Großes Lob für ZDF Terra X-Doku „Klima macht Geschichte“

Das ZDF hat sich kürzlich an das politisch verminte Thema des natürlichen Klimawandels herangewagt. Im Rahmen der Terra X-Reihe brachte der Sender am 11. und 18. Januar 2015 die zweiteilige Doku „Klima macht Geschichte“. In der Inhaltsangabe auf der ZDF-Webseite heißt es zu Teil 1:

Das Leben auf der Erde ist ein Spielball des Klimas. Wissenschaftler haben die Meilensteine in der Menschheitsgeschichte im Spiegel weltumspannender Klimaentwicklungen untersucht und dabei erstaunliche Zusammenhänge entdeckt. Der „Terra X“-Zweiteiler „Klima macht Geschichte“ führt auf eine spannende Zeitreise von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert. Teil 1 zeigt, wie das Klima das Schicksal der frühen Gesellschaften mitbestimmt – vom Neandertaler bis zum alten Rom.

Uralte Sedimentproben belegen: Um 60 000 vor Christus herrscht auf der Erde Klimachaos, verursacht durch schnelle Wechsel von Kalt- und Warmphasen. Die Urzeitmenschen stecken mitten im Überlebenskampf. Dem Neandertaler geht die Beute aus, der Homo sapiens dringt auf der Suche nach neuem Lebensraum in dessen Revier ein und macht ihm die ohnehin schon knappen Ressourcen streitig. Das Duell geht zugunsten von Homo sapiens aus. In einer viele Jahrtausende dauernden Völkerwanderung erobert er jeden Winkel der Welt.

Seine Artgenossen finden das Paradies vor, als die zunehmende Kraft der Sonne das Ende der Eiszeit besiegelt. Landflächen, Meere und Flüsse tauen auf, die Natur explodiert. In Zentraleuropa, Asien und im Alten Orient entstehen beste Lebensbedingungen, die zu einer einmaligen Revolution in der Menschheitsgeschichte führen: Aus Nomaden werden Sesshafte, aus Jägern und Sammlern Ackerbauer und Viehzüchter. Beinahe zeitgleich entstehen Weizen-, Reis- und Maisanbau. Die Gemeinschaften können plötzlich Überschüsse produzieren, sie entdecken die Arbeitsteilung und erfinden neue Handwerkstechniken. Im anatolischen Göbekli Tepe wird der erste Tempel der Menschheit gebaut und in Jericho die älteste Stadt der Welt, während die Bewohner von Stonehenge etwa zeitgleich ihre Steinkreisanlage planen.

Doch die Warmzeit zeigt auch ihre Schattenseite. Um 6200 vor Christus bahnt sich auf dem amerikanischen Kontinent Unheil an. Für das Schmelzwasser des Agassizsees, der doppelt so groß wie Deutschland ist, gibt es kein Halten mehr. Es stürzt in den Atlantischen Ozean und stoppt die Warmwasserzufuhr des Golfstroms nach Europa. Zudem sorgt die Gletscherschmelze für ein gigantisches Ansteigen der Meere um weltweit 120 Meter. Die massive Bedrohung seines Lebensraums hat der Mensch nie vergessen. Das Gilgamesch-Epos beschreibt die „Sintflut“ ebenso bildhaft wie die Bibel oder der Koran.

Gewinner der globalen Gletscherschmelze sind die Subtropen. Dort sorgen Monsunregen für artenreiche Savannen mit großen Tierherden, Flüssen und Seen. Ihre Bewohner leben sorglos. Die Gunstphase ist aber leider nicht von Dauer. Die Erdachse schiebt sich von der Sonne weg, und dem Monsun geht der Treibstoff aus. Im Rekordtempo entstehen die großen Wüsten der Erde. Tausende von Menschen sind auf der Flucht. An den Ufern des Nils mit seinen alljährlichen Überschwemmungen und dem gemäßigten Klima finden sie eine neue Heimat. Die Siedler legen den Grundstein für das ägyptische Empire, das über drei Jahrtausende die Geschichte beherrscht.

