Die Sonne im Februar 2017 und das antarktische Meereis

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt

Der Stern im Mittelpunkt unseres Planetensystems war auch im Vormonat nur sehr gering aktiv. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) von 26,1 reiht sich ein in die Datenreihe, die auf eine nur etwa 50- prozentige Fleckenaktivität des Normalen  über den gesamten Zyklus weist.

Abb. 1: Die mittlere Sonnenaktivität ( blau) im Vergleich zur Aktivität im laufenden Zyklus 24 (rot) und dem in Teilen sehr ähnlichen Zyklus 5 (schwarz).

 

Der Vergleich der Zyklen untereinander:

Abb.2: Die Aktivität der Zyklen 1…24 als Abweichung vom Mittelwert. Der aktuelle Zyklus begann im  Dezember 2008 und ist der drittruhigste seit Beginn der systematischen Beobachtungen im Jahre 1755.

 

Die solaren polaren Felder sind wohl inzwischen „eingeschwungen“, wir hatten Sie ja in den letzten Monaten informiert. Sowohl die Felder des Sonnennordpols als auch die des Südpols weisen auf eine Aktivität des folgenden Zyklus von ca. 2/3 im Vergleich zum aktuellen Zyklus hin. Eine frühe Prognose von uns also hier: Der Zyklus 25 ab ca. 2021 könnte etwa so schwach werden wie der Zyklus 6. Wir würden nach dem jetzigen Stand ein solares Minimum recht ähnlich zum Dalton- Minimum ( Zyklus 5,6,7) 1790…1830 erleben. Die weiter sehr stark entkoppelten polaren Felder – die des Südpols sind schon jahrelang am Stück deutlich stärker als die des Nordpols- tragen jedoch noch Unschärfen ein. Ein solches Phänomen wurde seit Beginn der systematischen Beobachtungen in den 70er Jahren noch nicht verzeichnet. In dieser Zeit waren wir jedoch auch in einem anderen  „Sonnenzeitalter“, die Sonne war damals so aktiv wie noch nie vorher beobachtet.

 

Antarktis: So wenig Eis wie noch nie!

Solche Schlagzeilen gab es im letzten Monat zu Hauf, die ARD relativ sachlich, andere schon reißerischer und durch tätige Mithilfe von Fotoshop mit suggestivem  Klimaalarm. Zunächst einmal die Fakten: Der diesjährige Eisextent (die Ausdehnung) ist tatsächlich auf Rekord-niedrigem Stand, dies referiert der NSIDC in seinem Bericht. Hier die zugehörige Graphik:

 

Abb.3:  die Ausdehnung der Eisfläche rund um Antarktika im Februar (nahe am sommerlichen Minimum dort) im Vergleich zu 1979 (in %). Quelle.

 

Man sieht den steigenden Trend als gestrichelte Linie. Der langjährige Trend ist am Ende das Entscheidende wenn es um das Klima geht, die kürzeren Schwankungen deuten auf Wetter hin. Eine Betrachtung der Temperaturen der gesamten Antarktis zeigt, dass sogar ins Gerede gekommene  GISS- Reihe dort keinen relevanten Trend sieht.

 

Abb.4: Die antarktische Temperaturanomalie am Boden nach GISS

 

Das Schmelzgeschehen auf dem Ozean rund um die Antarktis herum wird damit jedoch kaum erfasst, hier sind die Oberflächentemperaturen der Meere (SST) entscheidend. Und da sehen wir, woher der Eisverlust kommt:

 

 

Abb.5: Die Temperaturanomalie des Ozeans rund um Antarktika

 

