Von Fritz Vahrenholt
Zwei Ereignisse dieser Woche [Anfang Dezember 2014] werden große Wirkung auf den europäischen und deutschen Energiemarkt haben. Der Rückzug des größten europäischen und deutschen Stromkonzerns E.ON aus der konventioneller Stromerzeugung sowie der Verzicht Russlands auf den Bau der Gaspipeline South Stream. Die öffentliche Reaktion in Deutschland war recht verhalten. Das zeigt, wie gering die deutsche Öffentlichkeit das Thema der Versorgungssicherheit begreift. Aber darum geht es genau in diesen beiden Fällen.
E.ON hat akzeptiert, dass es nach dem Willen der deutschen Bundesregierung und der deutschen Öffentlichkeit keine Zukunft für Kohle und Kernenergie in Deutschland gibt. Das ist zwar selbstmörderisch für den Standort Deutschland und E.ON weiss das auch. Aber entschädigungslose Stilllegungen von Kernkraftwerken und die verlustreiche Marginalisierung von Kohle und Gaskraftwerken zu unwirtschaftlichen Backup-Kraftwerken hat tiefe Spuren in den Bilanzen der Stromkonzerne in Deutschland hinterlassen. E.ON wird sämtliche konventionellen Aktivitäten in eine Tochtergesellschaft auslagern, die zum Verkauf gestellt wird. Die Selbstaufgabe E.ONs ist ein markanter Beweis dafür , dass marktwirtschaftliches Engagement in der Energiewirtschaft in Deutschland politisch nicht gewollt ist. Denn am Ende ist die stille Hoffnung E.ONs, dass sich am Ende ein Käufer mit politischen Garantien der Bundesregierung das Risiko auf sich nimmt, in Deutschland konventionelle Energie zu erzeugen.
Wenn es nicht die Staatskonzerne aus Frankreich oder Russland werden, wird der deutsche Staat selbst die Energieversorgung in die Hand nehmen. Ganz sicher nach einem in den nächsten Jahren zu befürchtenden Brown-out. Der wäre zwar durch die Politik zu verantworten,aber die Reaktion der Politik wäre klar: der Markt hat versagt, daher muss die Energieversorgung in staatliche Hände. Vielleicht haben die Manager von E.ON dieses Szenario kommen sehen und versuchen noch wenigstens einen Teil des Kapitals zu retten.
Im Falle der Aufgabe des Pipeline-Pojekt Southstream geht es ebenso um Versorgungssicherheit. In Anbetracht der geopolitischen Spannungen zieht sich Russland zurück, sicherlich auch weil unter dem Druck der sinkenden Gas-und Ölpreise das Projekt zunehmend unwirtschaftlich wurde. Russland sucht eher sein Heil in China.
Auch hier überrascht die Gelassenheit der deutschen Öffentlichkeit. Gerade hat die Politik die Möglichkeit der eigenen Shale-Gas Förderung weitgehend versperrt, sind wesentliche Teile der politischen Linken dabei, das geplante Handelsabkommen mit den USA , das ja auch Erdgas umfassen würde, zu torpedieren – und Deutschland geht zur Tagesordnung über. Weil die überwiegende Mehrheit glaubt, Wind und Sonne allein wird es schon richten. Ein Blick aus dem Fenster könnte erhellend sein. Während ich dies schreibe, ist die PV Produktion in Deutschland Null – es ist dunkel – und der Wind säuselt vor sich hin, maximal 5000 MW, schätze ich, insgesamt. Wer macht eigentlich in Zukunft die anderen 50.000 MW, die den ICE, das Stahlwerk, die U-Bahn, die Wasserversorgung und meine Schreibtischlampe und meinen Laptop mit Strom versorgen? E.ON wird es nicht sein, soviel ist sicher.
Siehe auch englischsprachige Version auf notrickszone.com.