Der Mai macht was der Atlantik will

Der Deutsche Wetterdienst machte sich kürzlich Sorgen über die Eisheiligen:

Eisheilige machen kaum noch Angst – Ist der Klimawandel schuld?
Spielen die Eisheiligen im Wettergeschehen des Monats Mai eigentlich noch eine Rolle? Jedes Jahr fragt man sich, kommen sie pünktlich, kommen sie überhaupt? Sie heißen Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sofia und haben uns früher oft den Frühling verhagelt. Die Eisheiligen, das ist der Zeitraum vom 11. bis 15. Mai, in dem nach Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bis Mitte des 19. Jahrhunderts fast regelmäßig Kaltlufteinbrüche beobachtet wurden. […] In den letzten Jahren sind die Eisheiligen oft ganz ausgeblieben. Manchmal kam es zu Kaltlufteinbrüchen bereits Anfang Mai oder Ende Mai. Fröste traten jedoch auch dann immer seltener auf. Gelegentlich wurden die Eisheiligen bei Tageshöchstwerten von über 25 Grad Celsius sogar zu „Schweißheiligen“. Neuere Untersuchungen des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass die Häufigkeit von Kaltlufteinbrüchen Mitte Mai vor allem im süddeutschen Raum deutlich unter 50 Prozent liegt. Insofern ist die Frage berechtigt, ob man eigentlich noch von einer echten Singularität sprechen kann. Viele Experten führen die Veränderungen u. a. auch auf den Klimawandel zurück, denn mit der stetigen Erwärmung der globalen Atmosphäre fallen auch Kaltlufteinbrüche im Mai immer weniger frostig aus. Die bisherigen und mögliche zukünftige Änderungen der Mitteltemperatur des Monats Mai, der Anzahl der jährlichen Frosttage und vieler anderer Größen zeigt der Deutsche Klimaatlas auf einen Blick.

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Konkrete Graphiken fügt der DWD der Meldung leider nicht bei. Josef Kowatsch brachte auf EIKE die Graphen einiger Einzelstationen, aber auch hier fehlen bundesweite Kurven. Der Verweis des DWD auf den Deutschen Klimaatlas ist interessant. Dort kann man leider nur Monatstemperatur eingeben, nicht die konkreten Daten der Eisheiligen Periode. Hier also die Temperaturentwicklung Deutschlands für den Mai während der vergangenen 130 Jahre:

Abb. 1: Temperaturentwicklung des Monats Mai in Deutschland während der vergangenen 130 Jahre. Graphik: DWD, Deutscher Klimaatlas.

 

Plötzlich wird klar, weshalb der DWD keine Graphiken bringt. Der Mai ist nämlich in den letzten 100 Jahren gar nicht wärmer geworden. Vielmehr ist eine deutliche Zyklik zu erkennen, mit Wärmephasen 1915-1950 und seit 1985. Der Verlauf folgt übrigens recht genau dem NAO-Ozeanzyklus. Da ist es schon kurios, dass der DWD die Eisheiligen zum Klimawandelopfer stilisiert. Ein bisschen mehr Realismus und Transparenz würden wir uns vom DWD schon wünschen.

NACHTRAG, 20.8.2017, 22:07 Uhr: Josef Kowatsch hat dankenswerterweise noch eine Mai-Kurve für ganz Deutschland ab 1917 erstellt, die ein ähnliches Ozeanzyklenmuster zeigt wie die DWD Graphik:

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Der Merkur berichtete am 1. Juli 2017 über eine kuriose Aktion:

„Make the planet green again“: EU-Botschafter demonstrieren auf Vulkangletscher gegen Klimawandel
[…] In eisiger Höhe hielten sie am Freitag (Ortszeit) an der Wetterstation des mehr als 5700 Meter hohen Vulkans ein Plakat mit der Aufschrift „Make the Planet green again“ (etwa: Lasst uns den Planeten wieder grün machen) hoch. Ihr „Protest“-Ausflug fand im Rahmen der europäischen Tage zur Klimadiplomatie statt, die international bis Freitag stattfanden.

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Auf dem Gipfel des ecuadorianischen Vulkans gibt es einen derzeit schrumpfenden Gletscher. Wenn dieser schmilzt, kann das Ziel der EU-Botschafter vielleicht erreicht werden, da sich dann die Vegetation auf dem vom Eis freigewordenen Boden ausdehnen und diesen begrünen kann. Haha, sehr lustig. Aber Spaß beiseite. Ob den EU-Botschafter die Klimageschichte der Anden voll bewusst ist? Stansell et al. 2013a untersuchte die Laguna Queshquecocha in der peruanischen Cordillera Blanca und dockumentierte eine bedeutende Warmphase vor 1000 Jahren, während der die Andengletscher stark abgeschmolzen waren. Im entsprechenden Eintrag unserer MWP-Karte heißt es:

RESULTS: Major glacier retreat 1000-1300 AD shrinking the glacier to Holocene record low values due to warm temperatures and reduced precipitation (snowfall). From text: „Proxy climate records from the southern tropical Andes are generally consistent and suggest that conditions were relatively arid and likely warmer during the MCA [Medieval Climate Optimum] compared to the rest of the Holocene. […] glaciers advanced starting at [1400 AD] and retreated in the latter stages of the LIA. The ice core record from the Quelccaya ice cap indicates that there was a cold and wet phase from [1500 AD to 1800 AD]“.

Offenbar haben die Damen und Herren Botschafter nichts aus der Klimageschichte gelernt, interessieren sich vermutlich nicht einmal für den historischen Kontext. Diese Kurzsicht könnte sich irgendwann rächen, wenn das Klima einen ganz anderen Verlauf nimmt, als angenommen.

Ein Update zu unserem MWP-Projekt finden Sie hier.