Mitte Juni 2013 erschien in der Printausgabe des Spiegels ein aufsehenerregendes Interview mit dem Klimaforscher Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum in Geesthacht. Vor kurzem wurde das vollständige Interview auf der Internetseite des Spiegels freigeschaltet. Hier einige Auszüge aus dem Gespräch:
SPIEGEL: Herr Storch, Deutschland meldet Land unter. Sind die Fluten bereits eine Folge der globalen Erwärmung?
Storch: Mir sind keine Studien bekannt, nach denen Hochwasser heute häufiger auftreten als in früheren Zeiten. Ich war gerade auf einer Hydrologentagung in Koblenz. Auch bei den Gewässerkundlern hörte ich solche Erkenntnisse nicht.
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SPIEGEL: Wird inzwischen weniger reflexhaft als früher jedes Unwetter auf den Klimawandel zurückgeführt?
Storch: Auch mein Eindruck ist, dass die Klimahysterie abgenommen hat. Es gibt zwar noch immer Leute, die bei jeder Naturkatastrophe rituell rufen: „Haltet den Dieb, der Klimawandel hat Schuld!“ Doch viel mehr redet man mittlerweile über die naheliegenden Ursachen der Hochwasser wie das Versiegeln der Böden oder das Verschwinden natürlicher Überschwemmungsgebiete. Und das ist auch gut so.
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SPIEGEL: Die Klimaforscher haben mit ihren apokalyptischen Warnungen doch erst dafür gesorgt, dass Menschen auf solche Ideen kommen.
Storch: Leider verhalten sich einige Wissenschaftler wie Pfarrer, die den Leuten Moralpredigten halten. Ausgeblendet wird dabei, dass es auf dieser Welt viele Bedrohungen gibt, die gegeneinander abzuwägen sind. Wenn ich mit meinem Auto auf ein Hindernis zurase, kann ich auch nicht einfach das Steuer herumreißen, ohne darauf zu achten, ob ich stattdessen in eine Menschenmenge hineinfahre. Diesen Prozess des Abwägens kann und sollte die Klimaforschung der Politik und Gesellschaft nicht abnehmen.
SPIEGEL: Wozu braucht die Kanzlerin einen Klimaberater wie den Potsdamer Physiker Hans Joachim Schellnhuber?
Storch: Ich war noch nie Kanzlerin. Aber sie wäre sicher nicht klug beraten, nur auf einen einzelnen Wissenschaftler zu hören. Dazu ist die Klimaforschung zu vielstimmig. Ich glaube aber persönlich nicht, dass Frau Merkel sich wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt hat – sonst wüsste sie, dass es jenseits ihrer Umweltverwaltung noch andere Einschätzungen gibt.
SPIEGEL: Allein seit der Jahrtausendwende hat die Menschheit 400 Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre gepustet. Dennoch steigen die Temperaturen seit fast 15 Jahren nicht mehr weiter an. Wie ist das zu erklären?
Storch: Bislang kann niemand eine überzeugende Antwort liefern, warum der Klimawandel eine Pause eingelegt hat. Wir stehen vor einem Rätsel. Die CO2-Emissionen sind jüngst sogar noch stärker angestiegen als befürchtet. Als Folge davon hätte es nach den meisten Klimamodellen in den letzten zehn Jahren rund 0,25 Grad wärmer werden müssen. Doch das ist nicht geschehen. Tatsächlich waren es in den letzten 15 Jahren gerade mal 0,06 Grad – also ein Wert nahe null. Diesem ernsten wissenschaftlichen Problem wird sich auch der Weltklimarat IPCC stellen müssen, wenn er Ende des Jahres seinen nächsten Sachstandsbericht präsentiert.
Ganzes Interview auf spiegel.de lesen.
Bereits im Februar 2013 hatte sich von Storch anlässlich des Erscheinen seines neuen Buches kritisch zum IPCC geäußert, wie die Achse des Guten damals berichtete:
Hans von Storch: „Wir Klimaforscher haben überverkauft“
Wann, fragt Fritz Vahrenholt, kommt die Nachricht auch in Deutschland an, dass die globale Temperatur seit 1998 stagniert? Die Antwort lautet: Genau jetzt. Ab Montag lieg das Buch „Die Klimafalle“ von Hans von Storch und Werner Krauß im Handel, das die alarmistischen Prognosen der Klimaforschung, die Politisierung eines ganzes Wissenschaftsbereichs so kritisch beziehungsweise selbstkritisch beleuchtet wie bisher kein anderer Text aus dem Inneren des Wissenschaftsbetriebes. Den Extrakt kann jeder morgen in dem FOCUS-Interview mit Hans von Storch nachlesen (komplett nur im gedruckten Heft, Nr.9/2013).
In dem FOCUS-Interview wirft der Hamburger Metereologe seinen Kollegen „methodisches Versagen“ und Alarmismus vor, und kritisiert vor allem den Weltklimarat scharf: In dem einflussreichen Gremium herrsche eine „Wagenburgmentalität“. Von Storch, Professor an der Universität Hamburg und Mitautor von Berichten des Weltklimarates sagte FOCUS, die Klimaforscher hätten sich jahrelang kaum damit auseinandergesetzt, dass die globale Temperatur seit 1998 stagniert. „Wir als wissenschaftliche Community waren nicht wirklich vorbereitet darauf, dass die globale Temperatur für ein Jahrzehnt nicht weiter steigt, während die Konzentration der Treibhausgase weiter nach oben geht. Wir haben uns zu wenig gefragt: Welche möglichen künftigen Beobachtungen könnten unsere Erklärung der Erwärmung durch Treibhausgase in Frage stellen? Wir sind zu lange einfach nur nach vorn gelaufen und haben gesagt: Prima, passt doch alles zu unseren Erklärungen. Infragestellungen sind bei vielen Kollegen nicht gern gesehen, weil sie ja den Klimaskeptikern ‚Munition liefern könnten’. Und das ist ein methodisches Versagen.“
Der Wissenschaftler stellte im FOCUS-Interview fest, dass die Prognosen seiner Kollegen, die Erde werde sich schnell erwärmen und schneereiche Winter würden der Vergangenheit angehören, auf Übertreibung und Panikmache beruhten. „Wir Klimaforscher haben eben überverkauft“. „Wir haben gesagt: Man muss die wesentlichen Wahrheiten verkünden, man darf die Menschen nicht durch zu viel Differenzierung überfordern. Das Problem ist also dadurch entstanden, dass die Klimaforschung ihre eigene Rolle nicht verstanden hat.“
Über den Weltklimarat und seinen Umgang mit Fehlern sagte von Storch gegenüber FOCUS, das Gremium sei „eine Einrichtung, die sich kein Krisenmanagement gegeben hat. Auf Vorwürfe reagiert es ähnlich wie die deutsche Chemieindustrie der sechziger Jahre, die damals auch nicht damit umgehen konnte, wenn es irgendwo Unfälle gab, und erklärt hat: Es ist gar nichts passiert.“