Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt
Unsere Sonne war auch im Februar 2016, wie in fast jedem Monat des aktuellen Zyklus, deutlich unternormal aktiv. Die festgestellte SSN (SunSpotNumber) betrug 57,2. Das Mittel der Zyklen 1…23 für diesen Monat dagegen errechnet sich zu 80,8. Beobachtet wurde also 71% des Mittelwertes im aktuellen Zyklus 24.
Abb.1: Die bisherige Aktivität des Zyklus 24 (SC 24, rot) im Vergleich mit der mittleren Aktivität der Zyklen 1…23 (blau) und dem auch im letzten Monat stärkeren Zyklus 5 (SC5, schwarz).
Der Vergleich der Zyklen untereinander:
Abb.2: Die Aktivität der Zyklen 1…24. Die Werte entstehen durch die monatliche Addition der Anomalien, das sind die Differenzen zwischen den beobachteten SSN-Werten und den Mittelwerten, wie sie in blau in Abb. 1 abgetragen sind.
In Summe wurde über den gesamten Zyklus 24 nur 57% der SSN des mittleren Zyklus beobachtet. Sehr wahrscheinlich wird der Zyklus damit am Ende zu den drei schwächsten seit Beginn der Beobachtungen im Jahre 1749 zählen und sich einreihen in die Reihe der am Dalton- Minimum (ca. 1790-1830, SC 5…7)beteiligten Zyklen.
Wie könnte es nach dem SC24 weitergehen? Sporadisch (letztmalig hier) machten wir darauf aufmerksam, dass der erste Fingerzeig für den kommenden Zyklus die Stärke der polaren Felder der Sonne im Minimum der Aktivität vor Beginn des Zyklus ist. Bis dahin ist noch etwas Zeit, wir wollen trotzdem einen Blick auf diese Felder werfen. Die Daten erhält man hier, wir haben sie bis Ende Februar 2016 verarbeitet. Dabei nutzten wir die geglätteten Daten (in der Datenreihe mit „f“ gekennzeichnet für Tiefpassfilter) da die ungefilterten Daten zu sehr von Kurzzeitvariationen betroffen sind.
Abb.3: Die geglätteten Reihen der polaren Felder der Sonne, der Mittelwert (schwarz) aus Nordhemisphäre (Nf, blau) und invertierter Südhemisphäre (-Sf, rot).
Die polaren Felder der Sonne schwingen phasenverschoben zu den Fleckenzyklen: im Maximum dieser haben die polaren Felder eine Umpolung (Nulldurchgang) und umgekehrt. Besonders die Felder der NH wachsen deutlich langsamer nach dem SSN- Maximum 2013 als bei den seit Mitte der 70er gemessenen Umpolvorgängen davor. Die SH (rot in Abb.3) verhält sich jedoch recht durchschnittlich und zieht das Mittel (schwarz in Abb.3) nach oben. Unser nächster Blick gilt den Differenzen zwischen den Hemisphären:
Abb.4: Die hemisphärischen Differenzen der polaren Felder der Sonne. Positive Werte zeigen stärkere Felder der NH an, negative stärkere der SH.
Man erkennt, dass unterschiedliche Feldstärken nichts Ungewöhnliches sind. Bis auf den eigentlichen Umpolvorgang im SC24, der in 2013 stattfand, ist jedoch zu bemerken, dass im gesamten Zyklus seit 2008 die Felder der SH stärker waren als die der NH und wir aktuell die größte Differenz der Felder seit 1976 verzeichnen. Mit einem solchen Phänomen beschäftigten sich mehrere Arbeiten, z.B. Munoz-Jaramillo et al. (2013) und Ashish Goe et al. ( 2007). Sie verbinden eine Asymmetrie der polaren Felder mit einer hemisphärischen Entkopplung des solaren Dynamos. Die letztere Arbeit diskutiert auch die These, dass eine starke Asymmetrie des solaren Dynamos eine der Ursachen des Maunder Minimums (eine Phase sehr geringer Sonnenaktivität 1645 bis 1715) war. Zumindest ist ein Blick auf die unterschiedlichen Feldstärken der polaren Felder angebracht. Wir werden sehen, was die nächsten 1 bis 2 Jahre hier bringen, denn dann sollten sich die Felder bereits in ihrem Maximum befinden und die Vorhersage des folgenden Zyklus recht robust möglich sein.
