Von Frank Bosse
Die Sonnenfleckenzahl (SSN) laut SIDC betrug im Monat Januar 62,9, wobei rund zwei Drittel hiervon auf die Nordhemisphäre (NH) der Sonne entfielen (43,3). Die nackten Zahlen eines Monats sagen zunächst nicht viel. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Zyklus, aus monatlichen Mittelwerten aller detailliert beobachteter Zyklen 1-23 erzeugt (blaue Linie im folgenden Diagramm), sieht man allerdings die deutliche Abweichung des aktuellen 24. Sonnen-11 Jahreszyklus:
Im Diagramm ist ebenso der Verlauf des Sonnenzyklus (Solar Cycle – SC) SC5 dargestellt, der erste des Dalton Minimums vor 210 Jahren (hellrote, dünne Linie). Ihm ähnelt unser aktueller Zyklus Nummer 24 schon seit 10 Monaten sehr. Allein die Sonnenaktivitätsspitze im Herbst 2011 unterscheidet den SC24 vom „Flatliner“ um 1800. Gegenwärtig wird nur ca. 50% der „üblichen“ Aktivität verzeichnet. War das wahrscheinliche Maximum also bereits im November 2011 mit SSN=96,7? Vieles spricht dafür.
Es gibt immer wieder einige Tage mit höherer Aktivität, im Januar 2013 hatte manch ungeduldiger Beobachter um die Monatsmitte schon vermutet, die Sonne sei endlich erwacht. Vom 3. bis 13. Januar war die Sonnenfleckenzahl (SSN) stets über 80, in der Spitze beobachtete man eine SSN von 107. Was danach jedoch folgte, konnte man als „Einschlafen“ bezeichnen. Für den Rest des Monats gab es eine SSN von im Mittel nur 35. Das ist sehr wenig, wenn man weiß, wie die Zahl SSN entsteht: Es werden die sichtbaren Flecken gezählt und die Regionen, in denen mehrere Sonnenflecken lokalisiert sind. Danach werden letztere mit 10 multipliziert und das Ergebnis der Summe der beobachteten Flecken hinzugeschlagen.
Machen wir ein Beispiel. Das ist das Bild der Sonne vom 2. 2. 2013:
Quelle: solen.info
Man erkennt nummerierte Flecken und Gebiete mit einem „S“ vorn angestellt. Dies sind magnetische Störungen, die keinen zählbaren Fleck produzieren konnten. Insgesamt erkennt man 14 Flecken in 4 Regionen. SSN ist dann also: 4 Regionen entspricht 4 * 10= 40 plus 14 gezählte Flecken= 54. Die SSN ist also nicht einfach die Anzahl der Sonnenflecken. Außerdem sieht man im Bild oben noch flächige Gebilde, als „CH…“ bezeichnet. Das sind „koronale Löcher“. Damit bezeichnet man Gebiete mit offenen Magnetfeldlinien, aus ihnen kann Sonnenmaterie bis zur Erde strömen. Das erzeugt also auch stärkeren Sonnenwind, allerdings bedeutend weniger als bei einem größeren Flare, einer Explosion auf der Sonne, hervorgerufen durch kollabierende Magnetfelder, die einen Sonnenfleck produzieren.
Beim Studieren des Bildes fällt auf, dass die Flecken 11662, 11663, 11665 von sehr regelmäßiger Gestalt sind, fast kreisrund. Erinnern Sie sich an einen Schulversuch mit Eisenfeilspänen auf Papier und einem Stabmagneten darunter? Recht genau so verlaufen bei diesen Flecken die Feldlinien, sehr schön geordnet. Wie sollen sich da jemals Feldlinien unterschiedlicher Polarität berühren und so das Feld durch magnetischen Kurzschluss kollabieren lassen? Das wird kaum passieren und so sind diese Flecken ohne Potential für einen Flare. Man bezeichnet sie als Typ Alpha oder Beta.
