Das war ein Sommer 2018 in Mitteleuropa! Sehr warm und vor allem sehr trocken war er. So etwas kommt vor, oft wenn sich eine „Blocking“-Wetterlage einstellt. Dann bildet sich im Sommer ein stabiles Hoch über Mitteleuropa und die von Westen anrückenden Tiefdruckgebiete werden im hohen Bogen nach Norden um das Hoch herum geführt. Die charakteristische Form der Druckverteilung über Europa bescherte der Wetterlage auch den Beinamen „Omega Lage“.
Abb.1: Eine typische Omega- Wetterlage mit einem stationären Hochdruckgebiet über Mitteleuropa und der aufgezwungenen Zugbahn der Tiefdruckgebiete. Quelle
Eine solche Lage kann sehr beständig sein, sie beschert uns dann im Sommer sehr hohe Temperaturen und Trockenheit über lange Zeiten, wir erlebten so etwas auch im Sommer 2018. Und diese Wetterlagen gab es auch früher schon, wie diese Arbeit aus dem Jahre 1953 (!) zeigt.
Im diesem Sommer wurden wir jedoch überrascht: Das Blocking erzeugt der Klimawandel! Überall konnte man es lesen, z.B. hier. Der tiefere Grund sollte sein: Der Jetstream verliert seine Kraft durch die Klimaerwärmung, die es mit sich bringt, dass die Arktis sich schneller erwärmt als die Tropen. Der Temperaturunterschied zwischen beiden Regionen führt zur Ausprägung dieses Starkwindfeldes in etwa 10 km Höhe (200-300 mbar Luftdruck) und durch das Zurückgehen der Unterschiede mit fortschreitender Erwärmung schwächt sich der Jetstream ab. Das führt zu mehr Blocking- Lagen, letztlich auch zum heißen Sommer 2018. Klingt logisch, nicht wahr?
Vor allem wenn das ein „amtlicher Wetterfrosch“ der ARD erklärt, Karsten Schwanke:
Schön zusammengefasst? Nur leider ziemlich faktenfrei! Wir wollen es ihnen erklären:
Es gibt mindestens zwei Arbeiten, die den o.g. Zusammenhang postulieren, eine von Coumou et al. (Im folgenden C14) und eine von M. Mann et al. (im folgenden M17). Beide wurden unter reger Beteiligung des PIK geschrieben. Beide stellen fest, dass der Jetstream mehr mäandert in jüngerer Zeit als vor einigen Jahren. Aber der Link zur Arktis? Den stellt C14 so her: Man nimmt einige Ähnlichkeiten im Temperaturgradienten und meint, es könnte die sich (am Boden?) erwärmende Arktis sein. Wörtlich:
“Much more detailed analysis would be needed, including numerical modeling experiments, to unravel the direction of causality: Is Arctic amplification really the driver behind dynamic changes or do dynamical changes have a strong effect on Arctic warming? This will be challenging since current general circulation models appear to be deficient in reproducing aspects of the summer jet climatology,…”.
Also mehr Fragen als Antworten, man könnte einen Zusammenhang vermuten, aber sicher ist es nicht.
Überhaupt muss man sich fragen, welche sich ändernden Temperaturgradienten zwischen den Tropen und der Arktis gemeint sind. Der am Boden? Wie genau soll er den Wind in 10 km Höhe beeinflussen? Bemüht man die Reanalyse ERAinterim ab 1979 für die Sommertemperaturen (JJA), so erkennt man für die Arktis (65°N-90°N) praktisch keinen Trend in den Temperaturen in der Höhe von 200mbar („Z200“), in den Tropen (25°S-25°N) wird es dagegen moderat wärmer bis 2018. Da wo der Jetstream uns den heißen Sommer bescherte, in Höhen um 10km, vergrößert sich also der Gradient, genau anders herum als es zu erwarten wäre, wenn man den Effekt begründen wollte.
Abb. 2: Der Temperaturverlauf in der Jetstream- Höhe von ca. 10km über der Arktis blau) und über den Tropen (rot)mit jeweils einer 11- jährigen Glättung. Daten.
Dann sind es doch die Bodentemperaturen? Die zieht M17 zu Rate. Die Studie untersucht zonale Temperaturen und meint:
„In summary, our analysis of both historical model simulations and observational surface temperature data, strongly suggests that anthropogenic warming is impacting the zonal mean temperature profile in a manner conducive to wave resonance and a consequent increase in persistent weather extremes in the boreal summer.”
Der genaue Mechanismus, wie die Bodentemperaturen den Jet in der Höhe beeinflussen sollen, wird auch dort nicht erklärt. Und man findet nur in der Temperaturreihe GISS einen signifikanten Zusammenhang zu den erwähnten CMIP5- Modellsimulationen, die 2005 enden. Was in M17 zur Vermutung führt: der Effekt kann also erst nach 2005 relevant sein. Wir haben uns also GISS angeschaut, wieder für die Arktis und die Tropen:
Abb.3: Die Bodentemperaturen der Arktis ( blau) und die der Tropen (rot) nach GISS, beide mit einer 11-jährigen Glättung. Daten.