Die Ägypter sind aber nicht die einzigen Klimaprofiteure. Zwischen dem 20. und 40. Breitengrad erleben eine Reihe von Hochkulturen ihre Blütezeit, darunter die Mykener, die Minoer, die Thraker oder auch die Etrusker in Norditalien. Sie alle huldigen der Sonne – der universellen, lebenspendenden Kraft.

Um 1200 vor Christus stürzt lang anhaltende Trockenheit die Welt in dunkle Zeiten. Sie sind so finster, dass sie als „Dark Ages der Antike“ in die Geschichte eingehen. Die Großreiche implodieren, denn Hunger und Durst führen vermehrt zu Konflikten und Kriegen um fruchtbare Gebiete. Erst um 700 vor Christus stellt das Klima erneut die Weichen mit günstigen Auswirkungen für das Leben auf der Erde. In Europa wittert Rom seine Chance und steigt in kürzester Zeit zur Weltmacht auf, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Mit Brot und Spielen, einer straffen Verwaltung und umfassenden Bürgerrechten legen die Römer den Grundstein für die moderne Zivilisation.

Hier Teil 1 der Doku auf Youtube:

In Teil 1 geht es also vor allem um den Wechsel von der letzten Vereisungsphase hin zur heutigen Zwischeneiszeit bzw. Warmphase, die seit 12.000 Jahren anhält. Interessant sind im Zusammenhang mit dem heutigen Klimawandel jedoch kürzere natürliche Klimaschwankungen, die in Teil 2 thematisiert werden. Im Folgenden die Inhaltsangabe des ZDF zu Teil 2 (Fettsetzung ergänzt):

Der zweite Film des „Terra X“-Zweiteilers „Klima macht Geschichte“ zeigt, wie das Klima das Schicksal der Gesellschaften ab der Antike mitbestimmt – vom Römischen Reich über die Französische Revolution bis zum Klimawandel heute.

Baumringuntersuchungen belegen, dass die Erde ab dem 2. Jahrhundert vor Christus eine einmalige Gunstphase erlebt, die sich unmittelbar auf die Entwicklung des Römischen Reiches auswirkt. Gleichbleibend milde Temperaturen mit regelmäßigen Niederschlägen sichern die Versorgung der Menschen und liefern die Grundlage für den kulturellen und militärischen Siegeszug der Supermacht. In jener Zeit erreicht das Römerreich seine größte Ausdehnung und herrscht über ein Viertel der damals bekannten Welt. Sogar die Ägypter werden von Rom unterjocht, über 300 Jahre dient ihr Land als Kornkammer für rund 50 Millionen Menschen des Riesenreiches.

Doch dann schwingt das Klima um. Zunehmend strenge Winter verschärfen die Bedrohung der Außengrenzen des Imperiums. Rhein und Donau frieren zu und werden zu natürlichen Einfallstoren. In einer großen Völkerwanderung drängen 406 nach Christus 80 000 Germanen in das Römische Reich ein. Sie alle sind Klimaflüchtlinge, getrieben vom Hunger. Beweise für ihren Nahrungsmangel finden Forscher in den Knochen und im Mageninhalt von Moorleichen aus dem heutigen Dänemark. Es ist ein dunkles Zeitalter, aber nichts im Vergleich zu dem Klimaschock, den die Erde im Frühjahr 536 nach Christus erlebt.

Überall auf der Welt notieren Chronisten, dass sich der Himmel plötzlich verdunkelt habe, die Temperaturen ständig sanken und die Sonne für mehr als 18 Monate hinter einem Wolkenschleier verschwunden sei. Auf den Feldern gehen die Ernten ein. Im mittelamerikanischen El Salvador finden Klimaforscher zum ersten Mal den Verursacher der beschriebenen Krise: Es ist der Vulkan Ilopango. Bei seinem Ausbruch schleudert der feuerspeiende Riese so viel Asche in die Stratosphäre, dass eine Kettenreaktion ausgelöst wird. Sie beginnt mit einem dichten Ascheschleier, der die Erde vollständig umhüllt. Darauf folgt ein vulkanischer Winter, der eine weltweite Klimaveränderung herbeiführt, die nicht nur Hungersnöte verursacht, sondern auch Seuchen Vorschub leistet. Besonders die Pest greift rasend schnell um sich. Innerhalb kürzester Zeit rafft der Schwarze Tod Millionen Europäer dahin.