Anders ist das beim Fleck 11667: er sieht sehr unregelmäßig aus, besteht aus mehreren Flecken unterschiedlicher Magnetfeldanordnungen. Er ist vom Typ Gamma – es mixen sich Felder und können sich damit auch kurzschließen: ein Flarekandidat. Die Erde wäre jedoch kaum betroffen, er ist zu weit nördlich auf der Sonne. Wir blicken ja auf den Mittelpunkt der Sonnenscheibe. Wenn ein Fleck dort zu sehen ist und es einen Ausbruch gibt, werden wir von der davonfliegenden Materiewolke mit hoher Wahrscheinlichkeit getroffen. Die Sonne dreht sich von links nach rechts, und so rotiert der Fleck 11667 immer mehr in unser Sichtfeld, er bleibt jedoch in den höheren Breiten der Sonne bei etwa 23 Grad Nord heliografischer Breite für die Erde kaum von Belang.
Nahe dem Nordpol erkennen wir ein recht ausgeprägtes koronales Loch, es ist nicht weit entfernt vom polaren Gebiet. Während der Minimum-Phasen sind die Pole von sehr markanten koronalen Löchern bedeckt. Um den Südpol herum ist das Loch sehr viel weniger entwickelt. Dort herrscht inzwischen wieder die Polarität des Anstieges des Sonnenfleckenzyklus 24:
Quelle: leif.org
Der Südpol macht eine Schwingung hin zu Plus-Werten der Feldstärke, während der Nordpol wohl bereits endgültig reversiert ist. Wir haben damit jetzt wieder eine Sonne mit zwei magnetischen Südpolen! Das ist nicht ungewöhnlich, diese Schwingungen sind im Gegenteil recht ausgeprägt. Man kann also noch nicht davon sprechen, dass das Maximum des Zyklus 24 endgültig erreicht ist. Viel fehlt jedoch nicht mehr.
Im Allgemeinen erscheint es so, dass nach einer kurzen, tageweisen Spitze der Aktivität die Sonne wieder gedämpft wird. Dies ist mit wenigen unregelmäßigen Flecken sowie einem schnellen Abflauen oder Aufflackern der Aktivität verbunden: Genau das, was man nach der Hypothese von Livingston/ Penn erwartet. (siehe Blogbeitrag „Die Sonne im November 2012„). Die Sonne ist also seit 10 Jahren weiter recht genau auf „Livingston/Penn“-Kurs, nämlich in Richtung niedrigerer magnetischer Feldstärken. Das macht sich natürlich auch im aktuellen Vergleich der Zyklen miteinander bemerkbar:
Wenn Livingston / Penn und andere Studien recht behalten sollten, dann folgt kein kleineres Minimum vom Dalton-Typ auf den SC24, so wie das in den Zyklen 5, 6 und 7 der Fall war. Nein, es wird noch viel weniger Aktivität in SC 25 erwartet, ein Maunder-Typ könnte sich ankündigen. Es sollten dann schon im Verlauf des SC24 immer weniger sichtbare Flecken entstehen, weil es immer weniger Magnetfelder ausreichender Stärke geben wird. Dann werden wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch ein deutliches Unterschreiten des SC5 notieren müssen (siehe erste Abbildung dieses Artikels) und ein noch erheblicheres Wachsen der Säule ganz rechts nach unten im Bild der akkumulierten SSN-Anomalie (siehe letzte Abbildung dieses Artikels).
Für die kommenden Jahre können wir jedenfalls relativ sicher davon ausgehen, dass die Sonnenaktivität schwach bleibt. Der Sonnenwind wird wenig ausgeprägt sein und die ultravioletten Anteile im Sonnenspektrum sehr viel weniger ausgeprägt sein als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Was das für uns heißt? Bleiben Sie dran! Es wird spannend, wie die Temperaturen auf der Erde mittelfristig darauf reagieren werden.