Über die im April 2013 erschienene umstrittene Broschüre des Umweltbundesamtes (UBA) haben wir an dieser Stelle bereits mehrfach berichtet (hier, hier, hier). Noch immer ist das Heft samt Schwarzer Liste mit Klimaskeptikern im Netz herunterladbar. Mittlerweile sickerten nun jedoch zusätzliche pikante Details durch, die ein Festhalten an der UBA-Publikation immer fragwürdiger erscheinen lassen. In einem Beitrag in seinem Klimalounge-Blog wies Rahmstorf jedwede Mitarbeit an der aktuellen Broschüre weit von sich. Noch vor zehn Jahren scheint dies jedoch ganz anders gewesen zu sein. In der Fülle der durch den Climate-Hack ans Licht gekommenen Emails prominenter Klimawissenschaftler wurde auch eine Email-Korrespondenz von Stefan Rahmstorf vom 24. November 2003 ans Tageslicht gespült. Darin beschreibt er seine enge Kooperation mit dem UBA beim Erstellen einer „Skeptiker fragen – Wissenschaftler antworten“ Webseite die der Öffentlichkeit auf dem Server des Umweltbundesamtes zur Verfügung gestellt wurde. Hier der Originaltext aus Rahmstorfs Email, die er an John Shepherd von der University of Southampton richtete:
A positive example: a group of us has compiled a web site „sceptics ask, scientists answer“ (in German), this site is hosted bei the German government’s environment agency (Umweltbundesamt) at http://www.umweltbundesamt.de/klimaschutz/faq.htm. It has responses to all the favorite sceptics arguments, and whenever some journalist or member of public asks about any sceptics arguments, we can simply refer them to this site.
Die Webadresse hat sich heute geringfügig geändert aber die alten Rahmstorf-FAQs sind in nunmehr aktualisierter Version noch immer auf der UBA-Seite verfügbar. Rahmstorfs ursprüngliche Mitarbeit an den FAQs ist nirgendwo vermerkt. Im Text (an dem er vermutlich selber mitgeschrieben hat), ist jedoch auffälligerweise nur Gutes über den Potsdamer Professor zu lesen:
„In sehr anschaulicher und verständlicher Form hat sich der renommierte Wissenschaftler Stefan Rahmstorf, Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam und Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung [PIK], mit den Behauptungen der Klimaskeptiker auseinandergesetzt.“
Dabei wird dann noch kräftig Werbung für eines seiner Bücher gemacht. Vielleicht könnte das UBA bei der nächsten Überarbeitung der Webseite auch unsere kalte Sonne bei den „einschlägigen Skeptiker-Büchern“ ergänzen. Vielen Dank für die Mühe im Voraus.
Auch in der aktuellen Broschüre ist Stefan Rahmstorf wieder nicht als Autor aufgezählt. Nehmen wir für einen Moment an, dass dies der Fall wäre. Wie berichtet besitzt das offiziell aufgeführte UBA-Autorenkollektiv keinerlei professionellen klimawissenschaftlichen Hintergrund. Könnte dies vielleicht sogar ein Vorteil sein, da es den UBA-Autoren aus diesem Grund ermöglicht unbefangener und unparteiischer an die Sache heranzugehen? Im Bundestag wurde eine solche Sichtweise jedenfalls vom Umweltministerium vertreten. Achgut berichtete am 18. Juni 2013:
Am 12. Juni [2013] hatte Altmaiers Parlamentarische Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser im Deutschen Bundestag behauptet, es gäbe keine Interessenverflechtungen zwischen den Autoren der umstrittenen Broschüre „Und sie erwärmt sich doch“ und Klimaschutzorganisationen. Jetzt stellt sich heraus: Hauptautor Dr. Harry Lehmann gehört dem dem 34-köpfigen „Verein der Freunde und Förderer des PIK e.V.“ an. Die Ziele des Vereins ist, „das PIK vor allem durch Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung seiner steuerbegünstigten, gemeinnützigen Zwecke … unterstützt werden“.