Sie erkennen den fallenden Trend seit Mitte der 90er und am Ende den warmen Spike, der sich auf das Meereis auswirkte. Es ist also mit Sicherheit einiges an Wetter dabei am Ende des Jahres 2016, genauer gesagt ab September.  Über die genauen Ursachen herrscht auch in der Literatur keine Gewissheit. Eine naheliegende Vermutung könnte als (Teil)Ursache den sehr kräftigen ElNino 2015/16 sehen. Wie Sie jedoch bemerken hatte der letzte starke ElNino (1997/98) nicht diese Folgen. Hier muss man beachten, dass jeder ElNino im Detail anders ist als seine Vorgänger. Damit beschäftigte sich diese Studie näher. In 2015/16 hatten wir gleichzeitig zwei wirksame Ereignisse: einen zentralpazifischen ( auch ElNino Modoki genannt) plus einen ostpazifischen Wärmeschub mit dem ElNino. Der tropische Pazifik erwärmte sich stark vom südamerikanischen Festland bis hin fast zur Datumsgrenze.  Dies war in der genau beobachteten Zeit eine Premiere und es gibt kaum Vergleichswerte. Es könnte sich eine Wirkungskette entfaltet haben: Die Wärme des ElNino (viel mehr als 1998 über die Fläche verteilt) wird polwärts transportiert durch die Ozeane und die Troposphäre und wird dort zum großen Teil in den Weltraum abgestrahlt. Auf diesem Wege werden die Wässer um Antarktika mit erwärmt. Das nächste Jahr muss zeigen, ob es eine vorübergehende starke Erwärmung (ein Puls entgegen dem Langzeittrend) war oder ob sich der Trend umzukehren beginnt.

Dann werden Sie in den Medien wahrscheinlich lesen, dass die Klimaerwärmung nun auch in der Antarktis das Meereis katastrophal reduziert. Das ist jedoch wilde Spekulation. In einer aktuellen Studie zur AMOC (dies ist der globale ozeanische  Wärmefluss von Süd nach Nord) wird festgestellt, dass ein starker Wärmetransport Richtung Nordpol in der Antarktis ein spezielles Muster entstehen lässt: Es wird an der Oberfläche (SST) kühler und in der Tiefe wärmer. Die tieferen Wässer bis 700m am Rande des Kontinents zeigen einen Warmtrend, die Oberfläche ( vergleiche Abb. 5) einen Kühltrend. Hier ein Blick auf die „untere Etage“ dort:

 

Abb. 6: Die Temperaturanomalien des Ozeans bis in 700m Tiefe rund um Antarktika

 

Die Divergenz zwischen tieferen Schichten des Ozeans und seiner Oberfläche ist klar zu sehen. In  Abb. 5 sehen Sie den plötzlichen positiven Ausschlag der SST, dem kann der Ozean bis 700m Tiefe natürlich nicht folgen durch seine sehr hohe Wärmeträgheit. Im nördlichen Atlantik sehen wir jedoch den Rückgang des Wärmetransports bereits seit etwa 2012:

 

Abb. 7: Die Oberflächentemperaturanomalien  im subpolaren  Nordatlantik seit 1980.

 

Es könnte also sehr gut sein, dass zu dem Pulsverhalten durch den ElNino diese „Schaukelwirkung“ hinzu kommt: Eine starker nordwärts gerichteter Wärmetransport (starke AMOC) kühlt das Wasser an der Oberfläche des Ozeans (das Meereis wächst an) um die Antarktis herum während es in der Tiefe wärmer wird. Eine schwächere AMOC (Abb. 7  spricht für ein Nachlassen im Vergleich zu den Jahren nach 1998) dreht die Verhältnisse im Süden um: es wird an der Oberfläche wärmer (Meereisschwund) und in der Tiefe kälter.

Man wird also gespannt auf die Messungen aus den tieferen Meeresschichten um die Antarktis herum warten um zu erkennen, ob dies so ist. Dies alles sind völlig natürliche Vorgänge  und ob und wenn ja wie viel menschgemachte Erwärmung  da hineinspielt ist völlig unklar. Also bitte nicht auf vorschnelle Erklärungen (à la „Der Mensch schmilzt jetzt auch die Antartkis!!!“)  in den Medien oder von bestimmten Instituten hereinfallen wenn es zukünftig weniger Eis um die Antarktis herum geben sollte. Propaganda und „science at work“ sind Antagonismen. Die interne Variabilität des aktuell abkühlenden Nordatlantiks ist „Nature at work“.