Von Frank Bosse
Schweißgebadet wachte der Klimatologe Adalbert Ruhmlos am Weihnachtsmorgen aus dem kurzen Schlaf auf. Bis 3:00 Uhr hatte er auf die Temperaturkurven gestarrt und ein Stoßgebet in Richtung Pazifik gesendet: „El Nino, bitte komm’ bald!“ Nur so hätte die Grafik den Kick nach oben bekommen können, der allen Skeptikern das Wasser abgegraben hätte.
Aber auch heute Morgen war keine Spur zu sehen, wie in den vergangenen zwei Monaten schon. „Was soll nur werden?“ fragte er sich. Seit 16 Jahren keine Erwärmung trotz des vielen Kohlendioxids, das die Menschen in die Luft bliesen. Darauf baute doch alles auf, und die Kurve sah bis vor 12 Jahren auch nicht schlecht aus… jedenfalls gut genug, um immer neue Projekte zu starten mit immer wieder frischem Geld. Die Filme mit immer röteren Flächen auf der Erdkugel waren doch so eindrucksvoll, dass die Versicherungen, die Regierungen, die Umweltorganisationen, die EU (mit der Tat Nummer eins: Glühlampenverbot), also alle guten Menschen mit Geschäftssinn etwas davon hatten. Sie ließen ihn doch teilhaben an ihrer Freude und ihrem Reichtum, aber je mehr Zeit verging, ohne dass sich die Thermometer bewegten, desto weniger Applaus bekam er. Von den beleidigten Anrufen seiner Lieblingsversicherung ganz zu schweigen. Sie waren misslaunig, da sie ihren Klienten nicht mehr genug Katastrophen weissagen konnten, nicht mal die Stürme zogen noch und die Elbeflut war auch schon zu lange her.
Dabei hatte er doch alles versucht: es waren immer weniger Dokumentarfilme mit realer Erhitzung zu sehen, dafür mehr mit Trickanimationen. Man kennt das ja aus dem Kino: die vielen Darsteller aus „Herr der Ringe“ kamen ja auch digital daher, sie waren Modelle im Hauptspeicher eines großen Computers. So konnte Tolkins Welt erstehen für die Zuschauer und die katastrophale Erwärmung. Und alle waren froh und glücklich, als sie das Kino wieder verließen. Nur dass nach der Betrachtung der Abenteuer aus Mittelerde keiner auf den Gedanken kam, auf einen Berg zu steigen und unentwegt „Mein Schatz!“ zu rufen. Auf die Dauer wollten die Leute wohl auch nicht reale Dämme bauen gegen die große Flut, die sie nur im Kino sahen.
Es ging Adalbert Ruhmlos schlecht, als er sich die Wetterkarte am Morgen ansah. In Osteuropa Kältewelle, in Russland Kältewelle… Elektrisiert war er jedoch, als er die aktuellen Wettermeldungen aus Deutschland sah: Das kann doch nicht wahr sein! 16 Grad Celsius im Südwesten an Weihnachten! Das sieht doch wohl nach einem neuen Rekord aus? Die globale Erwärmung schlägt unerbittlich in Deutschland zu und er, Ruhmlos, hat es gemerkt!
Sofort wird nun die Medienmaschinerie angeworfen: „Neuer Weichnachtsrekord bestätigt die katastrophale Klimaerwärmung!“ Was kümmert es ihn, dass er die winterliche Abkühlung von vor 10 Tagen ebenfalls auf die globale Erwärmung zurückführte, nämlich auf das schwindende Eis in der Arktis. Das war zu sehr über Bande gespielt, hatte er den Eindruck. Wenn es kalt wird glauben die Menschen halt an Kälte und wenn es warm wird… an Wärme!
Das hatte sein Kollege Marvin immer wieder ausgenutzt, indem er im Hochsommer mitten in einer an sich normalen Hitzewelle für die Zukunft 50 Grad Celsius vorhersagte und an grünen Weihnachten das zukünftige Ausbleiben von Schnee orakelte. Wenn er dann aber schließlich in einem kühlen Sommer oder bei viel Schnee danach gefragt wurde, antwortete er mit Konrad Adenauer: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“.
So wollte Ruhmlos auch sein, jetzt ist die Stunde! „Rekordwarme Weihnachten 2012- Ergebnis der Klimaerwärmung?“ … das war sein erster Satz für die Presseerklärung. Sie dürfen mitmachen: Wie geht es weiter?
Siehe auch xtranews.