Ein dicker Hund. Wusste Frau Heiner-Esser nichts über die Verflechtung oder wollte sie die enge Verbandelung zwischen PIK und UBA unter den Teppich kehren? Bereits aus den Fördermitteltabellen kann man sehen, dass nicht unerhebliche Gelder des UBA an das PIK geflossen sind und intensive Verbindungen bestehen. In den Bundestag hatte das Thema der FDP-Abgeordnete Holger Krestel gebracht, der von der Bundesregierung Aufklärung über die Vorgänge beim Umweltbundesamt verlangte. Die Deutschen Mittelstands-Nachrichten berichteten am 15. Juni 2013:
Krestels wollte zunächst wissen, in welchem Umfang die Bundesregierung und das UBA die Klima-Forschung fördert und nach welchen Kriterien werden die Forschungsgelder vergeben werden. Diese Frage kann jedoch aufgrund der Geschäftsordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich beantwortet werden.
Zudem wollte Krestel wissen, wie das UBA personell mit Klima-Lobbygruppen verflochten ist. Denn offensichtlich hat sich das Amt mit seiner Studie klar auf deren Seite gestellt. Die Bundesregierung sagte dazu lediglich, UBA-Mitarbeiter übten keine Nebentätigkeit für solche Organisationen aus. Über die vorherigen Tätigkeiten der UBA-Mitarbeiter konnte man dem Abgeordneten nichts sagen. Es sei ein zu großer Aufwand gewesen, dies zu ermitteln.
In der UBA-Studie wurden kritische Wissenschaftler als ahnungslos bezeichnet. Sie seien fachfremd und hätten nicht das Wissen, um überhaupt mitzureden. Die vom Staat verordneten Klimamodelle seien so komplex, dass man sie nicht in der Freizeit verstehen könne. Zudem unterstellte das UBA, die kritischen Wissenschaftler arbeiteten für die Energiewirtschaft und die Erdöl-Industrie und seien im Grunde bezahlte Propagandisten (mehr hier).
Der Abgeordnete Krestel stellt nun mit denselben Argumenten die Kompetenzen der für die UBA-Studie Verantwortlichen in Frage:
„Ich frage mich auch, ob die Autoren der Studie, eine Philosophin, ein Berufsschullehrer, ein ehemaliger Lobbyist bei Greenpeace und Eurosolar sowie eine Pressesprecherin und Kinderbuchautorin, in der Lage sind, den klimawissenschaftlichen Diskurs zu bewerten und eine fachliche und objektive Entscheidung über ‚Rechthaben und Nichtrechthaben‘ in der Debatte zu treffen.“
Nach langem Schweigen musste sich schließlich auch Umweltminister Altmaier zu der Broschüre äußern, was er in der Welt am Sonntag vom 26. Mai 2013 dann auch tat:
Welt am Sonntag: Sie haben auf Twitter versprochen, die UBA-Broschüre zu prüfen. Was ist dabei herausgekommen?
Altmaier: Ich habe mir den Text, um den es geht, noch einmal angeschaut. Ich habe auch meine zuständigen Mitarbeiter gebeten, das unter juristischen Gesichtspunkten zu prüfen. Das Ergebnis ist, dass das Umweltbundesamt juristisch wohl nicht angreifbar ist.
Welt am Sonntag: Geben Sie sich damit zufrieden? Dass eine staatliche Institution erklärt, welche Meinungen haltbar sind und welche nicht, hat es lange nicht gegeben in diesem Land…
Altmaier: In der kritisierten Passage wird lediglich gesagt, dass es Beiträge gibt in den Medien, die nicht mit dem Kenntnisstand der Klimawissenschaft übereinstimmen.
Welt am Sonntag: Gibt es einen Kenntnisstand der Klimawissenschaft, den niemand seriös in Frage stellen kann?
Altmaier: Ich selbst bin Jurist und kein Wissenschaftler. Als verantwortlicher Politiker muss ich aber konstatieren, dass es in der Wissenschaft einen großen Konsens gibt, dass sich der CO2-Gehalt in der Atmosphäre durch menschliche Aktivitäten in den letzten hundert Jahren extrem erhöht hat.
Das gilt auch für die Frage, ob der menschliche Beitrag zum CO2-Anstieg auch für einen Klimawandel verantwortlich ist und in welchem Umfang dieser Klimawandel stattfindet. Es gibt auch einzelne, abweichende Positionen. Aber die Mehrheitsmeinung ist sehr breit und sehr groß.
Welt am Sonntag: Wäre die Broschüre erschienen, wenn Sie Ihnen persönlich vorgelegen hätte?
