Immer wieder lesen wir in der Zeitung, dass sich Skifahrer schon bald ein neues Hobby suchen müssen. Der Klimawandel würde den Schnee immer weniger werden lassen. Es würde mit jedem Jahr dramatischer werden. Der gutgläubige Leser erschaudert und sucht schon Adressen von Sommerrodelbahnen heraus.
Allerdings gibt es ein kleines Problem mit den Schneeschauergeschichten: Ihre wissenschaftliche Basis ist nicht robust. Bereits mehrfach haben wir an dieser Stelle darüber berichtet, dass in den meisten Fällen die natürliche Variabilität der Winter übersehen wird. Die Webplattform Zukunft Skisport hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Klima-Fakten, -Kurven und -Trends aus den Alpen zusammengesucht und ansprechend graphisch präsentiert. Eine wahre Fundgrube für alle, die sich einmal selber unabhängig informieren wollen, ohne vorgekaute Slogans der Presselandschaft.
Am 21. Juli 2017 gab der Betreiber von Zukunft Skisport, der Tiroler Skitourismusforscher Günther Aigner, im „Kitzbühel Country Club“ einen spannenden Überblick über rund 120 Jahre Klimageschichte in und um Kitzbühel. Mit Hilfe von amtlichen Messdaten geht er verschiedenen Fragen nach: Stimmt es, dass es früher mehr geschneit hat? Um wie viel Grad Celsius haben sich die Kitzbüheler Winter in den letzten Jahrzehnten erwärmt? Stimmt es, dass die Skisaisonen immer kürzer werden? Gibt es eine Lücke, die zwischen der öffentlicher Wahrnehmung und den amtlichen Messdaten klafft?
Der 36-minütige Vortrag ist auf Youtube verfügbar und ist hoch empfehlenswert. Aigner berichtet unaufgeregt und faktenorientiert über die Entwicklung von Schneetrends, Sommer- und Wintertemperaturen. Er zeigt, wie sehr das Geschehen von der natürlichen Variabilität geprägt ist. Eine dieser natürlichen Schwankungen mag wohl der Anlass gewesen sein, dass man sich um den Schnee begann Sorgen zu machen. Aigner erläutert das psychologische Phänomen treffend. Großwetterlagen mit Strömungen aus dem Nordatlantik vs. warmer Luft aus dem Süden scheinen die Haupttreiber der Wintertemperaturen zu sein, bei denen kein Erwärmungstrend erkennbar ist. Aigner erklärt, dass Schneemengen sowohl durch kalte Temperaturen aber auch durch Niederschläge beeinflusst werden. Zudem gilt es Trends in Schneebedeckung und maximaler Schneehöhe separat zu betrachten. Aigner berichtet aus der Praxis, dass man mit Schneedepots („Snow Farming“) viel mehr erreichen kann als zuvor angenommen.
Hier das Vortragsvideo:
Zum Vortragenden: Der Tiroler Skitourismusforscher Günther Aigner (* 1977 in Kitzbühel) absolvierte die Diplomstudien der Sportwissenschaft und der Wirtschaftspädagogik an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und an der University of New Orleans („UNO“, USA). Diplomarbeit (2004): „Zur Zukunft des alpinen Skisports. Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen“. Nach weiterführenden Forschungstätigkeiten am Institut für Sportwissenschaft an der Universität Innsbruck bei Univ.-Prof. Dr. Elmar Kornexl folgte der Wechsel ins Tourismusmarketing. Von Juni 2008 bis Juli 2014 leitete Aigner für den Tourismusverband „Kitzbühel Tourismus” das Wintermarketing der Gamsstadt. Seit August 2014 ist der Autor hauptberuflich als Skitourismusforscher tätig und führt die Plattform „Zukunft Skisport”. Seine „Fünf Thesen zur Zukunft des alpinen Skisports“ stellte der Tiroler erstmals beim Europäischen Forum in Alpbach vor. Es folgten zahlreiche Fachvorträge im In- und Ausland sowie Beiträge und Interviews in TV-, Hörfunk- und Printmedien. Gastlektorate führten Aigner bis dato an Hochschulen in Belgrad (SRB), Baku (AZE), Sanya (CHN), Innsbruck, Salzburg, Kufstein, Krems und Seekirchen am Wallersee sowie als Referenten zum Ausbildungslehrgang der Österreichischen Staatlichen Skilehrer. Aigner ist Verfasser zahlreicher Schnee- und Temperaturstudien für namhafte Destinationen im Alpenraum – unter anderem für Kitzbühel, Lech-Zürs, Ischgl, Zell am See, Obergurgl, Sölden, Damüls, Kleinwalsertal und Obertauern.
Übrigens: Sie können das Video auf Youtube kommentieren.