Gesteinsverwitterung als wichtige natürliche CO2-Senke

Wir Menschen pusten derzeit große Mengen an CO2 in die Luft, was den CO2-Gehalt der Atmosphäre ansteigen lässt. Aber wie lange bleibt das CO2 eigentlich in der Atmosphäre? Würde man von heute auf morgen den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren, wie lange würde es dauern, bis auch die Konzentration in der Atmosphäre zurückgeht?

Um Fragen dieser Art zu beantworten, muss man den Fachzweig der CO2-Senken betrachten. Eine ganz wichtige CO2-Senke stellt die Gesteinsverwitterung dar. Bei der Verwitterung wird CO2 verbraucht, was dann die Atmosphäre entlastet. Bislang hatte man hier vor allem die Verwitterung von Silikatgesteinen im Blick. Im Juli 2018 wies eine Gruppe im Zaihua Liu jedoch darauf hin, dass auch die Karbonatverwitterung eine wichtige CO2-Senke darstellt. Die Arbeit erschien im Fachblatt Earth Science Reviews:

Large and active CO2 uptake by coupled carbonate weathering
Carbonate mineral weathering coupled with aquatic photosynthesis on the continents, herein termed coupled carbonate weathering (CCW), represents a current atmospheric CO2 sink of about 0.5 Pg C/a. Because silicate mineral weathering has been considered the primary geological CO2 sink, CCW’s role in the present carbon cycle has been neglected. However, CCW may be helping to offset anthropogenic atmospheric CO2 increases as carbonate minerals weather more rapidly than silicates. Here we provide an overview of atmospheric CO2 uptake by CCW and its impact on global carbon cycling. This overview shows that CCW is linked to climate and land-use change through changes in the water cycle and water-born carbon fluxes. Projections of future changes in carbon cycling should therefore include CCW as linked to the global water cycle and land-use change.

Bereits 2015 wies das GFZ Potsdam auf die weitegehend klimaunabhängige Konstanz der Verwitterungsraten im Laufe der Erdgeschichte hin:

Konstantes Verwittern

Erstaunliche stabiles Verhalten trotz Eis- und Warmzeiten

Dass Verwitterung mit dem Wetter zu tun hat, geht bereits aus dem Wort hervor. Um so erstaunlicher ist das Forschungsergebnis einer Gruppe von Geowissenschaftlern, die feststellen konnten, dass die Unterschiede in der Verwitterung von Gestein in den letzten zwei Millionen Jahren ziemlich gleichmäßig war, trotz der ausgeprägten Kalt- und Warmzeiten, zwischen denen das Erdklima in diesem langen Zeitraum hin- und herschwankte. In Meeressedimenten, die von den Flüssen der Erde Jahr für Jahr aus der Verwitterung von Silikatgesteinen gespeist werden, stellten die Forscher einen sehr gleichmäßigen Eintrag fest: die Schwankungsbreite der Verwitterungsraten lag unter zehn Prozent.

Die Oberfläche der Erde wird ständig verändert: chemische Reaktionen zwischen Wasser und Gestein lösen Minerale auf, bilden Boden und waschen abgetragene Bestandteile als Sediment in die Ozeane. Dabei wird der Atmosphäre Kohlenstoff entzogen und in den Ozeane ablagert, womit die Erdtemperatur vor dem Eingriff des Menschen über Millionen Jahre in einem für das menschliche Leben günstigen Bereich gehalten wurde.

Die Wissenschaftler erwarten eigentlich eine hohe Fluktuation zwischen den Verwitterungsraten in Kalt- und Warmzeiten. Messen Geowissenschaftler heute den Transport von verwittertem Gestein in den Flüssen der Erde, so finden sie langsamere Raten in den trockenen und kalten Regionen. In den Kaltzeiten waren die Temperaturen niedriger, die Niederschläge geringer und die Vegetationbedeckung war in vielen Erdregionen weniger dicht als in den Warmzeiten. Also sind die Verwitterungsraten in den Kaltzeiten geringer. Umgekehrt werden in den Warmzeiten beschleunigte Verwitterungsreaktionen durch mehr Niederschlag, höhere Temperaturen, mehr Vegetation und schmelzendes Gletschereis erwartet. „Anstelle dieser durch das Klima gesteuerten unterschiedlichen Verwitterungsraten von Gestein fanden wir eigentlich keine spürbaren Unterschiede in der Gesteinsverwitterung über zwei Millionen Jahre“, stellt der Geochemiker Friedhelm von Blanckenburg vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ als Hauptautor der Studie fest.

Zusammen mit seinem GFZ-Kollegen Julien Bouchez, derzeit am Institut de Physique du Globe de Paris , nutzte er eine moderne geochemische Technik, die seit wenigen Jahren am GFZ eine zentrale Funktion in der Vermessung der Geschwindigkeiten von Erdoberflächenprozessen einnimmt. Man vergleicht die Konzentration von zwei Isotopen des Elementes Beryllium (Be). Das Isotop 9Be wird in Silikatgesteinen auf der Erde gefunden; 10Be hingegen ist ein sehr seltenes radioaktives Isotop, dass durch kosmische Strahlung in der Atmosphäre erzeugt wird. von Blanckenburg: „10Be ist wie eine Uhr. Es regnet auf die Kontinente und Ozeane in mehr oder weniger konstanter Geschwindigkeit. 9Be hingegen zeigt, wieviel gelöstes Gestein von den Kontinenten in die Ozeane gewaschen wird.“

Durch die Bestimmung des Verhältnisses von 10Be zu 9Be in Sedimentschichten des Meeres konnte die vergangene Verwitterung für die letzten zwei Millionen Jahre rekonstruiert werden, mit dem überraschenden Resultat, dass es kaum Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten gab.

Nun berechneten die Wissenschaftler Kate Maher und Dan Ibarra von der Stanford University (USA) aus Klimamodellen den Wasserabfluss der größten Flüsse der Erde für die letzte Kaltzeit und speisten die Daten in ein mathematisches Verwitterungsmodell ein. Das Resultat war dasselbe. „Weil der globale Wasserabfluss stark von den großen tropischen Flüssen gesteuert werden, deren Wassermengen sich zwischen Warm- und Kaltzeiten kaum geändert haben, hat sich auch die globale Gesteinsverwitterung kaum geändert“, sagt von Blanckenburg.

Trotz dieser Erklärung bleiben Fragen offen: Warum hatte das Schmelzen der Gletscher und der Eintrag großer Mengen an abgemahlenem Gestein am Ende der Kaltzeiten keinen Einfluss, und warum sehen wir nicht den Einfluss der global veränderten Vegetation auf die Verwitterung?

Friedhelm von Blanckenburg, Julien Bouchez, Daniel E. Ibarra, Kate Maher: „Stable runoff and weathering fluxes into the oceans over Quaternary climate cycles”, Nature Geoscience, Advance online Publication, 08.06.2015, DOI: 10.1038/ngeo2452

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