Um das Jahr 1000 weist die Sonne ihre höchste Aktivität seit 300 Jahren auf und beginnt, die Erde wieder aufzuheizen. Die Eisschicht auf der Nordsee schmilzt und ermöglicht es den Völkern des Nordens, neue Wege zu ergründen. Die Wikinger stechen in See, erobern Irland, England und Schottland. Sie besiedeln Inseln, die bisher vom Eis umschlossen waren, und segeln weit vor Kolumbus bis nach Amerika. Überhaupt wird Europa von der Sonne bis ins Hochmittelalter hinein begleitet. Die Natur explodiert. Das machen sich die Gesellschaften zu Nutze und treiben den Ackerbau voran. Sie steigern ihre Erträge, die Bevölkerung wächst kontinuierlich, und aus kleinen Handelszentren entwickeln sich große Städte. Dreiviertel aller deutschen Städte stammen aus der Phase des hochmittelalterlichen Klimaoptimums. Anfang des 15. Jahrhunderts bricht die Kleine Eiszeit an. Schnell entpuppt sie sich als die härteste Kaltphase, die Europa je erlebt hat. Missernten, Naturkatastrophen und die Rückkehr der Pest führen zu gesellschaftlichen und politischen Krisen. Hexenverfolgung, Dreißigjähriger Krieg und die Französische Revolution entbrennen vor dem Hintergrund der drei Jahrhunderte andauernden Welt des Mangels.

Erst etwa 1850 ist die Kleine Eiszeit endgültig vorüber. In einer neuen, stabilen Klimaphase macht der Mensch einen Quantensprung. Die Industrielle Revolution läutet das Zeitalter der Maschinen ein. Technische Erfindungen machen den Menschen immer unabhängiger von den universellen Klimazyklen. Doch mit dem Fortschritt hat der Mensch auch begonnen, die Weichen für die Zukunft der Erde zu stellen. Plötzlich ist es die moderne Gesellschaft, die das uralte System von globalen Kalt- und Warmphasen empfindlich stört. Wie groß der Einfluss auf das Weltklima tatsächlich ist, darüber streiten die Forscher.

Grandios. Hut ab vor den Filmemachern! Ist das der Film zu unserem Buch „Die kalte Sonne“? Die ZDF-Doku hat doch tatsächlich den Mut, die zyklische natürliche Abfolge von Kalt- und Warmzeiten detalliert nachzuzeichnen:

–Römische Wärmeperiode um das Jahr Null
–Kälterperiode der Völkerwanderungszeit um 500 n. Chr.
–Mittelalterliche Wärmperiode um 1000 n. Chr.
–Kleine Eiszeit um 1500 n. Chr.
–Moderne Wärmeperiode nach 1850.

Ein Warm-Kalt-Warm-Wechsel im 1000-Jahrestakt. Die Sonnenaktivität als eine der treibenden Kräfte hinter dieser Zyklik wird explizit genannt. Die Warmzeiten werden korrekt als blühende „Klimaoptima“ dargestellt, die Kaltzeiten hingegen brachten Tod und Verderben. Deutlicher gehts nicht. Ein Lob auch an die Terra X-Redaktion und das ZDF, das diese Doku ermöglicht hat.

Bei so viel Licht, gibt es natürlich auch etwas Schatten. Vulkanausbrüche sind wohl kaum der Hauptauslöser der beiden dargestellten Kältephasen um 500 und 1500 n. Chr. während der Völkerwanderungszeit und der Kleinen Eiszeit. Wenn die Warmphasen durch eine starke Sonne ausgelöst wurden, dann wurden die Kältephasen – richtig geraten – durch eine schwache Sonne verschuldet. Sicher sind auch ein paar Vulkane explodiert, aber aus wissenschaftlicher Sicht ist die Kältewirkung viel zu kurz als dass sie eine jahrzehnte- bis jahrhundertelange Kälteperiode auslösen könnten.

