Achgut mit den schönsten Klimawandel-Anekdoten

Am 15. Februar 2016 war in den Reviews of Geophysics eine Arbeit von Ruddiman et al. zu bestaunen, die anomale und daher anthropogene Merkmale in der vorindustriellen Klimaentwicklung gefunden haben will:

Late Holocene climate: Natural or anthropogenic?
For more than a decade, scientists have argued about the warmth of the current interglaciation. Was the warmth of the preindustrial late Holocene natural in origin, the result of orbital changes that had not yet driven the system into a new glacial state? Or was it in considerable degree the result of humans intervening in the climate system through greenhouse gas emissions from early agriculture? Here we summarize new evidence that moves this debate forward by testing both hypotheses. By comparing late Holocene responses to those that occurred during previous interglaciations (in section 2), we assess whether the late Holocene responses look different (and thus anthropogenic) or similar (and thus natural). This comparison reveals anomalous (anthropogenic) signals. In section 3, we review paleoecological and archaeological syntheses that provide ground truth evidence on early anthropogenic releases of greenhouse gases. The available data document large early anthropogenic emissions consistent with the anthropogenic ice core anomalies, but more information is needed to constrain their size. A final section compares natural and anthropogenic interpretations of the δ13C trend in ice core CO2.

Seit längerem vertritt Rhuddiman die These, das nicht erst Industrieschlote und SUVs das Klima veränderten, sondern dass der Mensch auch in vorindustrieller Zeit seine Finger mit im Spiel hat. Eine verrückte These, die gegen den Mainstream angeht, die wir uns aber kurz näher anschauen wollen. Was für „anomale“ Muster meinen die Autoren?

Der Blick in das hinter hohen Paywalls verborgene Paper zeigt eine Vielzahl von verdächtig farbenfrohen Graphiken. Seltsamerweise tauchen in der Diskussion überhaupt keine Millenniumszyklen auf, die jedoch aus der holozänen Klimageschichte bestens bekannt sind. Auch die Mittelalterliche Wärmeperiode wird mit keiner Silbe erwähnt. Wenn nicht einmal diese Temperaturschwankungen besprochen werden, kann die Studie nicht ernst genommen werden. Sorry.

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Immer wieder kommt es vor, dass man gebeten wird, einen Vortrag zum Thema Klimawandel und Energiewende zu halten. Es dauert eine ganze Weile bis man geeignete Graphiken aus Büchern, Papers und Powerpoints zusammenkopiert hat. Alfred Brandenberger hat auf seiner Webseite eine Übersicht zu Klimawandel-Präsentationen im Internet zusammengestellt. Stöbern lohnt sich. Ebenso empfehlenswert ist sein Kapitel „Glaube & Hysterie“, in dem es u.a. um Gruppendenken, Ideologie und Denkverbote geht.

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Willy Marth berichtete am 9. April 2016 in seinem „Rentnerblog“ über eine interessante Karriere eines Ingenieurs, an dessen Beförderung Angela Merkel offenbar nicht ganz unschuldig ist:

Derzeitiger Präsident der Leibniz-Gemeinschaft ist der 61-jährige Matthias Kleiner. Er studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Dortmund, promovierte dort in Umformtechnik und wurde zum Oberingenieur ernannt. Nach einer Zwischenstation an der Universität Cottbus ist er heute (beurlaubter) Professor in Dortmund. Eine seiner wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten trägt den Titel: Dynamisches Beulverhalten neuartiger Feinblechwerkstoffe.

An Kleiners Karriere war die Bundeskanzlerin nicht unbeteiligt. Als Angela Merkel im März 2011, unmittelbar nach den Reaktorunfällen im japanischen Fukushima, per Dekret die Hälfte der deutschen Kernkraftwerke spontan stilllegte, war technische Unterstützung gefragt. Die darin kompetente Reaktorsicherheitskommission mit mehr als hundert ausgewiesenen Experten gab jedoch nach mehrmonatiger Beratung ein Gutachten ab, worin sie die deutschen Kernkraftwerke nach wie vor für sicher erachtete und die geologische Situation in Deutschland (fehlende Starkerdbeben und Tsunamis)  nicht für vergleichbar  mit der japanischen hielt.

Die Physikochemikerin Merkel geriet in Argumentationsschwierigkeiten und „erfand“ daraufhin die sogenannte Ethikkommission. Sie etablierte ein Gutachtergremium, welches den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke unter „ethischen Gesichtspunkten“ bewerten sollte. Zu Mitgliedern dieser Kommission berief sie eine Reihe von Politologen, Soziologen und Philosophen. Auch die Repräsentanten der Kirchen waren reichhaltig vertreten, wie etwa Kardinal Marx, Landesbischof Ulrich Fischer und Alois Glück, damals Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Auf Reaktorexperten und Vertreter der Stromkonzerne – um deren Anlagen es eigentlich ging – wurde verzichtet. Zum Leiter dieser Ethikkommission benannte Merkel den Oberingenieur  Matthias Kleiner, nebst dem Volkswirt Klaus Töpfer.

Und tatsächlich, nach wenigen Wochen konnte Kleiner, der Fachmann für zerbeulte Bleche, Vollzug melden. Seine Kommission urteilte, dass der Ausstieg aus der Kernenergie ethisch geboten sei und innerhalb von 10 Jahren – also bis 2021 – technisch auch möglich ist. Hilfreich war dabei sicherlich ein Statement von Kardinal Marx, der im Vorfeld dieser Entscheidung schon mal die Kernenergie als „Teufelszeug“ bezeichnete. Wer hätte diesem Experten für überirdische Dinge auf seinem Fachgebiet schon widersprechen wollen! Kurze Zeit darauf, am 30. Juni 2011, ließ Frau Merkel die von ihr initiierte „Energiewende“ vom Deutschen Bundestag absegnen. Und wie es sich so schickte, wurde Kleiner am 1. Juli 2014 zum Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft berufen.

Ganzen Artikel im Rentnerblog lesen.

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Das Achgut-Blog sorgte am 1. Mai 2016 für gute Laune in der Klimadiskussion:

Das Anti-Depressivum zum Sonntag: Die schönsten Klimawandel-Anekdoten

Auf der Achse des Guten ist, so hörte man vor ein paar Tagen im WDR, „jede noch so blöde Behauptung gut aufgehoben.“ Konkret ging es in einem Gespräch der Sendung „Politikum“ um das Thema Klimawandel, und der sachkundige Analyst war ein „Parteienforscher“ aus Göttingen. Die Achse, so der Herr weiter, sei eine der Quellen, aus der AfD Politiker und Wähler ihr Nichtwissen schöpften, denn seit Jahren sei die Seite das „Reservoir der bezahlten Klimaskepsis“.

Ich mag Parteienforscher. Es sind meist zauselige Planstellenbesetzer, die vor und nach Wahlen in Funk und Fernsehen erklären dürfen, warum und weshalb und überhaupt. Ihr Unterhaltungswert ist nicht gering, und da sie mit heißem Bemühen studiert haben, um den Hochs und Tiefs in der politischen Landschaft nachzuforschen, ist es nicht verwunderlich, wenn einer aus ihrer Zunft sich auch als Klimaexperte betätigt. Als Liebhaber der schönen Erzählform Anekdote musste ich diese Vorlage für meine heutige Kolumne unbedingt aufnehmen, gibt es doch zahlreiche launige Geschichten, die die Rolle des Klimawandels im Mittelpunkt haben. Hier eine kleine Auswahl.

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