Ein paar Monate vor der Pariser Klimakonferenz wird die Bevölkerung auf allen Kanälen medial auf die Klimakatastrophe vorbereitet. Hierzu gehört auch ein neuer Dokumentarfilm, der Anfang August 2015 in die Programmkinos gekommen ist und auch als DVD verfügbar ist: ThuleTuvalu. Hier der offizielle Trailer:
Im Prinzip bietet der Film nichts richtig Neues. Der Schweizer Filmregisseur Matthias von Gunten drückt kräftig auf die Tränendrüse mit zwei alten Klischees: Das Pazifikatoll Tuvalu drohe der Untergang und Tauwetter in Grönland zerstöre den dort lebenden Menschen die Lebensgrundlage. So richtig tief hat von Gunten offenbar nicht recherchiert, bevor er seinen Film gemacht hat. Denn Wissenschaftler lehnen die Südsee-Sintflutszenarien mittlerweile entschieden ab (siehe „Spektrum der Wissenschaft über angeblich vom Untergang bedrohte Südseeatolle: “Noch keine der betroffenen Inseln ist in nächster Zeit von Überflutung bedroht. Einige vergrößern sich sogar auf Grund natürlicher ökologischer Vorgänge”„). Weshalb hat von Gunten die Wissenschaft ignoriert? Vermutlich hätte die Realität die herzzerreißende Story beschädigt, womöglich unglaubwürdig gemacht.
Die ARD-Sendung Titel, Thesen, Temperamente (ttt) befasste sich in einem 6-minütigen Beitrag mit dem Dokumentarfilm. Darin wird behauptet, der Klimawandel hätte eine Dürre über Tuvalu gebracht, so dass das Trinkwasser nun mühsam aus Australien per Boot angeliefert werden müsse. Dabei wird übersehen, dass Dürren im Pazifik keineswegs ein ganz und gar neues Phänomen sind. Vielmehr existiert eine charakteristische Zyklik. Siehe „Überraschung: Feucht- und Trockenphasen wechselten im Südpazifik in vorindustrieller Zeit stets ab“ und „Tropfstein aus Tuvalu birgt Überraschung: Niederschläge im Südpazifik schwankten in vorindustrieller Zeit viel dramatischer als heute“.
ThuleTuvalu bzw. ttt behauptet, es würde jetzt in Tuvalu häufigere Wirbelstürme als früher geben. Auch dies ist falsch. In den offiziellen Statistiken ist keine Zunahme von Stürmen im Pazifik erkennbar. Siehe „Schwerer Wirbelsturm verwüstet Vanuatu. Premierminister sieht es realistisch: “Stürme sind kein neues Phänomen, wir Insulaner leider darunter seit Besiedelung Vanuatus vor 5000 Jahren”„. Aus den kurzen Filmausschnitten im Internet wird vor allem eines klar: Regisseur Matthias von Gunten fehlinterpretiert Armut und Unterentwicklung in Tuvalu als Klimawandelfolge. Er denkt offenbar, jedes Übel der Welt müsse klimatische Ursachen haben, ein weitverbreiteter aber falscher Ansatz.
Natürlich darf im Film auch das photogene schmelzende Eis nicht fehlen. Dazu reist von Gunten nach Thule in Grönland. Die Jagdsaison würde jetzt 3 Monate früher beginnen als früher, sagt der einheimische Jäger. Na prächtig, eine schöne Verbesserung. Nein, das mildere Klima wird im Film sogleich verdammt, alles werde dadurch schlechter. Der Großteil der Grönländer sieht dies gänzlich anders (siehe „Gehirnwäsche bei Planet Schule: Grönländern steht aus Klimaschutzgründen keine wirtschaftliche Entwicklung zu„). Überhaupt scheint ThuleTuvalu kein gesteigertes Interesse an der Klimahistorie zu haben. Dabei gibt es hier Aufregendes zu berichten (siehe „Ein Thema das die Medien meiden wie der Teufel das Weihwasser: Vor 5000 Jahren war es in Grönland zwei bis drei Grad wärmer als heute„).
Kalte-Sonne-Chefredakteur Sebastian Lüning hat sich per Email an den Regiesseur gewandt und um Aufklärung dieser Sachverhalte gebeten. Matthias von Gunten antwortete schnell und erklärte überraschenderweise:
„In meinem Film wird nirgendwo etwas von anthropogenen Ursachen erwähnt. Von daher nehme ich an, dass Sie den Film nicht gesehen haben, weshalb sich eine Stellungnahme meinerseits erübrigt.“
Eine kleine Sensation. Da haben doch in der Tat sämtliche berichtende Medien von Guntens Film fehlinterpretiert. Es ging ihm offenbar gar nicht um den anthropogenen Klimawandel. Die Veröffentlichung des Films kurz vor der Pariser Klimakonferenz muss ein Zufall gewesen sein.
Den Schriftwechsel mit Herrn von Gunten können Sie hier finden.