Altmaier: Ich beantworte keine hypothetischen Fragen. Ich kann rein physisch nicht jede einzelne Broschüre vor ihrer Veröffentlichung anschauen und kontrollieren. Ich verlasse mich darauf, dass meine Mitarbeiter die richtigen Entscheidungen treffen.
Welt am Sonntag: Haben Sie das denn?
Altmaier: Entscheidend ist für mich, ob juristisch Fehler gemacht werden und ob die politische Position der Bundesregierung korrekt wiedergegeben wird. In beiden Punkten gibt es keinen Anlass zur Kritik. Über die Frage, was klug und richtig ist, diskutiere ich im jeweiligen Einzelfall mit meinen Mitarbeitern.
Welt am Sonntag: Wie wirken Sie dem Eindruck entgegen, dass ein politisch anders gefärbter Behördenapparat mit dem Minister macht, was er will?
Altmaier: Ich bin jetzt seit einem Jahr Minister, und mir ist noch nie vorgeworfen worden, ich würde lediglich machen, was der Apparat will. Ich habe meine Akzente gesetzt in der Diskussion über die Energiewende. Aber der Minister hat auch eine Obhuts- und Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter. Er sollte sie nicht öffentlich kritisieren, wenn es keine juristischen und andere stichhaltigen Gründe dafür gibt.
So ein bisschen bekommt man aus dem Interview das Gefühl, dass Altmaier doch nicht ganz zufrieden ist mit seinen aktivistisch veranlagten Untergebenen.
Abschließend interessiert uns natürlich noch brennend was Hartmut Graßl zu dem Ganzen sagt. Unvergessen sein scharfsinniger Kommentar anlässlich des Erscheinens unseres Buches „Die kalte Sonne“ im Februar 2012 (“Ach, eigentlich habe ich keine Lust zu solchem Stuss irgendwas zu sagen”). Der Klima(rats)retter-Webseite gewährte Graßl Anfang Juni 2013 eine Audienz und äußerte sich zu den klimatischen Themen der Zeit, unter anderem auch zur UBA-Geschichte. Absolut köstlich wieder, ein typischer Graßl eben. Auf Klimaretter.info lesen wir:
KLIMARETTER: Das Umweltbundesamt hat in einer Publikation Namen von Klimaskeptikern genannt, die in deutschen Medien ihr Unwesen treiben. Was zu einer heftigen Debatte führte: Darf man so etwas als Amt? Hilfreich oder Frevel?
GRAßL: Die Zahl der Menschen, die die Klimaänderungen durch den Menschen leugnen, kleinreden oder gar die Physik verletzende Äußerungen machen, ist zwar eine kleine Minderheit, diese bekommt aber oft mehr Platz in den Medien als diejenigen, die über Neues aus der Klimaforschung und noch nicht beantwortete Fragen berichten. Damit muss ich selbst seit Jahrzehnten leben. Meist sind diese Menschen von kurzfristigen Interessen getrieben. Wissenschaftler aus der zweiten und dritten Reihe bekommen sogar Geld, um Sand in die Klimapolitik zu streuen, und eine verschwindend kleine Zahl ist bei großen Themen immer dagegen und sieht eine Verschwörung. Bei einer Kanzlerin mit einem Doktortitel in Physik konnten sie alle nicht landen. Deswegen hätte das Umweltbundesamt ruhig bleiben können. Dennoch kann ich verstehen, dass den Verantwortlichen das gegen die zukünftigen Generationen gerichtete Treiben dieser Egoisten zu bunt geworden ist.
Leugner, eine kleine Minderheit, kurzfristige Interessen, gekaufte Industriesöldner mit begrenztem Gehirn – das hat Graßl wirklich schön zusammengefasst. Munter sprudeln absurde Verdächtigungen, Fehleinschätzungen und Beleidigungen aus dem Professor heraus. Es fällt auf, dass Graßl schon länger nichts Sachliches zur Diskussion beigetragen hat und fast vollständig auf die persönliche Ebene abgeglitten ist. Nicht schön.
Weitere interessante Artikel zum UBA-Skandal erschienen im Blog des Liberalen Instituts („Beendigung einer offenen Debatte“), EIKE („Das Umweltbundesamt hält sich ein literarisches Quartett!“) sowie nochmals EIKE („Happy Harry – UBA Broschürenautor Harry Lehmann …nach Sinnkrise… zum Umweltbundesamt..und sucht von dort das „Glück als Zielgröße“).