Temperaturrekorde purzeln
Die globale Februar-Temperatur meldete GISS mit 1,35 °C über dem Mittelwert 1951-1980. Dies ist ein eindrucksvoller Rekord, 0,8°C (!) wärmer als im Februar 2014. Wie ist ein solch großer Hub in relativ kurzer Zeit zu erklären? Eine der Quellen stellten wir im vorigen Monat vor: Der aktuelle El Nino. Wir wollen uns dieses Mal auf ein gewaltiges Seegebiet konzentrieren, den Indo-Pazifischen Warm Pool (IPWP). Es erstreckt sich von 90° Ost bis 180° Ost und von 20°Süd bis 20°Nord:
Abb. 5: Der IPWP (türkis markiert), Quelle: „Google Earth“
In diesem Seegebiet kommt das erwärmte Wasser des tropischen Pazifiks von Süd/Mittelamerika her, von den Passatwinden getrieben an, wenn Normalbedingungen der ENSO ( El Nino Southern Oscillation) herrschen oder gar La Nina-Verhältnisse. Wir hatten es hier ausführlicher erklärt. Im markierten Gebiet werden daher die höchsten großflächigen Meerestemperaturen der Erde gemessen: stabil ca. 28,5°C. Die Wärme, die vom gesamten tropischen Pazifik stammt, wird auch bis in ca. 500m Wassertiefe transportiert. Die Temperaturen in diesem Tiefenbereich verhielten sich seit 2004 so:
Abb. 6: Die vertikale Temperaturverteilung des IPWP (dbar=Meter Wassertiefe). Die Abbildung wurde erzeugt mit dem „Argo Global Marine Atlas“.
Deutlich sind die kleineren El Ninos 2004/2005 zu erkennen (blau=kühler), die La Nina 2008 sorgte für eine Erwärmung des IPWP, der El Nino 2009/2010 für eine kurze Abkühlung, die La Nina 2011-2012 erwärmte das Wasser danach wieder. Seit 2014 erkennt man über die gesamte Tiefe eine sehr prägnante Abkühlung. Für unsere Betrachtung des gegenwärtigen globalen Wärmepulses beschränken wir uns auf den Zeitraum nach Januar 2013.
Abb. 7: Der Temperaturverlauf des IPWP bis 500m Wassertiefe (blau) seit 2013 und der Verlauf der globalen Temperaturen (GISS, rot) jeweils bis Dezember 2015. (Daten: GISS, Argo)
Die mittlere Temperatur des IPWP hat sich seit Frühjahr 2013 um ca. 1°C verringert. So kühl wie gegenwärtig war es da seit Beginn der Argo- Messungen in 2004 noch nicht. Wir beschreiben hier eine Wassermenge von ca. 16 Mio. km³ unter Berücksichtigung des Landanteils im IPWP! Dabei wird eine Energie frei, die etwa dem entspricht, was die gesamte Erde in 4 Tagen von der Sonne an Strahlungsfluss erhält. Diese Energie erhöht die globale Oberflächentemperatur und das führt zu vermehrtem Abstrahlen eines Gutteils der Wärme in den Weltraum. Ein El Nino führt am Ende also dazu, dass dem System Erde Wärmeenergie entzogen wird. Die Erwärmung die wir gegenwärtig sehen ist eine Begleiterscheinung dieses natürlichen Prozesses. Die aktuellen Rekorde haben also viel mehr mit dem natürlichen Zyklus von ENSO zu tun als mit der darunter liegenden moderaten Erwärmung von vermutlich ca. 0,01°C/Jahr durch die Wirkung von Treibhausgasen.