setzen in der Jugend-Naturbildung, den jungen Menschen die Schönheit und die Einzigartigkeit der deutschen Wildtiere näherbringen. Wir wollen die Stimme der Natur in Deutschland hörbar verstärken.
Meine Damen und Herren, das Umweltbundesamt macht alle zwei Jahre eine Umfrage zum Umweltbewusstsein in Deutschland. Die Fragestellungen der letzten Umfrage drehten sich auf 100 Seiten zu 90 % um die Themen Verringerung des CO2, Ausbau der Erneuerbaren Energien, effizientere Nutzung von Energie. Nur zwei Fragen galten dem Naturschutz, eine davon lautete: Welche Rolle spielen Naturlandschaften für die Auswahl der Urlaubsziele? Bedrückend ist nicht so sehr die Antwort: 14 % sagen sehr große Rolle, sondern, dass der Natur-und Wildtierschutz von der politischen Agenda verschwunden ist, selbst schon in den Fragestellungen.
Meine Damen und Herren, helfen Sie mit, dass sich das ändert. Wenn wir es schaffen, das Engagement der Wildtiestiftung zu verbreitern, hätten wir den größten Wunsch der Stifter, Haymo und Alice Rethwisch erfüllt, da bin ich sicher. Nun bleiben uns ja beide als Mitglieder im Kuratoriums-Praesium erhalten, denn wir brauchen Ihren Rat und Ihre Unterstützung auch in Zukunft. Daher gibt es auch nur ein kleines Abschiedsgeschenk.
Lieber Herr Rethwisch, liebe Frau Rethwisch, Sie haben einmal geäußert, dass ein Auslöser für die Gründung der Stiftung war, dass Sie den Ruf des Kiebitz nicht mehr hörten. Wir haben Ihnen ein Fest CD erstellt mit den vielfältigsten Tierstimmen, darunter auch der Kiebitz. Nehmen Sie es als Dank der Stiftung, nehmen Sie es als Dank der Wildtiere, für die Sie sich in so vorbildlicher Weise engagieren.