Hier stiegen die arktischen Temperaturen tatsächlich mehr an als die der Tropen, und zwar bis 2004. Danach schrumpfte der Unterschied wieder, auch wenn man den tropischen ElNino in 2016 berücksichtigt. Die blaue Kurve zeigt klar abwärts in dem Zeitraum, den M17 als den bezeichnen, in der das „Signal“ des Blockings durch den „mäandernden Jetstream“ sich zeigen soll. Auch hier mehr Fragen als Antworten, wenn man freundlich formuliert. Man könnte die Schlussfolgerungen auch als inkonsistent mit den Daten bezeichnen.
So ist es kein Wunder, dass andere Arbeiten zu völlig anderen Schlussfolgerungen kommen. In M17 werden CMIP5- Modelle verwendet um etwas über das Blocking auszusagen. Hier wird betont, dass man solche dynamischen Prozesse wie den Jetstream nur mit neuen, verbesserten Modellen abbilden können wird. CMIP5 – Modelle fallen also aus. Die jedoch benutzte M17. Die Modell-Defizite stellt auch diese Arbeit fest, sie billigt CMIP5 genau null skill bei Blocking- Lagen zu. Was über Grönland nicht funktioniert, wird auch über Europa nicht von Erfolg gekrönt sein.
Diese Studie ermittelt sogar einen entgegen gesetzten Sachverhalt, Kennedy et al. staunen nicht schlecht:
„One unexpected result is that the response to Arctic warming is a decrease in blocking over Eurasia,…”.
Wir hatten darüber ja damals zeitnah informiert. In einer aktuellen Arbeit stellen Woolings et.al fest:
„Considering the century-timescale projections, there remains a general agreement between models on an overall decline in mid-latitude blocking occurrence, at least in the hemispherical mean.“
Auch hier widersprechen also Modelle dem in C14 und M17 behaupteten Trend, und der Grund wird auch gleich geliefert:
„One of the less recognised challenges associated with blocking is its strong natural variability…”
Natürliche Variabilität also? Das bestätigt diese Studie in der Barnes et al. formulieren:
„No clear hemispheric increase in blocking is found for any blocking index, and while seasonal increases and decreases are found for specific isolated regions and time periods, there is no instance where all three methods agree on a robust trend. Blocking is shown to exhibit large interannual and decadal variability…“
Es ist also wohl nichts als Wetterrauschen was da in zwei Arbeiten mit völlig unklarer Methodik und zweifelhaften Daten (vgl. Abb. 2 und 3) zusammenfabuliert wurde.
Aber die Propagandawelle rollte, man verkaufte uns den heißen Sommer als zweifelsohne menschgemacht mit wichtiger Miene. Es gab in den letzten Tagen dazu eine rege Twitter-Diskussion, als Axel Bojanowski auf die Ungereimtheiten in der Berichterstattung aufmerksam wurde. Wir berichteten hier bereits. Unser Wetterfrosch Karsten Schwanke antwortete auf den Vorwurf, er habe Unschärfen in der Sachlage (was noch sehr milde ausgedrückt ist angesichts der gezeigten Probleme der beiden PIK- Arbeiten) nicht genug dargestellt, sondern den „erlahmenden Jetstream“ als klar durch uns verschuldet kommuniziert, so:
„Ihr Ansatz, den Sie einfordern, ist schwierig. Immer zu sagen – es ist alles mit großen Unsicherheiten behaftet – wird uns auch in 100 Jahren nicht weiterbringen. Die Temperatur steigt weiter.“ Quelle.
Vorher berichtete er stolz über die Verwendung von M17 für seine Schlussfolgerungen. Er hätte die Arbeit lesen sollen, vielleicht hätte das genügt, sie einzuordnen als das was sie ist: Ziemlich spekulativ und durch Beobachtungen nicht gestützt. Im Falle von Karsten S. sind wir uns da allerdings nicht sicher.
Und die Propaganda? Die Temperaturen steigen und da ist jedes Mittel recht. Auch die Verdummung des Publikums, wie er implizit zugibt. Der ganze Hype um den Jetstream ist wohl nichts als aufgeblasene heiße Luft, um den Konsumenten der Nachrichten in die Irre zu führen.
„Der heiße Sommer 2018 ist menschgemacht!“
In jedem Sommermärchen ist ja wohl auch ein wenig Wahrheit, hier müsste man schon sehr tief graben um das Körnchen zu finden. Uns jedenfalls gelang es nicht. Wir halten es schlicht für eine Lüge.