Der Bezug zur heutigen „Modernen Wärmeperiode“ kommt auch zu kurz. Die Temperaturen liegen heute auf dem Niveau der Mittelalterlichen Wärmperiode. Offenbar wollte man die logische Konsequenz nicht thematisieren, um die Doku überhaupt erst politisch sendefähig zu bekommen. Schade aber irgendwie verständlich. Auch kleine Schritte in die richtige Richtung führen nach vorne. Der Abschlußsatz in der Inhaltsangabe zu Teil 2 („Wie groß der Einfluss auf das Weltklima tatsächlich ist, darüber streiten die Forscher“) zeigt, dass sich die Filmemacher ernsthaft mit der Klimadiskussion beschäftigt haben und weit davon entfernt sind, die IPCC-Katastrophenszenarien als einzige Interpretationsmöglichkeit anzuerkennen.

Bleibt die Frage, wie es zu dieser bemerkenswerten Doku kommen konnte. Hinweise finden wir dazu in der Liste der für die Doku tätigen Experten und Fachberater, in der man vergeblich nach Vertretern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sucht:

Universitätsprofessor Dr. Frank Sirocko (Klimahistoriker)
Professor am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Koordinator des ELSA (Eifel Laminated Sediment Archive) Projekts
Er leitete von 2001 bis 2006 eine Forschergruppe, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufenen Deutschen Klimaforschungsprogramms (DEKLIM) vergangene Warmzeiten und abrupte Klimaänderungen untersuchte

Professor Mark Maslin (Experte für Geografiegeschichte, Klimatologe)
Professor für Geografie am University College London
Direktor des „London NERC Doctoral Training Partnership“
Mitglied der Royal Geographical Society

Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Behringer (Experte für Klima- und Kulturgeschichte)
Professor für Geschichte, Lehrstuhl für Frühe Neuzeit an der Universität des Saarlandes
Er ist Experte für Klima- und Kulturgeschichte, insbesondere für die frühe Neuzeit

Professor Dr. Detlef Gronenborn (Experte für das Neolithikum, Klimafolgenforschung)
Leiter FSP „Neolithische Gesellschaften“ im Römisch- Germanischen Zentralmuseum (Forschungsinstitut für Archäologie)
Konservator am Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz
Professor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Honorary Research Fellow an der University of the Witwatersrand Johannesburg

Ph.D. Robert Dull (Klimatologe)
Senior Research Fellow, Environmental
Science Institute, College of Natural
Sciences at University of Austin, Texas

Professor Dominik Fleitmann (Paläoklimatologe)
Professor für Paläoklimatologie und Archäologie an der Universität Reading in England
Director of SARG (Scientific Archaeology Research Group)

Professor Dr. Rüdiger Glaser (Klimatologe)
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Physische Geografie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Professor Dr. Gunther Hirschfelder (Kulturwissenschaftler)
Professur für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg

Über die Arbeiten von Frank Sirocko haben wir an dieser Stelle bereits berichtet. Wolfgang Behringer ist bekannt für sein ausgezeichntes Buch „Kulturgeschichte des Klimas: Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung„. Und Dominik Fleitmann war früher am Heidelberger Institut von Augusto Mangini, dessen Gruppe sich intensiv mit der klimatischen Beeinflussung durch Sonnenaktivitätsschwankungen beschäftigt hat.

Hier Teil 2 der Doku auf Youtube:

 

Zusammensetzung des Filmteams:

Buch und Regie: Sigrun Laste
Mitarbeit: Gerrit Helm, Sahar Eslah
Kamera: Jürgen Rehberg, André Götzmann
Schnitt: Ronald Rist
Animationen: Rudi Kirschen, Tom Zwicker, Andreas Höntsch
Postproduktion: Franziska Menz
Produktion Story House: Jens Freels, Eva Morvilius
Produktion ZDF: Cora Szielasko
Produzent: Jens Afflerbach
Redaktion: Claudia Moroni
Leitung: Georg Graffe
Länge: ca. 45′

Eine Produktion von Story House Productions GmbH im Auftrag des ZDF und in Zusammenarbeit mit ZDF Enterprises GmbH.

 

Mit Dank an Leser Ulrich Berger und Udo Höweler für Hinweise zur Sendung.